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Rechtsbericht | Ukraine | Wettbewerbsrecht

Die Reform des ukrainischen Wettbewerbssystems beginnt

Am 1. Januar 2024 trat das Gesetz zum Schutz des Wettbewerbs und der Stärkung des Antimonopolkomitees in Kraft: Es ist die erste Etappe einer lang erwarteten Reform.

Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn

Die Reform ist ein bedeutender Schritt zur Annäherung an die Wettbewerbspraxis der EU. Die Ukraine verpflichtete sich im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der EU, die nationale Wettbewerbspraxis an den europäischen Rechtsrahmen anzupassen. Mit dem Änderungsgesetz über die Verbesserung der Tätigkeit des ukrainischen Antimonopolkomitees (Antymonopolʹnyy komitet Ukrayiny - AMC) wird die EU-Richtlinie 2019/1 vom 11. Dezember 2018 teilweise umgesetzt.

Das Gesetz stärkt die Befugnisse des Komitees und führt neue Regelungen unter anderem zu Kronzeugen, Vergleichsverfahren, Fristen und Fusionskontrollen ein. Im Folgenden finden Sie einen Überblick über ausgewählte Änderungen.

Mildere Haftung für Kronzeugen

Der geltende Rechtsrahmen sieht bisher eine Haftungsbefreiung für wichtige Informationen vor, die dem AMC für eine Untersuchung mitgeteilt werden. Mit der Novelle wird nun eine zeitgemäße Vorschrift zur monetären Haftungserleichterung für Kronzeugen eingeführt: Unternehmen, die dem Komitee aussagekräftige Beweise für die Untersuchung vorlegen, profitieren von einem Bußgeldnachlass. Maßgeblich für die Höhe des Nachlasses ist die Rheinfolge der eingegangenen Meldungen bei dem Komitee: Wer sich zuerst an das AMC wendet, bekommt bis zu 50 Prozent ermäßigt. Alle nachfolgenden Kronzeugen erhalten einen Nachlass zwischen 20 und 30 Prozent. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, sich an den Ermittlungen zu beteiligen.

Neue Einigungsmöglichkeit in Kartellverfahren

Mit der Reform wurde ein Vergleichsverfahren beziehungsweise ein Eignungsverfahren eingeführt. Ziel des Vergleichsverfahrens ist es, durch die verbesserte Kooperation und Anerkennung des Kartellverstoßes, für alle Beteiligten ein schnelleres und besseres Ergebnis zu erzielen. Zudem bietet das Instrument die Möglichkeit die Untersuchungsdauer zu verkürzen, sofern die Geldbuße vor Bekanntgabe des vorläufigen Untersuchungsergebnisses gezahlt wird. In diesem Fall wird Unternehmen ein Nachlass der Geldbuße in Höhe von 15 Prozent gewährt. 

Höhere Anmeldegebühr und neue Schwellenwerte für Zusammenschlüsse

Unternehmen benötigen für jede Fusion eine Genehmigung des Komitees, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies gilt insbesondere für Zusammenschlüsse von Unternehmen:

  • deren Vermögen oder Umsatz mindestens einer Partei 8 Millionen Euro in der Ukraine übersteigt und
  • der weltweite Umsatz mindestens einer weiteren Partei 150 Millionen Euro übersteigt.

Die geänderten Vorschriften erweitern somit den Anwendungsbereich der Fusionskontrolle auf Fälle, in denen nur ein Unternehmen über Vermögenswerte in der Ukraine verfügt und das Zielunternehmen einen weltweiten Umsatz von 150 Millionen Euro erzielt. 

Neu geregelt wurde auch der Begriff des "beherrschenden Einflusses". Dieser Begriff wird immer dann relevant, wenn Fusionsgenehmigungen beantragt werden müssen. Bisher wurde ein beherrschender Einfluss bereits bei einer Beteiligung von 25 Prozent vermutet. Neu reicht es für die Vermutung aus, dass durch die Beteiligung ein beherrschender Einfluss (losgelöst von einer Prozentangabe) ausgeübt werden kann.

Außerdem wurden die Anmeldegebühren für die Fusionsgenehmigung verdoppelt: Ab dem 1. Januar 2024 beträgt die Gebühr grundsätzlich 42.500 Hrywnja (ca. 1.036 Euro).

Neue Verfahrensgarantien, erweiterte Befugnisse und Ermittlungshöchstfristen

Die Neuerungen des Gesetzes legen die Anforderungen an die Beweiserhebung im Ermittlungsverfahren fest. Die Unternehmen haben die Möglichkeit, die Richtigkeit der einzelnen Ermittlungsschritte zu überprüfen. Dies führt zu mehr Rechtssicherheit für Unternehmen.

Darüber hinaus erhält das Komitee mehr Befugnisse: Es kann Bußgelder eigenständig verhängen und direkt vollstrecken. Bislang musste dafür ein Gerichtsbeschluss eingeholt werden.

Außerdem sieht das Gesetz vor, dass AMC das Verfahren zur Verhängung von Bußgeldern in einem verbindlichen Rechtsakt festlegen muss. Bislang war das Verfahren in unverbindlichen Richtlinien geregelt. Diese waren weder für die Behörden noch für die Gerichte bindend. Durch die Neuerung wird das AMC dazu verpflichtet, die Verhängung hoher Bußgelder zu begründen. Unternehmen eröffnet dies die Möglichkeit, den Bußgeldbescheid vor einem Gericht zu überprüfen.

Zudem wurde die Dauer der Untersuchung von Verstößen auf drei Jahre begrenzt. Die Kartellbehörde hat jedoch das Recht, diese Frist um weitere zwei Jahre zu verlängern. Nach Ablauf dieser Frist kann der Fall mit der Verhängung einer Geldbuße abgeschlossen werden. Diese Regelung stellt sicher, dass Untersuchungen nicht auf unbestimmte Zeit unbearbeitet bleiben.

Weitere Informationen

Das Änderungsgesetz Nr. 3295-IX vom 9. August 2023 wurde im staatlichen Portal zakon.rada.gov veröffentlicht. Das staatliche Antimonopolkomitee wird im Laufe des Jahres detaillierte Informationen und Richtlinien auf seiner Homepage veröffentlichen. 

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