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Schönheitsmittel in der Türkei: Jung, digital, nachhaltig
Kosmetik liegt im Trend: In der Türkei wächst der Markt – getragen von einer jungen Bevölkerung, zunehmender Digitalisierung und der Nachfrage nach individueller Pflege. (Stand: Juni 2025)
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Der Kosmetikmarkt in der Türkei wird im Jahr 2025 voraussichtlich mengenmäßig um 16 Prozent wachsen – nach einem Anstieg von 15 Prozent im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Februar 2025 veröffentlichte Studie von L’Oréal Türkei, die zentrale Entwicklungen des Marktes analysiert. Wichtigster Wachstumstreiber sind die jungen Menschen im Alter von 0 bis 29 Jahre. Sie machen 43 Prozent der türkischen Bevölkerung aus.
Die Konsumgewohnheiten verändern sich: Individualität und Nachhaltigkeit gewinnen für die Kundschaft zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig wächst das Interesse an digitalen, KI-gestützten Lösungen für personalisierte Produkte und Beratung. Besonders die Generation Z treibt diese Trends voran – sie steht nicht nur für Innovationsfreude, sondern auch für nachhaltige Konsumentscheidungen.
Pflege- und Schönheitsroutinen im Wandel
Vor allem im Bereich der Hautpflege wächst der Markt: Diese Kategorie macht mit 24 Prozent den größten Anteil am Kosmetikmarkt aus, gefolgt von Haarpflege, Make-up, Hygieneprodukten, Parfüm und Haarfärbemitteln. Mit dem zunehmenden Bewusstsein für Hautgesundheit steigt auch die Produktvielfalt – insbesondere Seren, Anti-Aging-Produkte und multifunktionale Pflegeprodukte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Frauen zwischen 25 und 34 Jahren integrieren zunehmend Seren in ihre tägliche Routine. Auch Sonnenschutzmittel und flüssige Feuchtigkeitscremes mit UV-Schutz werden häufiger verwendet. Das Analyseinstitut Statista erwartet im Jahr 2025 einen Umsatz von rund 74 Millionen US-Dollar (US$) mit Sonnencreme in der Türkei, der bis 2030 auf 120 Millionen US$ steigen könnte.
Im Bereich Haarpflege sind Haarausfall und Haarstruktur die häufigsten Anliegen. Acht von zehn Frauen berichten laut L’Oréal über Probleme mit ihrem Haar, wobei Haarausfall als das größte Thema genannt wird. Der Trend geht hin zu mehrstufigen Pflegeroutinen mit Pre-Wash-Produkten, Masken und glänzenden Finish-Produkten. Statista schätzt den Umsatz mit Haarpflegeprodukten in der Türkei auf 1,5 Milliarden US$ (2024). Auch das Färbeverhalten hat sich gewandelt: Frauen beginnen früher, im Durchschnitt mit 23 Jahren, ihre Haare zu färben. Ab dem 33. Lebensjahr zeigen sich meist erste graue Haare, doch mit zunehmendem Alter nimmt die Nutzung von Färbemitteln ab.
Dekorative Kosmetik zwischen Alltag und Luxus
Der Bereich dekorativer Kosmetik – also Make-up-Produkte wie Foundation, Lippenstift oder Mascara – entwickelt sich in der Türkei dynamisch. Laut Statista wird der Umsatz im gesamten Kosmetikmarkt im Jahr 2025 rund 1,3 Milliarden US$ erreichen und könnte bis 2030 auf 1,7 Milliarden US$ steigen. Aktuell entfallen etwa 90 Prozent des Umsatzes auf Nicht-Luxusprodukte. Zum Vergleich: 2018 lag der Anteil des Luxussegments noch bei über 25 Prozent; in den kommenden Jahren dürfte er sich laut Prognosen bei rund 10 Prozent einpendeln.
Verbrauchertrends: Nachhaltigkeit, E-Commerce und Personalisierung
Nachhaltigkeit ist ein zunehmend kaufentscheidendes Kriterium. Verbraucher wünschen sich natürliche Inhaltsstoffe, transparente Kommunikation sowie umweltorientierte Verpackungen – insbesondere bei der Generation Z, die Unternehmen mit „Greenwashing“-Taktiken bewusst meidet.
Die zunehmende Bedeutung des Onlinehandels verändert die Vertriebsstruktur: Rund 40 Prozent der Kosmetika werden über E-Commerce-Plattformen verkauft. Sieben von zehn Frauen vergleichen dabei vor dem Kauf die Preise. Auch soziale Medien haben einen starken Einfluss: Im Jahr 2024 wurden Inhalte mit Beauty-Bezug über 22 Milliarden Mal aufgerufen – doppelt so viel wie im Vorjahr. Der Großteil dieser Inhalte bezog sich auf Make-up, gefolgt von Haar- und Hautpflege.
Marktpotenziale: Männer und Pro-Kopf-Ausgaben
Obwohl Männer laut der L’Oréal Studie erst 15 Prozent des Marktvolumens ausmachen, nutzen neun von zehn mindestens ein Pflegeprodukt – vor allem Rasierprodukte, Deodorants und Parfüms. In den kommenden drei Jahren wird ihr Beitrag zum Marktwachstum gleichbleibend auf rund 30 Prozent geschätzt. Gleichzeitig leidet ein Großteil der Männer unter Hautproblemen, doch nur ein Bruchteil nutzt entsprechende Pflegeprodukte – hier liegt noch großes Wachstumspotenzial.
Die Pro-Kopf-Ausgaben für Schönheitsprodukte liegen in der Türkei laut L’Oréal derzeit bei 196 Euro pro Jahr – deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 339 Euro. Das zeigt: Der Markt ist zwar in Bewegung, bietet aber auch noch erhebliches Entwicklungspotenzial, insbesondere für internationale Anbieter.
Türkei positioniert sich als Fertigungs- und Exportdrehscheibe
Die Türkei entwickelt sich zunehmend zu einem bedeutenden Standort für die Herstellung kosmetischer Erzeugnisse. Die Branche profitiert nicht nur von einer starken Inlandsnachfrage, sondern auch von ihrer wachsenden Rolle im internationalen Handel. Neben etablierten lokalen Marken investieren auch globale FMCG-Konzerne wie Unilever, Colgate-Palmolive, Procter & Gamble, Beiersdorf und L’Oréal in Produktionskapazitäten vor Ort. Zudem gewinnt die Türkei im Rahmen europäischer Nearshoring-Strategien an Bedeutung – insbesondere als Partner für die Auftragsfertigung hochwertiger Kosmetikprodukte.
Im Jahr 2024 stiegen die Ausfuhren kosmetischer Erzeugnisse (HS 33) laut dem türkischen Statistikamt TÜIK um 12 Prozent auf rund 1,6 Milliarden US$. Zu den wichtigsten Abnehmerländern zählten der Irak, Russland, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate, der Iran, die Niederlande und Aserbaidschan. Deutschland rangierte erst auf Platz 11 der bedeutendsten Zielmärkte. Die Einfuhren kosmetischer Erzeugnisse gingen 2024 leicht auf rund 1,5 Milliarden US-Dollar zurück. Zu den führenden Lieferländern gehörten weiterhin Frankreich, Deutschland, Italien, Polen und die Schweiz.
HS-Nr. | Produkt | 2023 | 2024 | Davon aus Deutschland |
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3301 | Ätherische Öle, Resinoide | 53,9 | 68,7 | 4,7 |
3302 | Mischungen von Riechstoffen und andere Zubereitungen | 524,7 | 490,9 | 86,3 |
3303 | Parfüms und Toilette-Wässer | 123,9 | 140,4 | 0,2 |
3304 | Zubereitete Schönheitsmittel, Erzeugnisse zum Schminken und für die Hautpflege | 469,1 | 524,5 | 56,9 |
3305 | Zubereitete Haarbehandlungsmittel | 193,0 | 190,5 | 23,4 |
3306 | Zubereitete Zahn- und Mundpflegemittel | 110,5 | 107,2 | 12,1 |
3307 | Zubereitete Rasiermittel | 77,5 | 74,9 | 15,4 |
Insgesamt | 1.552,6 | 1.527,1 | 199,0 |
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Germany Trade & Invest | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft |
AHK Türkei | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
Istanbul Kimyevi Maddeler ve Mamulleri Ihracatcilari Birligi (IKMIB) | Vereinigung der türkischen Chemieexporteure |
Kozmetik ve Temizlik Ürünleri Sanayicileri Dernegi (KTSD) | Verband der Hersteller von Kosmetika und Reinigungsprodukten |
Beauty Türkiye | Fachzeitschrift für Kosmetika |
Beauty Istanbul | Fachmesse für Kosmetika 07.-09.05.2026 |
Beautyeurasia | Fachmesse für Kosmetika 18.-20.06.2025 |