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Wirtschaftsumfeld | USA | Staatsverschuldung

Staatsverschuldung in den USA läuft aus dem Ruder

Ohne eine Haushaltskonsolidierung steuern die USA auf ein Schuldenniveau wie in Italien zu. Mögliche Reformen nach der Präsidentenwahl werden auch ausländische Firmen treffen.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Die öffentliche Verschuldung der Vereinigten Staaten steigt auf immer neue Rekordwerte. Anfang 2024 belief sie sich auf 34 Billionen US-Dollar (US$). Dies geht aus Zahlen des US-Finanzministeriums hervor. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) entspricht dies einer Quote von mehr als 120 Prozent. Nur Italien und Japan weisen nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) noch höhere Werte auf. In Deutschland ist die Quote etwa halb so hoch.

Das Schuldenmachen ist in den USA in Mode gekommen. Zunächst führten Steuersenkungen der Trump-Administration zu einem Anstieg des jährlichen Haushaltsdefizits. Unter seinem Nachfolger Joe Biden hat sich die Situation durch die Einführung umfangreicher Konjunkturprogramme wie dem Inflation Reduction Act (IRA) weiter verschärft. 

Die großzügigen Steuergutschriften, die der IRA für bestimmte Branchen bietet, haben zwar zu einer Reindustrialisierung geführt. Letztlich entstehen aber viele neue Fabriken, die ohne die staatliche Förderung gar nicht wettbewerbsfähig wären. So wird etwa die Herstellung von Solarmodulen praktisch aus dem Boden gestampft. Das Argument der Biden-Regierung, der IRA würde unter dem Strich die Steuereinnahmen erhöhen, hat sich als Milchmädchenrechnung erwiesen.

Neuverschuldung soll 2024 um 11 Prozent wachsen

Im am 31. September endenden Fiskaljahr 2023 sanken die Staatseinnahmen laut Finanzministerium um nominal gut 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Da gleichzeitig die Ausgaben weiter stiegen, erhöhte sich die Neuverschuldung um nahezu ein Viertel. Rund 28 Prozent der laufenden Ausgaben mussten mit Schulden finanziert werden. Insbesondere dieser Indikator zeigt, wie wenig nachhaltig der Haushalt aufgestellt ist. Für das Fiskaljahr 2024 erwartet die oberste Finanzbehörde eine weitere Erhöhung der Neuverschuldung um nominal 11 Prozent. 

Staatsverschuldung in den USA (Fiskaljahr 2022/23)
Schuldenstand (in Billionen US$) 1)

34,0

Schuldenstandsquote (Gesamtverschuldung in % zum BIP) 2)

123,3

Neuverschuldung (in Billionen US$)

1,7

Neuverschuldungsquote (in % zum BIP) 2)

8,4

Anteil der Neuverschuldung an den laufenden Gesamteinnahmen (in %) 3)

27,7

Laufender Schuldendienst (in Milliarden US$)

659,2

Anteil Schuldendienst an den staatlichen Ausgaben (in %)

10,7

Durchschnittliche Verzinsung von Staatsanleihen (in %)

3,0

1 Anfang 2024; 2 Angabe für 2023; 3 gleichbedeutend mit Anteil der mit Schulden finanzierten Staatsausgaben an den Gesamtausgaben.Quelle: US-Finanzministerium 2024; IWF 2024

Ständig müssen daher die Schuldengrenzen erhöht werden. Doch das kann nur durch eine Mehrheit im US-Kongress beschlossen werden. Dort haben die Republikaner eine hauchdünne Mehrheit und fordern für ihre Zustimmung Zugeständnisse, etwa bei der Einwanderungspolitik. Wird keine Einigung erzielt, kommt es zu einer partiellen Schließung der Regierung, dem sogenannten "Shutdown". Mittlerweile droht dieses Szenario im Abstand von wenigen Wochen.

Bis 2028 könnten USA bei Staatsverschuldung mit Italien gleichziehen

Zugleich erhöhen sich die Gesamtverschuldung und die Schuldenstandsquote immer weiter. Der Fiskus muss einen immer größeren Teil seiner Ausgaben zur Bedienung seiner Verbindlichkeiten aufwenden. Ökonomen erwarten, dass die Zinsaufwendungen in wenigen Jahren die Militärausgaben übertreffen werden. Tatsächlich könnten in den USA bald italienische Verhältnisse herrschen, wie eine Prognose des IWF befürchten lässt. 

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Immerhin zeichnet sich an der Zinsfront eine Entlastung ab. Zwischen den Fiskaljahren 2020/21 und 2022/23 hatten sich die Zinsen auf US-Staatsanleihen verdoppelt. Doch die zentrale Notenbank Fed kündigte jüngst für 2024 drei Senkungsschritte an. Auch danach erwarten Analysten sinkende Leitzinsen. Allerdings dürfte dieser Effekt durch eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit teils konterkariert werden. So hatte die Ratingagentur Fitch bereits im August 2023 US-Staatsanleihen von AAA auf AA+ heruntergestuft. Moody's setzte den Ausblick für das Kreditrating der USA im November 2023 von stabil auf negativ herab. 

Konjunkturhilfen könnten ab 2025 zurückgefahren werden

Angesichts der ausufernden Staatsschulden ist ab 2025 – nach den Präsidentschaftswahlen im Herbst 2024 – mit einer Kehrtwende oder Reform der Haushaltspolitik zu rechnen. Unabhängig davon, wer ins Weiße Haus einzieht, drohen den großen Konjunkturprogrammen, die von beiden Parteien abgesegnet wurden, Kürzungen. Insbesondere der Inflation Reduction Act kennt keine Deckelung der Ausgaben nach oben. Niemand weiß, wie teuer er den Steuerzahler am Ende des Tages zu stehen kommen wird.

Lediglich bei der Gewichtung wird es wohl Unterschiede geben. Donald Trump, der Anfang 2024 in nahezu allen Umfragen führt, wird vor allem daran gelegen sein, die Subventionen für Umwelttechnologien und erneuerbare Energien, darunter Windkraft und Solarenergie, zu kürzen. Joe Biden dürfte stärker auf Steuererhöhungen (insbesondere für Wohlhabendere) setzen. Doch auch er wird nicht um Ausgabenkürzungen herumkommen.

Das wird auch Auswirkungen auf ausländische und deutsche Unternehmen haben. Diese haben nämlich trotz protektionistischer Schutzmaßnahmen von den staatlichen Konjunkturprogrammen profitiert. Weil die US-Nachfrage nach Investitionsgütern stark gestiegen ist und es in vielen Branchen, insbesondere im Maschinenbau, zu wenige einheimische Produzenten gibt, haben die deutschen Investitionsgüterlieferungen in die USA 2023 in nahezu allen Sparten zugenommen.

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