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Gewährleistungsrecht
Die Systematik des englischen Gewährleistungsrechts unterscheidet sich deutlich von der deutschen. (Stand: 01.10.2025)
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Einleitung
Das englische Recht kennt keine dem deutschen Recht vergleichbare Mängelhaftung für verschiedene Vertragstypen. Vielmehr sind Gewährleistungsrechte und -ansprüche im englischen Recht letztlich Ansprüche aus Vertragsbruch ("breach of contract"). Ein breach of contract liegt vor, wenn der Vertragspartner seine vertraglich vereinbarte Leistung gar nicht, zu spät, nicht vollständig oder fehlerhaft erbringt. Und in diesem Rahmen werden auch Gewährleistungsansprüche behandelt. Wenn also nach diesen Regeln ein Mangel vorliegt - zum Beispiel wird eine Dienstleistung nicht nach den Regeln der Kunst erbracht - muss der Dienstleister der anderen Partei den Schaden ersetzen, der durch die Mangelhaftigkeit entstanden ist. Auf ein Verschulden des Dienstleisters kommt es dabei nicht an.
Gesetzliche Regelungen
Das Recht im Vereinigten Königreich (VK) enthält Regelungen zur Haftung für fehlerhafte Leistungen im wesentlichen im Sale of Goods Act 1979 (SGA), im Supply of Goods and Services Act 1982 (SGSA) und - soweit Verbrauchergeschäfte betroffen sind - auch im Consumer Rights Act 2015 (CRA).
Die Gewährleistung im Kaufrecht
Für das Kaufrecht muss unterschieden werden zwischen Mängeln, die eine Verletzung einer "warranty" sind und solchen, die eine Verletzung einer "condition" darstellen.
Im ersten Fall hat der Käufer nur einen Schadensersatzanspruch. Immerhin ist dieser nicht verschuldensabhängig und beschränkt sich außerdem nicht auf den direkten Schaden (der Minderwert der Ware), sondern erfasst außerdem eventuelle Mangelfolgeschäden. Der Vertrag als solcher bleibt aber, es gibt keine Wandlungsmöglichkeit.
Im zweiten Fall sieht es anders aus. Eine condition ist ein wesentlicher Vertragsbestandteil, eine essentialia negotii. Wenn der Mangel in der Verletzung einer solchen Bestimmung besteht, muss die Käuferin die Kaufsache nicht annehmen oder kann fehlerhafte Ware zurückgeben. Dies muss allerdings im unmittelbaren Zusammenhang mit der Annahme der Ware erfolgen.
Die Antwort auf die Frage, wie man eine "warranty" von einer "condition" unterscheidet, findet sich entweder im Vertrag oder sogar im Gesetz. Dieses regelt insofern: "Handelt es sich bei einer Bestimmung des Kaufvertrags um eine Bedingung ("condition"), deren Verletzung das Recht begründen kann, den Vertrag als zurückgetreten zu behandeln, oder um eine Garantie ("warranty"), deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch begründen kann, nicht aber das Recht, die Ware abzulehnen und den Vertrag als abgelehnt zu behandeln, hängt in jedem Fall von der Auslegung des Vertrags ab; und eine Klausel kann eine Bedingung sein, obwohl sie im Vertrag als Garantie bezeichnet wird." (s. 11 Abs. 3 SGA 1979). Außerdem gibt es Regelungen, die bestimmten Klauseln ausdrücklich die Eigenschaft als condition oder warranty zuordnen, so zum Beispiel s. 12 Abs. 5A oder s. 15 Abs. 3 SGA 1979, oder auch ohne ausdrückliche Regelung wesentliche Bedingungen schaffen ("implied conditions"), wie zum Beispiel in s. 2 (1) des SGSA 1982.
Die Gewährleistung im Dienstvertragsrecht
Auch im Dienstleistungsrecht gibt es implied terms, denen zufolge der Dienstleister seine Leistungen "with reasonable care and skill" ausführen wird (s. 13 des Supply of Goods and Services Act). In zeitlicher Hinsicht gilt ein implied term, dass die Leistung in angemessener Zeit erbracht wird (s. 14). Wenn kein Preis vereinbart ist, gilt ein "reasonable charge" (s. 15).
Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Schlechtleistung gelten die allgemeinen Regeln, also in der Regel Schadensersatz.
Gewährleistung bei Verbraucherverträgen
Dem deutschen Gewährleistungsrecht deutlich ähnlicher ist das britische Recht im B2C-Bereich. Hier gilt der Consumer Rights Act 2015.
Waren müssen von zufriedenstellender Qualität sein und dem Zweck und der Beschreibung entsprechen (s. 9-18 CRA 2015). Auch für digitale Inhalte (s. 34 ff.) und Dienstleistungen (s. 49 ff.) gelten entsprechende Regelungen.
Bei Fehlern gilt für Waren ein "short term right to reject" (s. 20) während der ersten 30 Tage. Danach gilt ein Recht auf "repair or replacement". Kann auch auf diese Art keine mangelfreie Ware zur Verfügung gestellt werden, gibt es als "letztes Mittel" ein Recht auf Wandlung oder Herabsetzung des Preises (s. 24). Bei digitalen Inhalten ist ein Recht auf Reparatur / Ersatz vorgesehen, falls erfolglos kann Preisminderung beansprucht werden (s. 42 ff). Für Dienstleistungen gelten analog ebenfalls Ansprüche auf Wiederholung und gegebenenfalls Preisnachlass (s. 55).
Die Vorschriften des CRA 2015 sind zwingend und können nicht zum Nachteil des Verbrauchers abbedungen werden.