Branchen | USA | Bauwirtschaft
Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis
Vor allem im Tiefbau sind die Marktzutritts- und Handelsbarrieren hoch. Doch es gibt Lösungen. (Stand: Februar 2025)
28.05.2025
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Insgesamt sind in den USA rund 160.000 Baufirmen registriert. Die 400 größten General-Bauunternehmen erzielten 2023 laut Engineering News Record (ENR) einen Umsatz von mehr als 550 Milliarden US-Dollar (US$), eine Steigerung von 14 Prozent gegenüber 2022. Die durchschnittliche (median) Gewinnmarge lag bei 4 Prozent. Hinzu kommen Spezialfirmen, die sich etwa auf Bedachungen oder die Bereiche Strom, Wasser, Gas und Feuerschutz für den Bausektor konzentriert haben. Die 600 größten Spezialanbieter erzielten 2024 einen Umsatz von 215 Milliarden US$, ein Plus von 15 Prozent zum Vorjahr.
Sparte | Wert | Anteil |
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Allgemeiner Hochbau | 366,1 | 43,4 |
Industrie | 105,7 | 12,6 |
Verkehr | 80,6 | 9,5 |
Energie | 62,1 | 7,4 |
Öl/Gas | 50,1 | 5,9 |
IKT | 49,2 | 5,8 |
Abwasser und Abfall (allgemein) | 13,6 | 1,6 |
Frischwasser | 11,1 | 1,3 |
Sondermüll | 5,2 | 0,6 |
Konzerne mit breiter Wertschöpfungskette
Vor allem im klassischen Hochbau aktive Großunternehmen bieten oft eine komplett integrierte Wertschöpfungskette an. Dazu gehören die Produktion, der Handel und der Transport von Baumaterial sowie die architektonische und ingenieurtechnische Bauplanung und -ausführung. Der Marktführer Turner etwa dominiert laut Engineering News Record die Büro-, Gesundheits- und Bildungssparte. Daneben hat sich das Unternehmen auf Rechenzentren und den Informations- und Telekommunikationssektor spezialisiert.
2023 | Schwerpunkte | |
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Turner Construction | 16,5 | Hochbau (v. a. Gesundheit und Büros), Telekommunikation, Datenzentren |
MasTec | 11,8 | Energie, Öl/Gas, IKT |
KIEWIT | 11,7 | Verkehrsinfrastruktur (insb. Bahn und Häfen), Öl/Gas, Energie |
The Whiting-Turner Contracting | 10,4 | Hochbau |
DPR Construction | 9,2 | Hochbau, IKT, Öl/Gas |
Bechtel | 7,2 | Öl/Gas, Energie, Sondermüll |
Sanska USA | 7,1 | Hochbau, öffentlicher Verkehr |
Hensel Phelps | 7,1 | Hochbau, öffentlicher Verkehr (insbesondere Flughäfen) |
Aecom | 6,9 | Hochbau, insbesondere Sportstätten und Stadien |
Gilbane Building | 6,9 | Hochbau, insbesondere Erziehung |
Bechtel konzentriert sich vor allem auf Kraftwerke, petrochemische Anlagen und ist der führende Anbieter im Bereich Sondermüll. MasTech ist führend im Kraftwerks- und Leitungsbau. Kiewit wiederum dominiert den Bahnsektor und das Hafengeschäft. Daneben ist die Firma im Öl- und Gassektor, bei Pipelines und Offshore-Projekten führend. Hensel Phelps gibt den Ton an beim Bau und der Modernisierung von Flughäfen.
Mittelgroße Baufirmen spezialisieren sich
Daneben gibt es eine Reihe mittlerer und größerer Unternehmen, die Marktführer in bestimmten Sparten sind: Garney Construction im Wasser- und Abfallsektor, Gilbane im Erziehungsbereich, Suffolk bei Hotels und Messehallen sowie Aecom bei Sportstätten und Stadien. Beim Bau von industriellen Großanlagen sind Hoffmann und DPR wichtige Bauausführer. Doch bei Nahrungsmittel- und Getränkefabriken ist Gray Construction tonangebend. Autofabriken werden hingegen vor allem von Walbridge und Barton Mallow errichtet.
Für deutsche Hersteller von Baumaschinen und Gebäudetechnik bestehen angesichts der umfangreichen staatlichen Programme und der insgesamt guten Branchenkonjunktur mittelfristig gute Geschäftsaussichten. In einigen Sparten des Baubereichs kann es aber durch Trumps erratische Wirtschaftspolitik zu Disruptionen kommen. Allgemein ist die Planbarkeit stark eingeschränkt. Für Architektur- und Planungsbüros sowie für Anbieter von Spezialbauleistungen sind die Chancen angesichts hoher Markteintrittsbarrieren beschränkt. Die Erlangung von Arbeitsvisa für Ausländer dürfte sich künftig schwieriger gestalten.
Kennziffer | 2023 | 2024 | Veränderung |
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Bautätigkeit nach Sparten (in Milliarden US$) |
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Insgesamt, davon: | 2.023,7 | 2.154,4 | 6,5 |
Wohnungsbau | 877,6 | 929,7 | 5,9 |
gewerblicher Hochbau | 684,8 | 727,4 | 5,2 |
Tiefbau/Infrastrukturbau | 461,3 | 497,3 | 7,8 |
Bautätigkeit nach Projektbetreibern (in Milliarden US$) |
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öffentlich | 450,7 | 492,7 | 9,3 |
privat | 1.573,0 | 1.661,7 | 5,6 |
Daten zum Wohnbau (Einheiten in 1.000) |
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Baugenehmigungen | 1.511,1 | 1.471,4 | -2,6 |
Baubeginn | 1.420,0 | 1.366,0 | -3,8 |
Private Hausverkäufe | 666,0 | 683,0 | 2,6 |
Durchschnittlicher Verkaufspreis (Neubauten, in 1.000 US$) | 514,0 | 512,0 | -0,4 |
Geschäftspraxis
Beim Markteintritt sehen sich deutsche Firmen durch Bestimmungen zu Mindeststandards bei der lokalen oder regionalen Wertschöpfung sowie der Förderung ausschließlich lokaler Unternehmen vor schwierige Herausforderungen gestellt. Hinzu kommt die teilweise anzutreffende Beschäftigungspflicht für lokale Arbeitnehmer. Hier macht sich der Fachkräftemangel zusätzlich negativ bemerkbar.
Neben den Local-content-Anforderungen aus den großen Konjunkturprogrammen gibt es noch branchenspezifische Handelshemmnisse. So darf das Material für den Schienenwegebau des staatlichen Bahnkonzerns AMTRAK ab einem Projektwert von 1 Million US$ nur von inländischen Herstellern bezogen werden. Gleiches gilt für Projekte gemäß dem Clean Water Act. Ähnliche Vorschriften erlassen die US-Bundesstaaten sowie Kommunen bei Bauausschreibungen.
Chancen im Prinzip nur im Zulieferbereich oder in Nischen
Bei öffentlichen Projekten werden nationale Unternehmen per Gesetz und Vergabepraxis bevorzugt. Es ist für internationale Firmen nur sehr schwer möglich, den Zuschlag für ein Gesamtvorhaben zu erlangen. Dies ist meist nur als Joint-Venture-Partner oder durch die Übernahme einer US-Firma möglich. Letztendlich liegen die Chancen für deutsche Firmen im Spezial- und Zulieferbereich – beziehungsweise überall dort, wo es US-Firmen an Expertise mangelt.
Das trifft bei der Infrastruktur vor allem auf den Bahnsektor zu. Die USA verfügen über wenig praktische Erfahrung im Hochgeschwindigkeitsbereich, da die ersten Projekte erst Ende des Jahrzehnts in Betrieb gehen werden. Vorteilhaft aus deutscher Sicht dürfte dabei sein, dass die chinesische Konkurrenz aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht zum Zuge kommen wird. Gleiches gilt für die Häfen, wo etwa die US-Regierung sämtliche Krane "made in China" demontieren möchte.
Grundsätzlich ist ein vorsichtiger Umgang mit dem Logo "made in Germany" zu empfehlen. "Made in America" erweist sich im Gegenzug eigentlich immer als absatzfördernd. Der Motorsägehersteller Stihl beispielsweise hat es nach eigenen Angaben durch ein geschicktes Marketing erreicht, dass seine Marke als einheimisch wahrgenommen wird. Zusammengefasst bietet sich für deutsche Firmen das Motto "German Engineered – Manufactured in America" an.