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Branche kompakt | Tunesien | Bauwirtschaft

Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

Projekte im Hochbau kommen nur schleppend voran. Die steigenden Touristenzahlen könnten zumindest den Hotelbau beflügeln.

Von Verena Matschoß | Tunis

Die Bauwirtschaft kommt nicht aus der Krise. Nach ersten Schätzungen des nationalen Statistikinstituts INS sank die Wertschöpfung in der Branche im Jahr 2023 um 4 Prozent - im Gegensatz zu einem kleinen Wachstum der Gesamtwirtschaft um 0,4 Prozent. Bereits 2022 verzeichnete der Bausektor einen Rückgang um knapp 6 Prozent. 

Bauunternehmen leiden unter gestiegenen Kosten

Weltweit leidet die Baubranche unter gestiegenen Kosten für Baustoffe, aber auch einem Mangel an Materialien und Bauland. Dazu kommen die hohen Kreditkosten, die Projekte kaum finanzierbar machen. Zumindest hat die Regierung beschlossen, die eigentlich für das Jahr 2024 geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer auf die Wohnungsverkäufe von Bauträgern (mit Ausnahme von Sozialwohnungen) von 13 auf 19 Prozent um ein Jahr zu verschieben. 

Zudem leiden Planungsbüros und Bauträger unter Zahlungsschwierigkeiten von einigen Staatsunternehmen. Es gibt nicht nur wenig öffentliche Projekte, sondern staatliche Auftraggeber können aufgrund der schwierigen Finanzlage vielfach ihre Rechnungen nicht rechtzeitig bezahlen. 

Jamel Ksibi, Präsident der Fédération Nationale des Entreprises du Batiment et Travaux Publics, stellt aber eine Verbesserung fest:

"Die Zahlungsverzögerungen betragen derzeit nur noch drei bis sechs Monate. Vorher mussten Unternehmen teilweise bis zu einem Jahr auf ihr Geld warten."

Traum vom Eigenheim in weiter Ferne

Auf der Nachfrageseite sieht es ebenso schwierig aus. Im Jahr 2023 stiegen die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für Wohnungen um 9 Prozent. Für das Jahr 2024 wird nicht von einer Entspannung ausgegangen. 

Für viele Tunesierinnen und Tunesier ist der Traum vom Eigenheim kaum noch zu erreichen. Neben den steigenden Baukosten und dem Mangel an erschlossenen Grundstücken führen die hohen Zinsen für Bankkredite von bis zu 12 Prozent zu einer Kaufzurückhaltung.  Die Kaufkraft der tunesischen Bevölkerung ist ohnehin gering. 

Sozialer Wohnungsbau: Wichtiger denn je

Der tunesische Staat begegnet dem Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum über drei Programme, die mehr sozialen Wohnraum in Tunesien schaffen. Im Rahmen des spezifischen Programms für Sozialwohnungen werden neue Wohnungen gebaut beziehungsweise bestehende restauriert oder erweitert. Der Erwerb von Grundstücken und der Hausbau für einkommensschwache Arbeitnehmer wird über das Kreditprogramm Fonds de Promotion des Logements Sociaux FOPROLOS erleichtert. 

Beschäftigte mit mittleren Einkommen können für den Kauf ihrer ersten Immobilie ein zinsgünstiges Darlehen im Rahmen des Erstwohnungsprogramms erhalten. Bis Ende 2022 wurden über die drei Programme der Bau oder der Erwerb von schätzungsweise über 21.000 Wohnungen ermöglicht – Ende 2025 sollen es insgesamt über 32.000 sein. 

Sozialer Wohnungsbau in Tunesien
Indikator

2022 *)

2023 *)

2024 *)

2025 *)

Gesamtzahl von Sozialwohnungen und erschwinglichen Unterkünften

21.082

23.773

27.375

32.129

  Spezifisches Sozialwohnungsprogramm

15.126

16.517

18.715

21.979

  Programm FOPROLOS

3.836

3.836

5.740

6.800

  Erstwohnungsprogramm

2.120

2.520

2.920

3.350

* laut Planung.Quelle: Ministère de l'Equipement et de l'Habitat, Projet annuel de performance 2023

Tourismus - einer der wenigen Lichtblicke

Im Jahr 2023 war der Tourismus einer der wenigen Sektoren, die positiv zur Wirtschaftsentwicklung beitrugen. Mit Tourismuseinnahmen des Staates von umgerechnet rund 2 Milliarden Euro bis zum 10. Dezember 2023 wurde sogar das Rekordhoch aus dem Jahr 2019 übertroffen. Dies könnte den Bau von neuen Hotels beflügeln. 

Um den Sektor nachhaltiger aufzustellen, gibt es inzwischen mehrere Initiativen, die alternative Tourismuskonzepte fördern. In den vergangenen Jahren sind bereits zahlreiche kleine, privat geführte Gästehäuser entstanden. Angebote für Aktivurlaube wie Wandern, Fahrradfahren oder Fallschirmspringen entstehen. 

Investoren bauen neue Produktionsstätten

Im Industriebereich gibt es einige Werkserweiterungen von ausländischen Investoren. So expandieren auch zahlreiche deutsche Unternehmen, allen voran die Automobilzulieferer, und bauen neue Werke oder Technologiezentren. 

In Zarzis in der Nähe von Djerba steht die Erweiterung eines Industrieparks kurz vor dem Abschluss. Auf einer Fläche von 4.300 Quadratmetern entsteht ein fünfstöckiges Technologiezentrum - das Zarzis Smart Centre. Zur Errichtung des neuen Technologiezentrums sind Investitionen von insgesamt 2,84 Millionen Euro geplant. Die deutsche KfW Entwicklungsbank gewährt einen Zuschuss in Höhe der Hälfte der Kosten. Aus den Mitteln werden vor allem Baukosten finanziert. In den Bau von Krankenhäusern und Schulen fließt auch viel Geld von internationalen oder bilateralen Gebern.

Großprojekte kommen nicht voran

Die meisten Projekte werden aber nur schleppend umgesetzt. Pressemeldungen zufolge sind Projekte mit ausländischer Finanzierung in Höhe von rund 6 Milliarden Euro geplant, die aber entweder unvollendet sind oder blockiert werden. Es gibt zahlreiche Megaprojekte, über die seit mehr als 15 Jahren gesprochen wird, ohne dass mit dem Bau begonnen wurde. 

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