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Rechtsbericht Vereinigtes Königreich Arbeits- und Arbeitsgenehmigungsrecht

Britische Regierung konsultiert zu Neuerungen im Arbeitsrecht

Das Vereinigte Königreich ist nicht mehr an die Regeln der EU gebunden. Wie die neu gewonnene Freiheit genutzt werden soll, deutet für den Bereich des Arbeitsrechts ein Konsultationspapier an.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Weniger Bürokratie in Sachen Arbeitszeit

Das heutige britische Arbeitszeitrecht (Working Time Regulations 1998) basiert weitgehend auf europäischem Recht. Als britische Besonderheit gibt es lediglich ein "opt-out", also die Möglichkeit für die Vertragsparteien, freiwillig auf die Einhaltung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche zu verzichten.

Die Regierung will die relevantesten Vorschriften beibehalten, insbesondere die Regeln zu Höchstarbeitszeit, Mindestpausen und Mindesturlaub. Einen Abbau von Arbeitnehmerrechten oder gar Sozialdumping soll es nicht geben.

Allerdings soll Bürokratie in Form von Aufzeichnungspflichten abgebaut werden. Besonders relevant wird dieses Thema durch das Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung vom 14. Mai 2019, in dem eine umfassende Aufzeichnung der Arbeitszeit gefordert wird. Demgegenüber schlägt die britische Regierung vor, Aufzeichnungspflichten bezüglich der täglichen Arbeitszeit generell aufzuheben. So soll überflüssige Bürokratie abgebaut werden. Außerdem verspricht man sich von dieser Maßnahme eine Förderung der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Arbeitgebenden und Mitarbeitenden.

Urlaubsentgelt soll unkomplizierter werden

Das britische Recht gewährt allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen Anspruch von 5,6 Wochen pro Urlaubsjahr, das entspricht 28 Tagen, gerechnet auf eine 5-Tage-Woche. Davon sind vier Wochen gesetzlicher Mindesturlaub und dieser Anspruch resultiert aus europäischem Recht. Die anderen 1,6 Wochen sind hingegen vom europäischen Recht nicht gefordert. Sie resultieren aus einer Entscheidung des britischen Gesetzgebers.

Hinsichtlich der Berechnung des während des Urlaubs zu zahlenden Entgelts unterscheiden sich die beiden Urlaubstypen. Außerdem kann nur der zusätzliche Urlaubsanspruch in das Folgejahr übertragen werden.

Die britische Regierung plant, einen einheitlichen Urlaubsanspruch von 5,6 Wochen pro Jahr zu schaffen. Das während des Urlaubs zu zahlende Entgelt wird ebenfalls einheitlich, wobei zur Berechnung noch keine Pläne existieren – hierzu soll die Konsultation Vorschläge sammeln. Unverändert soll aber wohl bleiben, dass nur 1,6 Wochen Urlaub in das Folgejahr übertragen werden dürfen.

Ein anderer Änderungsvorschlag betrifft eine ursprünglich in Großbritannien verbreitete Praxis, die der EuGH allerdings für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt hat: die Einbeziehung des Entgelts für den Jahresurlaub in das reguläre Gehalt ("rolled-up holiday pay"). Das europäische Recht fordert demgegenüber die gesonderte Berechnung eines Entgelts für den Urlaubszeitraum, Berechnungsgrundlage ist dabei das durchschnittliche Gehalt innerhalb eines bestimmten Referenzzeitraums vor dem Urlaub. Die britische Regierung schlägt vor: Rolled-up Holiday Pay soll wieder möglich sein.

Vereinfachungen für kleine Unternehmen bei Betriebsübergang

In Sachen Betriebsübergang kennt das Vereinigte Königreich die Transfer of Undertakings (Protection of Employment) Regulations 2006. Auch diese basieren auf europäischem Recht und auch hier soll der Schutzstandard nicht verschlechtert werden. Erleichterungen für die Arbeitgeberseite soll es allerdings bei den Konsultationen mit den Mitarbeitenden geben. Bislang dürfen diese nur mit gewählten Repräsentanten geführt werden und nicht mit den Mitarbeitenden direkt. Eine Ausnahme gibt es nur für Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden. Gemäß dem Vorschlag der Regierung sollen künftig Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitenden von dieser Ausnahme profitieren dürfen.

Die Konsultation betreffend Arbeitszeiterfassung, Urlaubsentgelt und Betriebsübergang ist derzeit offen. Eine Beteiligung ist noch bis 7. Juli 2023 möglich.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur noch für drei Monate

Beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot geht es nicht um Überreste europäischen Rechts, sondern um englisches Common Law. Dieses Thema hat die britische Regierung in einer getrennten und bereits abgeschlossenen Konsultation aus dem Jahr 2020 behandelt.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist eine Vereinbarung zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrages. Es besagt, dass bei einer Kündigung durch die Arbeitnehmerseite eine mit dem bisherigen Arbeitgeber konkurrierende Tätigkeit für einen bestimmten Zeitraum verboten sein soll.

Anders als in Deutschland ist in einem solchen Fall nach englischem Recht keine verpflichtende Karenzentschädigung zu zahlen. Die Wirksamkeit eines solchen Verbots ist nur im Einzelfall zu bestimmen. Entscheidend ist, ob es die Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite angemessen berücksichtigt. Damit einher geht immer ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit.

Künftig können nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur für eine Dauer von maximal drei Monaten wirksam vereinbart werden. Auf diese Weise will man den Wettbewerb stimulieren, die Schaffung neuer Stellen befördern und Innovationen ermöglichen. Noch nicht beantwortet wurde allerdings die wichtige Frage, ob diese Regelung nur für die Zukunft gilt, oder ob auch in der Vergangenheit vereinbarte Verbote erfasst werden. Fest steht hingegen: dem Erfordernis der Angemessenheit ist auch dann Rechnung zu tragen, wenn das Verbot nur für bis zu drei Monate gelten soll. Eine Garantie für die Wirksamkeit einer Wettbewerbsklausel gibt es also auch zukünftig nicht.

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