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Rechtsbericht Vereinigtes Königreich Anerkennung und Vollstreckung

Vereinigtes Königreich wird Partei der Haager Konvention 2019

Ursprünglich war der Beitritt nur für England und Wales vorgesehen. Inzwischen wurde er auf Schottland und Nordirland erweitert.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Am 26. März 2025 hat das Vereinigte Königreich (VK) in Den Haag eine Erklärung hinterlegt, dass sich das Haager Übereinkommen vom 2. Juli 2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- oder Handelssachen (“Den Haag 2019”) auf Schottland und Nordirland erstrecken soll. Das Datum des Inkrafttretens bleibt unverändert der 1. Juli 2025. Den Haag 2019 wird somit bezüglich des VK nur für Gerichtsverfahren gelten, die ab diesem Datum eingeleitet werden.

Wie war die Rechtslage bis Ende Juni 2025?

Für Gerichtsverfahren, die vor dem Ende des Brexit-Übergangsphase (das heißt vor dem 31. Dezember 2020 um 23 Uhr) eingeleitet wurden, gelten weder die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 ("Brüssel-I-a") über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen noch das Übereinkommen von Lugano von 2007 in Bezug auf das Vereinigte Königreich.

In der Zeit zwischen dem Ende der Übergangsphase und dem Inkrafttreten von Den Haag 2019 sind Urteile von EU-Mitgliedstaaten im Vereinigten Königreich nach dem Haager Übereinkommen von 2005 vollstreckbar. Das setzt allerdings zwingend voraus, dass eine ausschließliche Gerichtsstandsklausel vorliegt. Wenn dies nicht der Fall ist, erfolgt eine Vollstreckung deutscher Urteile nach dem Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 oder in allen anderen Fällen nach den Prinzipien des Common Law, sofern die jeweiligen Bedingungen erfüllt sind.

Für welche Staaten gilt das Haager Übereinkommen von 2019?

Bislang wurde Den Haag 2019 vom Vereinigten Königreich, der Europäischen Union (außer Dänemark), Uruguay und der Ukraine ratifiziert. Andere Staaten, darunter die USA und Russland, haben unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Im Gegensatz zum Lugano Übereinkommen ist es nicht erforderlich, dass die bisherigen Vertragsstaaten dem Beitritt eines neuen Staates zustimmen. Eine weitere Ausweitung des Kreises der teilnehmenden Staaten ist also wahrscheinlich.

Welche Arten von Urteilen sind abgedeckt?

Den Haag 2019 gilt für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- oder Handelssachen (Art. 1 Abs. 1). Bestimmte Angelegenheiten sind ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen, zum Beispiel Insolvenzstreitigkeiten oder geistiges Eigentum (Art. 2 Abs. 1). Ebenfalls ausgenommen sind einstweilige Sicherungsmaßnahmen, weil sie nicht als “Entscheidung” gelten (Art. 3 Abs. 1).

Den Haag 2019 gilt nicht nur für Urteile, die auf einen Geldbetrag lauten, sondern auch für nichtmonetäre Urteile, zum Beispiel solche, die zu einer Duldung oder Unterlassung verpflichten. Einstweilige Maßnahmen (wie zum Beispiel eine einstweilige Verfügung) sind hingegen ausdrücklich keine "Entscheidungen" im Sinne des Art. 3 Abs. 1 und somit nicht erfasst.

Wie unterscheiden sich Den Haag 2019 und Den Haag 2005?

Im Gegensatz zu Den Haag 2005 enthält Den Haag 2019 keine Regeln, nach denen bestimmt wird, welcher Vertragsstaat für die Entscheidung einer Streitigkeit überhaupt zuständig ist. Es gibt insbesondere keinen Mechanismus zur Verhinderung paralleler Verfahren. Stattdessen wenden die Gerichte der Vertragsstaaten ihre eigenen innerstaatlichen Vorschriften an, um zu bestimmen, ob sie für die Entscheidung über einen bestimmten Rechtsstreit zuständig sind oder nicht.

Ein weiterer, wichtiger Unterschied: Den Haag 2005 bezieht sich nur auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen (dort Art. 1 Abs. 1). Den Haag 2019 gilt hingegen auch für nicht ausschließliche Gerichtsstandsklauseln, was seinen Anwendungsbereich in der Praxis erheblich erweitert.

Was ist der zeitliche Anwendungsbereich?

Den Haag 2019 gilt bezüglich des Vereinigten Königreichs für alle Gerichtsverfahren, die am oder nach dem 1. Juli 2025 eingeleitet werden. Dies gilt unabhängig davon, wann eine eventuelle Gerichtsstandsklausel vereinbart wurde.

Bezüglich des Haager Übereinkommens 2005 kommt es sehr wohl darauf an, von wann die erforderliche ausschließliche Gerichtsstandsklausel datiert. Zu der Frage, welches das insofern entscheidende Datum ist, gibt es eine Meinungsverschiedenheit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Das VK ist der Ansicht, dass Den Haag 2005 seit dem 1. Oktober 2015 gilt, als es für die gesamte EU in Kraft trat, und somit auch für alle seit diesem Zeitpunkt vereinbarten ausschließlichen Gerichtsstandsklauseln. Die EU meint hingegen, dass Den Haag 2005 erst dann für das VK in Kraft trat, als dieses aus eigenem Recht beitrat – das wäre der 1. Januar 2021. Somit gälte Den Haag 2005 auch nur, wenn die ausschließliche Gerichtsstandsklausel an oder nach diesem Datum abgeschlossen worden wäre.

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