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US-Automarkt droht ins Stocken zu geraten

Politische Unsicherheit hängt wie ein Damoklesschwert über dem Automarkt: Zölle treiben die Preise, E-Autos verlieren ihre Förderung und Hersteller kämpfen mit hohen Mehrkosten.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Auf den ersten Blick fällt die Halbjahresbilanz des US-Automarkts für 2025 vielversprechend aus: Mit 8,1 Millionen verkauften Pkw lag die Absatzzahl um 4 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Dennoch könnte die Stimmung in den Showrooms bald kippen – denn für die 2. Jahreshälfte 2025 warnen Experten vor einem deutlichen Nachfrageeinbruch. 

Die Analysten von Cox Automotive rechnen für das Gesamtjahr 2025 nur mit einer Verkaufszahl von rund 15,7 Millionen – das wären 1,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Die National Automobile Dealers Association (NADA) erwartet laut jüngster Prognose, dass nur 15,3 Millionen Schlüssel für Neuwagen übergeben werden.

Autokauf wird teurer

Ursache für den Rückgang ist vor allem die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. "Bisher waren die Auswirkungen der Zölle kaum zu spüren – doch das dürfte sich im 2. Halbjahr deutlich ändern", sagt Charlie Chesborough, Senior Economist bei Cox Automotive. Rund die Hälfte der in den USA verkauften Fahrzeuge stammt aus dem Ausland. Besonders hoch ist der Importanteil im unteren Preissegment und bei Luxusautos.

Genaue Prognosen bleiben schwierig, da die Zolltarife zuletzt häufig geändert wurden. Branchenkenner rechnen damit, dass die Neuwagenpreise in den kommenden Monaten um mehrere Tausend US-Dollar (US$) steigen. Im Frühjahr 2025 legten die Verkaufszahlen aufgrund von Vorzieheffekten zu, weil sich viele noch schnell Fahrzeuge ohne Zollaufschlag sicherten. Ab Herbst dürften höhere Preise und knappe Bestände das Verkaufstempo dann spürbar bremsen.

Deutsche Autobauer spüren die Folgen der Zollpolitik

Trotz der Einigung zwischen der EU und den USA kommen auch auf die deutschen Firmen höhere Belastungen zu. Im Gespräch mit Germany Trade & Invest erläutert Harald Proff, Global Automotive Sector Leader bei Deloitte, die Folgen:

"Der Ende Juli 2025 erzielte Handelskompromiss zwischen der EU und den USA wird nach unseren Berechnungen spürbare Folgen für die deutsche Autoindustrie haben. Zwar konnten die ursprünglich geplanten Zölle von 25 Prozent abgewendet werden, doch auch der neue Einfuhrtarif von 15 Prozent belastet die Branche erheblich. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen dürften die deutschen Autoexporte in die USA mittelfristig um 12 Prozent einbrechen – ein Rückgang von rund 4 Milliarden Euro."

Um die Folgen abzufedern, planen deutsche Hersteller, ihre US‑Produktion auszuweiten. Mercedes-Benz gab bereits bekannt, am Standort Tuscaloosa in Alabama ab 2027 mit dem GLC ein zusätzliches Modell zu bauen. BMW betreibt in Spartanburg, South Carolina, sein weltweit größtes Werk. Hier wurden 2024 rund 400.000 Fahrzeuge gefertigt. Laut Presseberichten könnte die Produktion durch Zusatzschichten um 80.000 Fahrzeuge gesteigert werden.

Der VW-Konzern sucht einen Standort für die Tochter Audi, die bislang über keine eigenen US-Kapazitäten verfügt. Dabei kommen drei Optionen in Betracht: Im Südosten der USA könnte für bis zu 4 Milliarden US$ ein komplett neues Werk entstehen. Alternativ könnte auch der bestehende VW-Standort in Chattanooga, Tennessee, ausgebaut werden. Zudem wollen die Wolfsburger die Traditionsmarke Scout wiederbeleben. Dafür entsteht für 2 Milliarden US$ ein Werk in Blythewood, South Carolina. Es soll ab 2027 in Betrieb gehen.

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Keine Förderung von E-Autos mehr

Auch im Markt für Elektrofahrzeuge verschlechtern sich die Aussichten. Im 1. Halbjahr 2025 stieg der Verkauf von batterieelektrischen Fahrzeugen noch leicht um 1,5 Prozent auf 607.082 Einheiten. Die Rücknahme der E-Auto-Förderung durch die Trump-Regierung dürfte jedoch für Turbulenzen sorgen. Durch den One Big Beautiful Bill Act (OBBA) entfallen zum 30. September 2025 die beim E-Auto-Kauf gewährten Steuergutschriften von bis zu 7.500 US$. Ursprünglich sollten die Zuschüsse bis 2032 gelten.

"Mit dem Auslaufen der staatlichen Förderungen im September wird die 2. Jahreshälfte zum Stresstest für die E-Auto-Nachfrage. Das 3. Quartal dürfte noch einen Rekord bringen – gefolgt von einem Einbruch im 4. Quartal, wenn sich der E-Automarkt auf eine neue Realität einstellen muss", sagt Stephanie Valdez Streaty, Director of Industry Insights bei Cox Automotive.

Das regulatorische Umfeld wird sich weiter verschlechtern: Die Trump-Regierung will auch die ab 2027 geltenden Emissionsvorgaben der Environmental Protection Agency (EPA) kippen, die einen CO₂-Flottengrenzwert von 85 Gramm pro Meile bis 2032 vorschreiben – ein Wert, der nur mit einem E-Auto-Anteil von über 50 Prozent erreichbar wäre.

Infolge dieser Entwicklungen werden die Erwartungen an das Wachstum im E-Auto-Segment enttäuscht. "Anfang des Jahres gingen wir für 2025 noch von einem E-Auto-Anteil von 10 Prozent an den Neuverkäufen aus. Doch nach aktueller Lage dürfte es eher auf 9 Prozent hinauslaufen", so Stephanie Valdez Streaty. Bis 2030 könnte der Marktanteil batterieelektrischer Fahrzeuge laut BloombergNEF nur 27 Prozent erreichen. Studien der Princeton University sehen sogar nur 24 Prozent.

Hersteller setzen wieder stärker auf Verbrenner

Die amerikanische Autoindustrie hat sich offenbar längst mit dem langsameren Tempo bei der Elektromobilität arrangiert. Der Branchenverband Alliance for Automotive Innovation begrüßte sogar, dass zwischenzeitlich auch Kaliforniens Verbrenner-Aus ab 2035 faktisch gekippt wurde. Dieses Verbot stützte sich auf einen sogenannten Waiver, der dem Bundesstaat strengere Emissionsvorgaben als die der EPA erlaubte. Der Kongressbeschluss im Mai 2025 beendete diesen Sonderweg.

Industrievertreter hatten das Verbrenner-Aus, dem sich 13 Bundesstaaten anschließen wollten, zuvor als unrealistisch kritisiert. Die schwächere Nachfrage sorgt nun dafür, dass viele ursprünglich geplante Produktionskapazitäten für E-Autos vorerst nicht benötigt werden. Stattdessen nutzen zahlreiche Hersteller ihre Werke wieder für den Bau von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Beispielsweise investiert General Motors (GM) 888 Millionen US$ in die Umrüstung des Motorenwerks in Buffalo: Statt Elektromotoren werden dort künftig wieder V8-Verbrennungsmotoren gefertigt.

Gedämpfte Aussichten für die Produktionsentwicklung

Hoffnungen auf einen raschen Ausbau der lokalen Produktionskapazitäten infolge von Trumps Zollpolitik dürften sich zumindest kurzfristig nicht erfüllen. Laut Branchenvertretern dauert es drei bis vier Jahre, ein neues Werk zu errichten. Binnen kurzer Zeit ließe sich Produktion nur dort steigern, wo bestehende Anlagen nicht voll ausgelastet seien.

Dies gilt beispielsweise für GM mit einer Auslastung von rund 70 Prozent im Jahr 2024. Bis 2027 will der Konzern 300.000 zusätzliche Fahrzeuge in den US-Werken bauen. Das entspricht einem Anstieg von 17 Prozent. Dafür investiert GM insgesamt 4 Milliarden US$ in die Standorte Orion (Michigan), Fairfax (Kansas) und Spring Hill (Tennessee). In Spring Hill soll beispielsweise der Chevrolet Blazer produziert werden, der derzeit noch in Mexiko vom Band läuft.

Auch das Werk von Volvo in Ridgeville (South Carolina) ist nur zu 13 Prozent ausgelastet. Künftig sollen dort die Modelle XC60 und XC80 gefertigt werden, um die jährliche Produktionskapazität von 150.000 Einheiten auszuschöpfen. Nissan und Honda planen ebenfalls eine Produktionssteigerung an ihren nicht voll ausgelasteten Standorten.

Hyundai sorgte im März 2025 mit der Ankündigung für Aufsehen, in den kommenden vier Jahren 21 Milliarden US$ in den USA zu investieren. Die gesamte US-Produktion soll auf 1,2 Millionen Fahrzeuge erhöht werden. Trotz solcher Erfolgsmeldungen bleiben die Gesamtaussichten verhalten. Insgesamt wurden 2024 in den USA rund 10,5 Millionen Fahrzeuge gebaut. Angesichts der schwachen Kfz-Nachfrage dürfte die Gesamtproduktion 2025 etwas geringer ausfallen.

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