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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

Tunesiens Tiefbau benötigt dringend eine Modernisierung und muss ausgebaut werden. Geberfinanzierte Projekte bieten Chancen.

Von Peter Schmitz | Tunis

Der Investitionsbedarf in Tunesiens Verkehrsinfrastruktur ist seit Jahren offensichtlich. Mit dem "Plan Directeur National des transports" wurden auch Zahlen genannt: bis 2040 sollen demnach Projekte im Wert von 21 Milliarden Euro umgesetzt werden. Davon ist man noch weit entfernt, auch wenn es Fortschritte gibt. Angesichts der wirtschaftlichen Situation ist eine weitere Umsetzung von ausländischen Geldgebern abhängig. Hier kann es sich rächen, dass es Tunesien bislang zu wenig gelang, die Finanzierungszusagen von multi- oder bilateralen Gebern in Projekte umzusetzen.

China und die USA verstärken ihr Engagement

Aufhorchen ließ in diesem Zusammenhang eine Meldung im März 2022. Demnach kündigte die China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) an, für die Umsetzung von Projekten in Tunesien zur Verfügung zu stehen. Konkret wurde die Zugverbindung nach Algerien als mögliches Projekt genannt, ohne dass Details zum chinesischen Engagement bekannt worden wären. Die CSCEC ist in Algerien bereits seit Langem im Infrastrukturbau aktiv, in Tunesien bisher kaum.

Neben der Finanzierung ist aber insbesondere die Planung der einzelnen Projekte offenbar zu aufwendig. Teilweise steht in den zuständigen staatlichen Stellen nicht ausreichendes qualifiziertes Personal zur Verfügung. Teilweise gibt es aber auch im Vorfeld von Megaprojekten Widerstand von unterschiedlichen Stellen. Unter anderem stellt sich der einflussreiche Gewerkschaftsdachverband UGTT immer wieder gegen Öffentlich-Private-Partnerschaften, wie sie gerade für Infrastrukturprojekte international oft üblich sind. Dies wurde erst zu Jahresbeginn 2022 nochmals bekräftigt. Der Botschafter der USA hatte die Bereitschaft von US-amerikanischen Unternehmen hervorgehoben, sich an der Modernisierung des Hafens von Radès zu beteiligen.  Im Gespräch sind zwei neue Kais und ein Ausbau der Logistikzone am Hafen. Abgeschlossen ist die Vereinbarung über eine Finanzierung von 500 Millionen US-Dollar (US$) noch nicht.

Das Megaprojekt des Tiefwasserhafens Enfidha ist nach wie vor im Gespräch. Nun sollen die Bauarbeiten noch im Jahr 2022 beginnen. Dem Vernehmen nach sind sechs Unternehmen im Rennen, darunter Bouygues aus Frankreich und China Harbour Engineerung Company. Laut Presseberichten soll die tunesische Regierung eine Kreditgarantie in Höhe von etwa 710 Millionen Euro beschlossen haben. Sollte das Projekt realisiert werden würde der neue Hafen eine Kapazität von 5 Millionen 20-Fuß-Standardcontainern und 4 Millionen Tonnen Schüttgut pro Jahr bieten. Aktuell erscheint die Umsetzung aber kaum realistisch.   

Fortschritte bei Straßen-, Schienen- und Abwasserprojekten

Dennoch sind einige Projekte im Gang. Immer wieder bieten sich im Bereich Wasserver- und Abwasserentsorgung Chancen. Anfang April 2022 fiel beispielsweise der Startschuss für die Arbeiten an der Meerwasserentsalzungsanlage in Sfax. Ein Konsortium aus den Unternehmen Metito, Tedagua und Orascom hat den Auftrag, innerhalb von zweieinhalb Jahren eine Umkehrosmoseanlage mit einer Kapazität von 100.000 Kubikmetern am Tag zu bauen, eine Erweiterung auf 200.000 Kubikmeter soll möglich sein. Im Rahmen des Build-Operate-Transfer-Modells wird das Konsortium die Anlage nach Fertigstellung noch für zwei Jahre betreiben. Die Finanzierung in Höhe von etwa 250 Millionen Euro kommt von der Japanischen Entwicklungsagentur JICA.

GTAI bietet Ihnen eine Ausschreibungsplattform mit jährlich rund 16.000 Meldungen zu europäischen und internationalen Ausschreibungen, zum Beispiel von UN, Weltbank, Asiatischer Entwicklungsbank (ADB), EU und KfW Entwicklungsbank.

Im Rahmen des Programms  zur Verbesserung der Wasserversorgung von Kleinstädten (PAPC-I) wurden im April 2022 Studie und Durchführung zum Bau einer Aufbereitungsanlage in Khelidia lanciert. Vorgesehen ist eine Kapazität von 2.400 Kubikmetern pro Tag. Das Office National de l’assainissement (ONAS) wird noch eine Reihe weiterer Anlagen ausschreiben. Das Programm PAPC-I umfasst 24 Anlagen und 30 Pumpstationen. Finanziert wird das Programm von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Afrikanischen Entwicklungsbank.

Für das Jahr 2022 ist unter anderem der Ausbau von etwa 230 Straßenkilometern ein Budget von etwa 85 Millionen Euro eingeplant, finanziert von der Afrikanischen Entwicklungsbank. Hierbei handelt es sich um Regionalstraßen in den Gouvernoraten Siliana, Kairouan, Kasserine, Sidi Bouzid und Gafsa. Zudem wird das Autobahnnetz im Großraum Tunis weiter ertüchtigt. Für etwa 8 Millionen Euro sollen drei Brücken entlang der Umgehungsstraße X20 sowie ein verbesserter Anschluss an die Ortsstraßen entstehen.

Auch außerhalb von Tunis soll es ein Brückenbauprogramm für etwa 7,5 Millionen Euro geben. Darin nicht enthalten ist die seit Jahren geplante neue Brücke von Bizerte. Diese soll die bewegliche Brücke aus dem Jahr 1980 ablösen und mit den Straßenanschlüssen von 4,7 Kilometern Länge für Entlastung sorgen. Die Finanzierung dieses Projekts von etwa 230 Millionen Euro wird von der Europäischen Investitionsbank und der Asian Development Bank gestellt.

Auch das S-Bahnnetz der Hauptstadt Tunis wächst, jedoch mit Verzögerung. Die erste Ausbauphase ist weitestgehend abgeschlossen. An den Kosten von 550 Millionen Euro hat sich die deutsche KfW Entwicklungsbank mit 112 Millionen Euro beteiligt. Auch die weiteren Ausbauphasen dürften sich verzögern, sofern die Planungen fortgesetzt werden. Die Straßenbahn in Sfax ist dagegen seit Jahren in der Pipeline. Zu Jahresbeginn 2022 gab es Meldungen, dass die Ausschreibungen im Jahresverlauf veröffentlicht werden sollen.  

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