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Türkei: Investitionsrecht
Das Investitionsrecht in der Türkei regelt das Gesetz Nr. 4875 über Direktinvestitionen.
20.10.2023
Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem | Bonn
Ausländer sind Inländern bei Investitionen gleichgestellt. Das heißt es existieren keine inländischen Mindestbeteiligungen an türkischen Gesellschaften. Die Investitionsfördermaßnahmen in der Türkei beruhen auf vier Sachverhalten: Zunächst besteht die generelle Fördermöglichkeit aufgrund der Zugehörigkeit zu einer von sechs möglichen Zonen, in welche das Gebiet der Türkei zu Investitionszwecken unterteilt ist. Grundsätzliche Voraussetzung für alle Investitionsfördermaßnahmen ist eine Genehmigung der Investition durch das Wirtschaftsministerium und der Erhalt eines Investitionszertifikats.
Eine vollständige Übersicht über alle Investitionsfördermöglichkeiten in der Türkei bietet der Leitfaden Invest in Turkie der türkischen Investitionsbehörde.
Allgemeine Investitionsförderung
Im Rahmen der allgemeinen Investitionsförderung werden Projekte gefördert, die eine bestimmte Mindestinvestitionssumme erreichen. Die Höhe der Mindestinvestitionssumme hängt dabei von der Zonenzugehörigkeit des Investitionsstandortes ab.
Erfüllt eine Investition diese Voraussetzungen, so sind Maschinen oder sonstige Geräte (unabhängig von deren Herkunft), die für die Investition notwendig sind und die im "Investment Certificate" genannt werden, von der Umsatzsteuer ausgenommen. Diese Maschinen und sonstigen Geräte sind bei einem Import auch von Zollabgaben befreit.
Regionale Fördermöglichkeiten
Wie auch im Rahmen der allgemeinen Investitionsförderung sind Mindestinvestitionssummen Voraussetzung für eine regionale Förderung. Zusätzlich werden im Rahmen der regionalen Investitionsförderung jedoch nur bestimmte Investitionsarten in den verschiedenen Zonen gefördert.
Neben den bereits im Rahmen der allgemeinen Investitionsförderung genannten Fördermaßnahmen sind Steuervorteile vorgesehen. Es kommen reduzierte Steuersätze zur Anwendung bis die akkumulierte Steuerermäßigung 15-50 Prozent der Investitionssumme erreicht (die Höhe ist abhängig von der Zone, wobei die höchste Steuerermäßigung für Zone 6 gewährt wird). In den sogenannten Organized Industrial Zones (bestimmten ausgewiesenen Zonen, in denen die Ansiedlung von Unternehmen gezielt gefördert werden soll) erreicht die akkumulierte Steuerermäßigung sogar einen Wert von 20-55 Prozent der Investitionssumme.
Zudem übernimmt der Staat für einen bestimmten Zeitraum die anteiligen Beiträge des Arbeitgebers zur Sozialversicherung für neugeschaffene Arbeitsplätze. Dabei ist die Übernahme allerdings auf den Lohnanteil beschränkt, welcher dem gesetzlichen Mindestlohn entspricht. Den darüber liegenden Sozialversicherungsbeitrag muss der Arbeitgeber weiterhin entrichten. Der Staat übernimmt diese anteiligen Sozialversicherungsabgaben je nach Zone für einen Zeitraum von zwei bis zehn Jahren. Befindet sich die Investition in einer Organized Industrial Zone, so beläuft sich der Zeitraum auf drei bis zwölf Jahre. Außerdem wird den Arbeitnehmern der auf den gesetzlichen Mindestlohn entfallende Anteil der von ihnen zu tragenden Sozialversicherungsabgaben für die Dauer von zehn Jahren erlassen (nur in Zone 6).
Strategische Investitionsanreize
Die strategischen Investitionsanreize haben zum Ziel, die türkische Wirtschaft weniger abhängig von Importen zu machen. Voraussetzung, um diese Investitionsförderung in Anspruch nehmen zu können, ist
dass es sich um Zwischen- und Fertigprodukte handelt, von denen auf den gesamten Markt betrachtet mehr als 50 Prozent importiert werden;
eine Mindestinvestition von 50 Mio. türkische Lira getätigt wird;
ein Mehrwert in der Türkei von mindestens 40 Prozent geschaffen wird und
der gesamte türkische Importwert im vergangenen Jahr zumindest 50 Mio. US$ betrug.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann neben den im Rahmen der allgemeinen Investitionsförderung geltenden Umsatzsteuer- und Zollermäßigungen und der Ausnahme von der Quellenbesteuerung im Rahmen der Lohnsteuer in Zone 6, sowie der oben geschilderten Ermäßigung der Sozialversicherungsabgaben (ebenfalls auf Zone 6 beschränkt) auf weitere abweichende Investitionsfördermaßnahmen zurückgegriffen werden. Diese beinhalten insbesondere eine akkumulierte Steuerermäßigung bis zu einer Höhe von 50 Prozent der Investition, eine Übernahme des Sozialversicherungsanteils des Arbeitgebers (beschränkt auf den Mindestlohn) für sieben Jahre (zehn Jahre in Zone 6).
Förderung von Investitionen auf Projektbasis
Durch das Gesetz Nr. 6745 über die Förderung von Investitionen auf Projektbasis hat die Türkei weitere Investitionsanreize geschaffen. Das prominenteste Anreizregime sieht das Gesetz in seinem Artikel 80 vor.
Zum Kreis der Begünstigten gehören abermals Investitionen mit einer strategischen Bedeutung. Dazu zählen Investitionen, die
eine Mindestinvestitionssumme von 1 Mrd. türkische Lira aufweisen;
technologieintensive und strategische Produkte fördern;
sich in hohem Maße auf importabhängige Produkte fokussieren,
eine hohe Wertschöpfung in den Bereichen Investitionen und Produktion haben.
Erfüllt ein Projekt eines oder mehrere der strategischen Kriterien, kann der Ministerrat nach Evaluierung durch das Wirtschaftsministerium alternativ oder kumulativ unter anderem folgende Förderungen gewähren:
eine Reduzierung der Körperschaftsteuer bis zu 200 Prozent der Investitionssumme oder eine zehnjährige Befreiung von der Körperschaftsteuer;
Befreiung von Zöllen;
Rückerstattung gezahlter Mehrwertsteuern oder Befreiung von der Mehrwertsteuer;
Teilübernahme des Arbeitgeberbeitrags für die Sozialversicherung für zehn Jahre;
Zuschüsse für Personalkosten für bis zu fünf Jahre;
Zuschüsse für Energiekosten bis 50 Prozent der anfallen Kosten für bis zu zehn Jahre.
Investitionsschutzabkommen
Zwischen Deutschland und der Türkei gilt das bilaterale Investitionsschutzabkommen vom 20.6.1962.
Die Türkei ist zudem Mitglied des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) und Mitglied der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA).