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Regionalbericht | Nordamerika | Elektromobilität

Geplante Elektroautowerke in Nordamerika auf der Kippe

Von der einstigen E-Auto-Förderung bleibt in den USA kaum etwas übrig. Viele der geplanten Produktionskapazitäten dürften gar nicht benötigt werden – was ganz Nordamerika betrifft.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

In der nordamerikanischen Autoindustrie weicht die Euphorie der Ernüchterung. Angestoßen durch die E-Auto-Förderung der Biden-Regierung kam eine Investitionsoffensive in Gang. Seit Inkrafttreten des Inflation Reduction Act (IRA) im Jahr 2022 wurden allein in den USA Projekte zum Bau von Elektroautos im Umfang von über 38 Milliarden US-Dollar (US$) bekanntgegeben. Auch Kanada und Mexiko positionierten sich als Produktionsstandorte für den wachsenden US-Markt.

Doch nun wendet sich das Blatt: Wie im Wahlkampf angekündigt, fährt Donald Trump das Fördersystem für Elektroautos systematisch zurück. 

E-Auto-Förderung wird eingestampft

Insbesondere das zentrale Gesetzesvorhaben der Trump-Regierung, der One Big Beautiful Bill Act (OBBA), verschärft die Rahmenbedingungen. Die Steuergutschriften für den Kauf von E-Autos in Höhe von bis zu 7.500 US$ (Section 30D Tax Credits) laufen am 30. September 2025 aus – ursprünglich sollten sie bis Ende 2032 gelten. Dies betrifft auch Leasingmodelle, die zuletzt rund zwei Drittel der Neuzulassungen ausmachten. Zudem endet die Steuergutschrift für Ladestationen (Section 30C) am 30. Juni 2026.

Welche Auswirkungen das hat, erklärt Elaine Buckberg, Senior Fellow am Salata Institute for Climate and Sustainability der Harvard University: "Der OBBA bremst die Elektromobilität durch die Streichung der Steuergutschriften für Elektroautos und Ladestationen spürbar aus. Im Jahr 2030 dürfte der Marktanteil von batterieelektrischen Fahrzeugen in den USA dadurch nur bei 39 Prozent liegen – verglichen mit 48 Prozent in früheren Prognosen." Im Jahr 2024 betrug der Anteil 7,7 Prozent.

Zuvor war Kalifornien bereits das Recht entzogen worden, ab 2035 ein Verbrennerverbot durchzusetzen. Der sogenannte Waiver, der dem Westküstenstaat strengere Emissionsregeln als die Standards der Environmental Protection Agency (EPA) erlaubte, wurde vom US-Kongress aufgehoben. "Sollten Gerichte die Aufhebung von Kaliforniens Waiver – dem auch viele andere Bundesstaaten folgten – bestätigen, sinkt der erwartete E-Auto-Anteil auf 38 Prozent. Dies würde bedeuten: 7 Millionen Elektrofahrzeuge weniger auf den Straßen und 32 Millionen Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen – allein im Jahr 2030", prognostiziert Elaine Buckberg im Gespräch mit Germany Trade & Invest. 

Doch der Kahlschlag geht noch weiter: Die Trump-Regierung will auch die ab dem Modelljahr 2027 geltenden Emissionsvorschriften der EPA kassieren. Sie schreiben vor, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß neuer Fahrzeuge bis 2032 auf 85 Gramm pro Meile sinkt, was nur durch eine weitgehende Elektrifizierung zu erreichen wäre. Sollten die Vorschriften wegfallen, könnte der Anteil reiner Elektroautos an den Neuzulassungen laut Studien der Princeton University im Jahr 2030 nur bei etwa 24 Prozent liegen.

Kanada und Mexiko: zwei Standorte – gleiche Abhängigkeit

Trotz fehlender einheimischer Marken haben sich Kanada und Mexiko über die vergangenen Jahrzehnte zu bedeutenden Automobilstandorten entwickelt – nicht zuletzt durch die nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA und USMCA.

Im Jahr 2024 produzierten die in Kanada ansässigen fünf Erstausrüster (OEM) rund 1,3 Millionen Kfz. In Mexiko betreiben elf Hersteller insgesamt 37 Autowerke. Mit einer Gesamtproduktion von rund 4 Millionen Einheiten war das Land 2024 der siebtgrößte Kfz-Produzent weltweit.

Beide Standorte eint eine große strukturelle Abhängigkeit vom Absatzmarkt USA. Etwa 70 Prozent der in Mexiko produzierten Fahrzeuge gehen in den nördlichen Nachbarstaat – in Kanada ist die Exportquote sogar noch leicht höher.

Diese enge Verflechtung macht die Standorte jedoch besonders anfällig – nicht nur gegenüber Trumps unberechenbarer Zollpolitik, sondern auch gegenüber sich stark verändernden Rahmenbedingungen wie dem Ende der E-Auto-Förderung in den USA. Dies hat spürbare Auswirkungen auf Projekte und Produktionspläne in den beiden Ländern.

Statt auf E-Autos wird wieder auf Verbrenner gesetzt

Aufgrund der Entwicklungen drohen den Herstellern von Elektroautos Überkapazitäten. Laut einer Analyse der Princeton University könnten die Produktionskapazitäten in den USA bis 2030 von derzeit etwa 3,6 Millionen auf 7 Millionen Fahrzeuge pro Jahr steigen – sofern alle bislang angekündigten Vorhaben umgesetzt werden. Angesichts der schrumpfenden Nachfrageerwartung würden aber nur Kapazitäten für jährlich maximal 4,5 Millionen E-Autos benötigt.

Erste Projekte werden bereits gestoppt, verschoben oder verkleinert – auch in Kanada. Beispiel General Motors (GM): Statt der ursprünglich angestrebten 1 Million Batterieautos dürften 2025 in Nordamerika nur rund 300.000 Stück produziert werden. Besonders betroffen davon ist das US-Werk Orion im Bundesstaat Michigan: Eigentlich sollte der Standort für 4 Milliarden US$ vollständig für E-Autos umgerüstet werden, stattdessen laufen ab 2027 wieder Verbrenner vom Band. Erste Elektromodelle verspäten sich bis Mitte 2026.

Auch Ford reagiert und streicht gleich drei geplante Elektro-Crossover-Modelle. Dadurch entfällt die 1,3 Milliarden US$ teure Umrüstung des kanadischen Oakville-Werks (Ontario). Stattdessen sollen auch dort wieder Verbrenner produziert werden. Zudem verzögert sich der Produktionsstart im neuen E-Auto-Werk Blue Oval City im Bundesstaat Tennessee um mindestens zwei Jahre bis 2027.

Stellantis wiederum stoppt die Umrüstung des Werks im kanadischen Brampton (Ontario): Der ab 2026 vorgesehene elektrische Jeep Compass entfällt. Von 2027 an laufen hier ebenfalls wieder Verbrenner vom Band.

Auch Honda bremst beim Ausbau. Der Baustart eines 11 Milliarden US$ teuren Werks im kanadischen Alliston – samt Batteriezellfertigung und Kapazität für 240.000 Elektroautos pro Jahr – verspätet sich um zwei Jahre und steht nun erst für 2027 an.

Deutsche Autobauer betroffen vom veränderten Umfeld

Auch die deutschen Hersteller verfolgen Elektropläne in Nordamerika. Volkswagen investiert 2 Milliarden US$ in ein neues Werk im US-Staat South Carolina, wo ab 2027 bis zu 200.000 E-Fahrzeuge der Marke Scout vom Band laufen sollen. Im mexikanischen Werk Puebla war ab 2026 der Bau elektrischer Modelle geplant – nun wird dort ab 2027 zunächst wieder der Golf mit Verbrennungsmotor montiert. Die Fertigung künftiger Elektrofahrzeuge wird zunehmend in Wolfsburg konzentriert. Audi will in Mexiko künftig Plug-in-Varianten des Modells Q5 produzieren.

Auch BMW baut seine Elektrokapazitäten in der Region aus. In das US-Werk in Spartanburg (South Carolina) fließt rund 1 Milliarde US$, um ab 2026 mit der Produktion von E-Autos zu starten. Bis 2030 sollen dort mindestens sechs elektrische Modelle gefertigt werden. Zudem hält der Konzern an den Plänen fest, für 927 Millionen US$ das Werk in San Luis Potosi in Mexiko umzurüsten. Ab 2027 sollen dort Modelle der elektrischen "Neue Klasse" gebaut werden mit einer jährlichen Produktionskapazität von rund 140.000 Fahrzeugen.

Im Gegensatz dazu hat Tesla seine für Mexiko angekündigte Gigafabrik nahe der Stadt Monterrey auf unbestimmte Zeit verschoben. Auch der chinesische Elektrovorreiter BYD treibt seine Pläne in Mexiko nicht mehr voran.

Hybrid-Boom erfordert von den Herstellern Flexibilität

Dass die Aussichten für batterieelektrische Fahrzeuge in den USA verhalten sind, hat viele Gründe. Neben klassischen Faktoren wie der Reichenweitenangst und mangelnder Ladeinfrastruktur spielt die Vorliebe der US-Amerikaner für große und schwere Autos eine Rolle. Diese benötigen leistungsstarke Batterien, um alltagstaugliche Reichweiten zu erzielen – das treibt die Kosten in die Höhe.

Die Branche beklagt zudem die Politisierung des Themas: Da insbesondere Batterieautos Teil des amerikanischen Kulturkampfs geworden sind, sei es schwierig, neue Käuferschichten zu erschließen.

Ganz düster ist das Bild aber nicht, denn Hybridautos verkaufen sich besser denn je. In den USA stiegen die Verkäufe herkömmlicher Hybridfahrzeuge (HEV) im Jahr 2024 um 24,5 Prozent auf 1,5 Millionen Einheiten an. Das entsprach einem Anteil an den Neuverkäufen von 9,7 Prozent und lag damit über dem Anteil von Batterieautos. Hinzu kamen rund 288.000 verkaufte Plug-in-Modelle.

In Mexiko kommen Hybridfahrzeuge auf einen Marktanteil von 6,2 Prozent – das ist mehr als dreimal so viel wie bei reinen E-Autos. Auch in Kanada verkaufen sich HEV besser als reine Stromer. Die Hersteller stehen daher zunehmend vor der komplexen Herausforderung, ihre Produktion an die schwankende Nachfrage nach verschiedenen Antriebsarten anzupassen.

Toyota setzt in Georgetown (Bundesstaat Kentucky) auf das K-Flex-Konzept, um flexibel reagieren zu können: Die neu gestaltete Produktionslinie 1 ist antriebsagnostisch ausgelegt – Fahrzeuge mit Verbrennungs-, Hybrid-, Plug-in- oder Elektroantrieb können bedarfsorientiert auf derselben Linie gefertigt werden. Im Jahr 2024 setzte Toyota mehr als 40 Prozent seiner US-Neuwagen als Hybride ab. Stellantis will am Standort Sterling Heights den Pick-up Ram 1500 flexibel mit verschiedenen Antrieben auf einer Linie bauen.

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