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Digital Health

Während der Pandemie wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Digital Health erleichtert. Die Unternehmen hoffen, auch dauerhaft profitieren zu können.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die USA sind Vorreiter bei digitalen Gesundheitslösungen. Dazu trägt insbesondere die innovative Start-up-Szene bei. Laut dem Portal HealthTech Alpha sind rund 3.200 Digital Health Start-ups im US-Markt aktiv. Während der Hochphase der Coronapandemie wurden die Jungunternehmen mit Risikokapital geradezu überschüttet. Im Jahr 2021 konnte ein Rekordwert von 29,2 Milliarden US-Dollar (US$) eingesammelt werden. Mit einem Einbruch von knapp 46 Prozent gab es im Folgejahr einen deutlichen Dämpfer für die Start-up-Finanzierung. Zwar setzt sich der Abwärtstrend auch 2023 fort, Beobachter sind jedoch optimistisch, dass sich der Markt bereits stabilisiert und sich auf einem neuen Normalniveau einpendelt.

Bei den bislang im Jahr 2023 abgeschlossenen Finanzierungsrunden stehen insbesondere Anwendungen für die Behandlung von komplexen Krankheiten und nicht klinische Arbeitsabläufe im Fokus. Das meiste Geld fließt dabei in Start-ups, die sich mit psychischen Erkrankungen befassen.

Erleichterungen für Telemedizin könnten dauerhaft werden

Gute Geschäftschancen bietet der Bereich Telemedizin. Durch Covid-19 bekam die Nutzung digitaler Gesundheitsdienstleistungen einen anhaltenden Schub. In Zahlen belegen lässt sich dies für das staatliche Medicare-System, in dem rund 65 Millionen Menschen im Rentenalter versichert sind. Im Vorcoronajahr 2019 nahmen nur rund 1 Prozent der versicherten Personen Telemedizin in Anspruch. Pandemiebedingt stieg der Wert 2020 sprunghaft auf 48 Prozent an. Trotz Abflauen des Pandemiegeschehens hat sich der Trend zur verstärkten Telehealth-Nutzung verfestigt und konnte 2022 ein stabiles Niveau von 29 Prozent erreichen.

Dabei helfen gesetzliche Erleichterungen für Telemedizinanbieter, die im Zuge der Coronamaßnahmen für Medicare erlassen wurden. Dadurch entfallen beispielsweise Vorgaben, dass Anbieter nur innerhalb bestimmter geografischer Grenzen tätig sein dürften. Im Rahmen des CONNECT for Health Act, das parteiübergreifend Unterstützung erfährt, sollen die eigentlich bis Ende 2024 befristeten Regelungen eine dauerhafte Geltung erhalten. Seitens der Drug Enforcement Agency gibt es zudem Überlegungen, dauerhaft die telemedizinische Verschreibung von rezeptpflichtigen Medikamenten zu erlauben. Die zurzeit geltende Ausnahmeregelung läuft ebenfalls Ende 2024 aus. Dann wäre grundsätzlich wieder zumindest eine persönliche Anfangsuntersuchung bei der verschreibenden Stelle erforderlich.

Virtuelle Angebote wie Hospital-at-Home werden ausgebaut

Einige Unternehmen kündigen bereits neue Investitionen im Bereich Telehealth an. So will der Tech-Gigant Amazon seinen virtuellen Gesundheitsdienst Amazon Clinic auf alle 50 US-Bundesstaaten ausweiten. Die Plattform bietet telemedizinische Konsultationen für über 30 Erkrankungen an. Gleichzeitig wird das Angebot von Amazon Pharmacy ausgebaut. In Texas können Medikamente seit Oktober 2023 per Drohne an Privathaushalte geliefert werden. Auch die Drogeriekette Walgreens plant mit Walgreens Virtual Healthcare den Aufbau eines großflächigen Telehealth-Angebots.

Bei den Betreibern von Krankenhäusern wiederum stößt das Konzept Hospital-at-Home auf großes Interesse. Statt in der Klinik können Patienten in den eigenen vier Wänden behandelt werden, zum Beispiel bei bestimmten chronischen Erkrankungen oder zur Überwachung nach chirurgischen Eingriffen. Dazu werden die Haushalte mit telemedizinischen Geräten zur Patientenfernüberwachung ausgestattet, typische Beispiele sind Herzfrequenz- und Blutdruckmessgeräte

Mit dem Acute Hospital Care at Home Program ermöglicht es die US-Regierung, dass entsprechende Behandlungen im Rahmen von Medicare genau wie stationäre Aufenthalte abgerechnet werden können. Wie viele während der Coronapandemie eingeführten Erleichterungen sind die Regelungen bis Ende 2024 befristet, haben aber gute Chancen dauerhaft übernommen zu werden. 

Mitte 2023 nahmen bereits rund 300 Krankenhäuser an dem Programm teil. Eine Verlängerung hätte Signalwirkung für eine verstärkte Anwendung bei privaten Krankenversicherungen. Nach Angaben der American Hospital Association (AHA) sind Hospital-at-Home Behandlungen im Schnitt um 25 Prozent günstiger als stationäre Behandlungen. Dies weckt Interesse bei den privaten Krankenhäusern. Laut einer 2022 von Chartis durchgeführten Umfrage wollen rund 78 Prozent der befragten Klinikbetreiber in den kommenden fünf Jahren eigene Hospital-at-Home Anwendungen einführen.

Künstliche Intelligenz hält im Gesundheitssektor Einzug

Verstärkt kommen auch Anwendungen mit künstlicher Intelligenz in den US-Gesundheitsmarkt. Bis Anfang 2023 hatte die Regulierungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) bereits mehr als 520 KI-basierte Produkte zugelassen. Mit rund 400 fällt der Großteil in den Bereich der Auswertung bei bildgebender Diagnostik. Dem Einsatz von KI im Gesundheitswesen wird großes Potenzial bescheinigt. Nach Studien der Unternehmensberatung McKinsey und der Harvard University könnte die großflächige Anwendung zu jährlichen Einsparungen von bis zu 360 Milliarden US$ führen, dies entspräche rund 10 Prozent der US-Gesundheitsausgaben.

Als Nächstes blasen Technologieriesen wie Microsoft und Google mit ihren KI-Sprachmodellen zum Angriff. ChatGPT von der Microsoft-Tochter OpenAI bestand Anfang 2023 bereits das United States Medical Licensing Exam (USMLE). Zusammen mit dem Softwareunternehmen Epic System arbeitet Microsoft bereits daran, ChatGPT in Programme für elektronische Patientenakten zu integrieren. Dies soll die Zusammenfassung klinischer Notizen oder Vorschläge für die medizinische Kodierung ermöglichen. Erste Tests laufen beispielsweise an der Stanford University.

Google wiederum entwickelt das speziell auf den Medizinsektor zugeschnittene Sprachmodell Med-PaLM 2. Die Integration in klassische Krankenhaussoftware soll zusammen mit dem Anbieter Meditech erfolgen. Auch Betreiber von Gesundheitseinrichtungen wie HCA Healthcare oder Mayo Clinic experimentieren bereits mit der KI von Google.

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