Mehr zu:
TansaniaMedizintechnik / Wege aus der Coronakrise
Branchen
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Branchen | Tansania | Medizin
Der tansanische Gesundheitssektor dürfte auch in den kommenden Jahren weiter wachsen. Kapital fließt sowohl von staatlicher als auch von privater Seite.
02.12.2021
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Deutsche Unternehmen agieren überwiegend als Zulieferer von Pharmazeutika und Medizintechnik. Denkbar sind aber auch Investitionen ins Gesundheitswesen oder Partnerschaften mit lokalen Gesundheitseinrichtungen, zum Beispiel im Rahmen eines Public-private-Partnership (PPP).
Langfristige Wachstumstreiber sind das hohe Bevölkerungswachstum von jährlich etwa 1,8 Millionen Menschen, das Entstehen einer zahlungskräftigeren urbanen Mittelschicht sowie die Zunahme chronischer Krankheiten, wie Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Damit steigt die Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen sowohl bei der Grundversorgung als auch bei Spezialdienstleistungen rapide. Das Marktforschungsunternehmen Fitch Solutions schätzt den Gesamtumsatz des tansanischen Gesundheitsmarkts für 2021 auf etwa 3,2 Milliarden US-Dollar (US$). Der Absatz von Pharmazeutika könnte davon etwa 561 Millionen US$ einnehmen.
Insgesamt haben sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder verbessert. Die Konjunktur dürfte 2022 weiter an Fahrt aufnehmen (mehr hierzu im GTAI-Wirtschaftsausblick). Die seit April 2021 regierende Präsidentin Samia Suluhu Hassan geht deutlich stärker auf die Unternehmen zu als ihr Vorgänger John Magufuli. Die im Vergleich zu anderen ostafrikanischen Staaten noch niedrige Staatsverschuldung gibt der Regierung Spielraum für Investitionen, auch im Gesundheitsbereich.
Indikator | Wert |
Einwohnerzahl (2021 in Mio.) | 61,5 |
Bevölkerungswachstum (2020 in % p.a.) | 2,9 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2020) | |
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 43,6 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 2,6 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2019) | 65,5 |
BIP pro Kopf (2021 in US$) | 1.159,2 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2018 in US$) | 36,8 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2018 in %) | 3,6 |
Ärzte/100.000 Einwohner (2016) | 1,4 |
Zahnärzte/100.000 Einwohner (2018) | 0,75 |
Der Staat ist der größte Akteur im Medizinsektor. Er errichtet neue Krankenhäuser in den Städten sowie kleinere Kliniken für die medizinische Grundversorgung auf dem Land. Zuletzt wurde in das Muhimbili-National Hospital in Daressalam investiert. Auch in der neuen Hauptstadt Dodoma ist mit größeren Projekten im öffentlichen Gesundheitsbereich zu rechnen.
Das Medical Stores Department (MSD) ist das Beschaffungsamt des Gesundheitsministeriums und wickelt seine Einkäufe meist direkt mit den Herstellern ab. Immerhin bietet MSD in der Regel ein Akkreditiv als Zahlungsbedingung an, was bei tansanischen Behörden keinesfalls üblich ist. Auch die Beschaffungen für militärische Gesundheitseinrichtungen laufen über MSD. Von deutscher Seite wurde der Bau des Militärkrankenhauses in Dodoma sowie das kürzlich eröffnete Infectious Disease Centre (IDC) im Lugalo Military Hospital in Daressalam finanziert.
Da dem Staat eigenes Geld fehlt, ist er verstärkt zu Kooperationen im Rahmen von PPP mit dem Privatsektor bereit. Kooperationsmöglichkeiten bestehen zum Beispiel bei der Behandlung chronischer Krankheiten sowie für Mutter-Kind-Einrichtungen. Ein Beispiel für eine gelungene PPP-Partnerschaft ist die Organisation CCBRT (Comprehensive Community Based Rehabilitation in Tanzania), die 2020 ihr neues Maternity & Newborn Hospital in Daressalam eröffnete. CCBRT betreibt eine Reihe von Gesundheitseinrichtungen in Tansania und pflegt die Geschäftsbeziehungen zu seinen Sponsoren.
Auch der private Gesundheitssektor wächst. Gewinnorientierte Einrichtungen konzentrieren sich auf lukrative medizinische Dienstleistungen, zum Beispiel in Daressalam für die Mittelschicht. Dazu zählen die Behandlung chronischer Krankheiten, Kinderkliniken, Orthopädie, Schönheitschirurgie, Dentaleinrichtungen, Augenheilkunde und Diagnostik. Auch in private Krankenhäuser wie das vor kurzem eröffnete SAIFEE-Hospital wird investiert. Deutsche Zulieferer sollten ihre Lieferchancen prüfen, da Investoren häufig aus Asien kommen und die Geräte dort kaufen.
Deutsche Zulieferer sollten darüber hinaus private Käufer aus dem Non-Profit-Bereich im Auge behalten. Diese legen Wert auf Qualität und Beratung. Non-Profit-Einrichtungen werden unter anderem von religiösen Organisationen wie den Kirchen, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen finanziert. Einer der größten Akteure ist das Aga Khan-Krankenhaus in Daressalam, welches gerade ausgebaut wurde.
Fast sämtliches medizinisches Gerät und Verbrauchsmaterial muss importiert werden, meistens über den Hafen in Daressalam. Es gibt nur wenige Generikahersteller im Lande, wie Shelys und Zenufa Laboratories. Pharmazeutika und Medizintechnik müssen bei der Zulassungsstelle Tanzania Medicines & Medical Devices Authority (TMDA) registriert werden, ein Prozess der in der Regel 180 Tage dauert. TMDA erteilt darüber hinaus für jede Lieferung vorab eine Importlizenz. Je nach Produkt sind Pre-Shipment-Inspections durch Intertek und Bureau Veritas notwendig.
Als Nadelöhr gilt die Verzollung durch die Tanzania Revenue Authority (TRA). Eigentlich sind medizinische Produkte von Importzöllen und der Mehrwertsteuer (VAT) ausgeschlossen. Es gibt jedoch Grenzfälle, wie bei medizinischen Möbeln, bei denen die Nutzung nicht ganz eindeutig ist. Klärungen seitens der TRA können sich hinziehen und sind mit hohen Hafenlagerkosten verbunden. Marktkenner raten daher dazu, die Einfuhrkosten mit der TRA vor der Verschiffung zu klären. Ist der Staat der Käufer, verlangt er meistens vom Lieferanten die Risikoübernahme beim Zoll.
Deutsche Zulieferer bedienen den Markt, je nach Verkaufsvolumen, von Deutschland aus oder über ein Ostafrika-Regionalbüro in Kenia. In Tansania sind Zulieferer bislang nur über Handelsvertreter präsent. Über die Bedingungen für die Gründung einer Unternehmensniederlassung informiert die GTAI-Publikation Investitionsklima Tansania.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen mit Büro in Daressalam | |
Portal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie | |
Gesundheitsministerium | |
Zentrale Beschaffungsstelle für den staatlichen Gesundheitssektor | |
Zulassungsstelle für Pharmazeutika und Medizintechnik | |
Association of Private Health Facilities in Tanzania (APHFTA) | Verband der privaten Gesundheitseinrichtungen |
Verband niedergelassener Ärzte | |
Fachpublikation | |
Jährliche Fachmesse in Nairobi |