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Close up of artificial intellig Artificial intelligence brain | © Yuichiro Chino - gettyimages.de

Special | USA | KI-Strategie

USA wollen bei künstlicher Intelligenz Freiheit statt Regeln

Die US-Regierung setzt auf Deregulierung: Unternehmen sollen bei der KI-Entwicklung maximale Freiräume erhalten – KI-Risiken rücken in den Hintergrund.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die Trump-Regierung macht künstliche Intelligenz (KI) zur Chefsache – und schon die ersten Zeilen des im Juli 2025 veröffentlichten AI Action Plan lassen an den Ambitionen keine Zweifel. Die USA wollen das KI-Rennen gewinnen und sich die globale Vormachtstellung sichern. Dafür vertraut das Weiße Haus auf marktgetriebenes Wachstum, das sich weitgehend frei von Regulierung entfalten soll. 

Ein deutlicher Bruch mit dem Ansatz der Vorgängerregierung, die noch auf strengere Aufsicht und die Eindämmung von Risiken setzte. Unter Joe Biden erlassene Executive Orders, die strengere Regeln für die Entwicklung von KI-Systemen vorsahen, wurden bereits bei Amtsantritt von Donald Trump aufgehoben. 

Mit dem Aktionsplan präsentiert die Trump-Regierung nun eine eigene Strategie, die über 90 Maßnahmen umfasst.

AI Action Plan der US-Regierung

3 Säulen

  1. Beschleunigte Innovation
  2. Ausbau der Infrastruktur
  3. Stärkung der globalen Führungsrolle

3 Grundprinzipien

  1. Stärkung der Arbeitnehmer: Die KI-Strategie soll Chancen für amerikanische Beschäftigte schaffen.
  2. Ideologische Neutralität: Nur ideologiefreie KI-Modelle dürfen in Bundesbehörden eingesetzt werden, damit will die US-Regierung erklärtermaßen "Woke AI" ausschließen.
  3. Vermeidung von Missbrauch: Schutz vor technologischem Diebstahl und neu auftretenden Risiken

Mehr Innovation durch Deregulierung und privates Kapital

Kern der Innovationsagenda ist eine breit angelegte Deregulierung: Ministerien und andere Stellen wie das Office of Management and Budget (OMB) erhalten den Auftrag, Hindernisse für die KI-Entwicklung zu identifizieren und entsprechende Vorschriften zu ändern oder zurückzunehmen. Auch die Federal Trade Commission (FTC) wird angewiesen, das Wettbewerbsrecht unternehmensfreundlich auszulegen, um KI-Innovationen nicht auszubremsen.

Im Gegensatz zu anderen Ländern verzichtet der amerikanische KI-Aktionsplan hingegen vollständig auf neue staatliche Fördergelder und gezielte öffentliche Investitionen. Diese Zurückhaltung ist möglich, weil der Privatsektor bereits ein Vielfaches dessen investiert, was der Staat leisten könnte.

In den USA beliefen sich die staatlichen KI-Fördermittel 2023 auf rund 4,5 Milliarden US-Dollar (US$) – ein Bruchteil der privaten Ausgaben. Insbesondere Big Tech spielt in einer eigenen Liga: Allein Amazon, Meta, Microsoft und Google planen laut Wall Street Journal für 2025 Investitionsausgaben von fast 400 Milliarden US$. Ein erheblicher Teil davon fließt in KI-Projekte in den USA.

Damit festigen die US-Größen insbesondere ihre Vorreiterrolle bei KI-Modellen. Laut dem "2025 AI Index Report" der Stanford University hatten 2024 insgesamt 40 neu entwickelte KI-Basismodelle ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten. Im internationalen Vergleich bedeutet dies einen großen Vorsprung vor China mit 15 KI-Modellen.

Das nächste große Ziel von Unternehmen wie OpenAI und Google ist die Entwicklung von Artificial General Intelligence (AGI) – einer KI, die alles kann, was ein Mensch kann. Meta geht sogar noch weiter: Mit dem Meta Superintelligence Lab baut der Konzern Teams für eine künftige Superintelligenz auf.

KI-Start-ups sammeln hohe Summen ein

Neben Big Tech können sich die USA in Sachen KI auf eine weitere Stärke verlassen: den weltweit größten Markt für Risikokapital. KI-Start-ups sammelten 2024 rund 97 Milliarden US$ ein. Damit entfielen rund 45 Prozent des gesamten Wagniskapitals auf KI. Im 1. Halbjahr 2025 lag der Anteil bereits bei 64 Prozent.

Mitte 2025 gab es über 7.000 KI-Unternehmen in den USA. Der Großteil, vor allem Start-ups, entwickelt keine eigenen Modelle, sondern nutzt bestehende Systeme für konkrete Anwendungen. Um den Einsatz von KI-Werkzeugen zu beschleunigen, sieht der AI Action Plan verstärkt den Einsatz von sogenannten Regulatory Sandboxes (Reallabore) vor. Geplant sind beispielsweise branchenspezifische Testumgebungen unter Aufsicht der U.S. Food and Drug Administration (FDA) im Gesundheitsbereich sowie der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) für Finanztechnologie.

US-Unternehmen zeigen eine große Offenheit für KI-Anwendungen. McKinsey etwa setzt bereits 12.000 KI-Agenten ein, welche die menschlichen Berater beispielsweise bei der Auswertung von Daten unterstützen. Walmart rüstet sich für eine Zukunft, in der persönliche KI-Agenten eigenständig für ihre Nutzer einkaufen.

SWOT-Analyse zu künstlicher Intelligenz in den USA

S

Stärken Strengths

  • Technologische Spitzenposition bei KI-Modellen
  • Führende Forschungseinrichtungen, z. B. MIT und Stanford
  • Hohe Kapitalkraft des Privatsektors
  • Ideales Umfeld für Start-ups, riesiger Markt für Risikokapital
W

Schwächen Weaknesses

  • Rechtliche Fragmentierung durch fehlende nationale Gesetzgebung und eigene KI-Gesetze der Bundesstaaten
  • Fachkräftemangel
  • Öffentliche Forschungsgelder sind vergleichsweise klein, hohe Abhängigkeit vom Privatsektor
O

Chancen Opportunities

  • Offenheit von Unternehmen für KI-Anwendungen sorgt für Nachfrage
  • Durch Deregulierung können Innovationen schneller in den Markt gelangen
  • Regulatory Sandboxes sollen KI-Adoption beschleunigen
  • Vereinfachte Genehmigungen für den Ausbau der KI-Infrastruktur 
T

Risiken Threats

  • Gefahr der Blasenbildung an den Kapitalmärkten und Überbewertung von Start-ups
  • Eindämmung von KI-Risiken könnte durch Deregulierungsagenda ins Hintertreffen geraten
  • Restriktive Einwanderungspolitik könnte die Verfügbarkeit von Fachkräften erschweren

Regelungskompetenz der Bundesstaaten bleibt bestehen

Die Deregulierungsagenda in Washington bedeutet jedoch nicht, dass in Sachen KI eine völlige Handlungsfreiheit herrscht. Ein im Haushaltsgesetz "One Big Beautiful Bill Act" (OBBBA) vorgesehenes Moratorium, das Bundesstaaten für zehn Jahre die Verabschiedung eigener KI-Gesetze untersagt hätte, wurde nicht umgesetzt. Die Regelungshoheit der Bundesstaaten bleibt also bestehen.

Damit droht eine gewisse rechtliche Fragmentierung. Mit Kalifornien, Colorado, Utah und Texas haben bereits vier Bundesstaaten spezifische KI-Gesetze verabschiedet, während weitere 15 ähnliche Regelungen prüfen. 

Nahezu alle US-Bundesstaaten haben zudem Datenschutz- und Datensicherheitsgesetze eingeführt, die in irgendeiner Form auch KI betreffen. Ein umfassendes AI-Safety-Gesetz in Kalifornien, das verpflichtende Sicherheitstests für leistungsstarke KI-Systeme vorsah, scheiterte jedoch im Gesetzgebungsprozess. Dafür hat Kalifornien das landesweit erste Gesetzespaket zur Regulierung von KI-Chatbots am 13. Oktober 2025 erlassen.

Schnellere Genehmigungen und mehr KI-Exporte

Auch der Ausbau der KI-Infrastruktur folgt dem bekannten Muster: Die Politik setzt auf Deregulierung, während die Investitionen vom Privatsektor gestemmt werden. Konkret sieht der Aktionsplan beschleunigte und vereinfachte Genehmigungsverfahren für Rechenzentren, Halbleiterfertigung und Energieerzeugung vor.

Der Ausbau der Rechenkapazitäten läuft bereits auf Hochtouren. Bloom Energy prognostiziert, dass die Rechenleistung in US-Datenzentren von 25 Gigawatt im Jahr 2024 bis 2030 auf 80 Gigawatt anwachsen wird.

Zur Absicherung der globalen Führungsrolle soll gleichzeitig eine Exportoffensive starten. Institutionen wie die Export-Import Bank of the U.S. und die International Development Finance Corporation sollen Exportprogramme für befreundete Staaten auflegen, die Hardware, Modelle, Software, Anwendungen und Standards umfassen. Parallel dazu werden Exportkontrollen für Rivalen wie China verschärft.

Vor diesem Hintergrund ist die Förderung von Open-Source- und Open-Weight-Modellen ein zentraler Baustein der Strategie. Damit soll sichergestellt werden, dass amerikanische KI-Modelle globale Standards setzen – auch als Gegengewicht zu chinesischen Anbietern wie DeepSeek und Alibaba, die ihre Modelle als Open Source bereitstellen und so in Regionen wie Asien weite Verbreitung finden.

Experteninterview: Wie deutsche Firmen KI-Projekte erfolgreich umsetzen können 

„KI lohnt sich nur, wenn sie einen echten Pain Point adressiert; etwa Kosten senkt, Umsatz steigert oder Fehler reduziert.“

Roland Scharrer, KI-Experte Roland Scharrer, KI-Experte | © Roland Scharrer

Roland Scharrer ist aktuell Visiting Researcher an der Stanford University in Palo Alto (Kalifornien) mit Schwerpunkt auf KI in regulierten Branchen. Zuvor war er Group Chief Data, AI & Emerging Technologies Officer bei AXA sowie Chief Data Scientist bei Capgemini. Mit interdisziplinärer Ausbildung (unter anderem JMU Würzburg, ESADE Barcelona, IMD Lausanne, HPI Berlin, MIT Boston, UC Berkeley) verbindet er Forschung, Strategie und Umsetzung. Zudem berät er internationale Unternehmen, Start-ups und Institutionen.

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