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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Investitionsstandort Region Odessa

Investitionsstandort: Region Odessa

Die Region Odessa gehört zu den wichtigsten Wirtschaftsregionen der Ukraine. Die Reihe stellt den Standort und sein Potenzial vor.

Von Maria Repko (Centre for Economic Strategy), Maksym Samoiliuk (Centre for Economic Strategy), Andrii Akymenko (Centre for Economic Strategy)

Die Oblast Odessa ist eine wirtschaftlich wichtige Region im Süden der Ukraine mit Zugang zum Schwarzen Meer. Sie verfügt über bedeutende Häfen, eine gut ausgebaute Infrastruktur und Potenzial für erneuerbare Energien. Der Wiederaufbaubedarf nach Kriegsschäden betrug Anfang 2025 laut Weltbank rund 10,4 Milliarden US-Dollar (US$). Zahlreiche Projekte bieten Chancen für Investoren. Auch deutsche Unternehmen sind vor Ort aktiv. Die Region zeichnet sich trotz der Frontnähe durch hohe Resilienz aus. Dennoch bestehen Kriegsrisiken und der Versicherungsschutz ist eingeschränkt.

  • Investitionspotenzial

    Die Oblast Odessa ist ein wirtschaftlich bedeutendes Tor zur EU mit starker Infrastruktur, maritimer Anbindung und großem Wiederaufbaupotenzial.

    Die Region (Oblast) Odessa ist die flächenmäßig größte Region der Ukraine und zählt mit knapp 2,1 Millionen Einwohnern zu den bevölkerungsreichsten des Landes. Ihr Verwaltungszentrum, die gleichnamige Stadt Odessa, ist eine bedeutende Hafenmetropole am Schwarzen Meer mit über einer Million Einwohnern. Sie gilt als kulturelles und touristisches Herzstück der Region. Die zweitgrößte Stadt der Oblast ist Izmail, die an der Donau nahe der rumänischen Grenze liegt.

    Die Oblast Odessa ist ein wirtschaftlicher Eckpfeiler der Ukraine. Sie verfügt über eine sehr gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur und ein stabiles Arbeitskräftepotenzial. Als maritimes Tor des Landes spielen ihre Seehäfen eine zentrale Rolle im internationalen Handel – in der Vergangenheit wurden hier bis zu zehn Prozent der weltweiten Getreideexporte abgewickelt. Selbst während des russischen Angriffskrieges sind viele dieser Häfen in Betrieb. Die Oblast grenzt über Rumänien direkt an die EU.

    Stabilität trotz Krieg: Wirtschaftliche Resilienz und Herausforderungen

    Die Oblast Odessa liegt auf Platz sechs der bedeutendsten Wirtschaftsregionen der Ukraine. Laut Schätzungen des Zentrums für Wirtschaftsstrategie trug sie im Jahr 2024 rund 5 Prozent zur nationalen Wirtschaftsleistung bei. Dieser Anteil blieb trotz des anhaltenden russischen Angriffskriegs stabil und ist seit 2021 lediglich um 0,2 Prozentpunkte gesunken. Handel, Logistik und Landwirtschaft prägen die regionale Wirtschaft maßgeblich – begünstigt durch den maritimen Zugang und das vorteilhafte Klima. Gemeinsam sorgen sie für fast 60 Prozent der regionalen Einnahmen. Die natürlichen Rohstoffvorkommen der Region sind hingegen begrenzt.

    Laut dem staatlichen Statistikamt der Ukraine entsprach die Inflationsentwicklung in der Oblast Odessa während des russischen Angriffskriegs weitgehend dem landesweiten Trend – im Gegensatz zu Regionen wie Cherson. Dort waren deutlich stärkere Preisschocks zu verzeichnen. Die Geschäftserwartungen in Odessa blieben jedoch unter dem nationalen Durchschnitt, was auf eine insgesamt zurückhaltendere wirtschaftliche Stimmung und pessimistischere Zukunftsaussichten hinweist.

    In der Oblast Odessa besteht ein mittleres bis erhöhtes Kriegsrisiko – geringer als in Kyjiw, jedoch höher als in Lwiw. Zwar blieb die Region bislang von Bodenkämpfen weitgehend verschont, war jedoch wiederholt Ziel russischer Drohnen- und Raketenangriffe. Trotz ihrer vergleichsweise höheren Sicherheit im Vergleich zu den Frontgebieten schränkt die Lage den Versicherungsschutz für Kriegsrisiken ein. Eine Ausnahme bilden Seetransporte, die durch die Unity Insurance Facility abgedeckt sind. Bis Ende 2024 beliefen sich die Kriegsschäden in der Oblast auf rund 2,9 Milliarden US$. Gleichzeitig wurden über 500 Wiederaufbauprojekte initiiert – bislang jedoch mit einer Finanzierung von lediglich 180 Millionen US$, wie Daten von DREAM Analytics zeigen.

    Potenzial durch Wiederaufbau: Zwischen Korruptionsimage und Neuanfang

    Bislang zählte die Oblast Odessa nicht zu den bevorzugten Zielen für Investitionen. So befindet sich unter den 100 größten Unternehmen der Region lediglich ein multinationales Unternehmen. Dies dürfte unter anderem auf die in der Vorkriegszeit weit verbreitete Wahrnehmung von Kriminalität und Korruption zurückzuführen sein. In der PAKT-Korruptionswahrnehmungsstudie von USAID aus dem Jahr 2021 belegte die Region landesweit den fünftletzten Platz. Der Wiederaufbau nach dem Krieg könnte jedoch einen Wendepunkt markieren: Das enorme Ausmaß des Investitions- und Infrastrukturbedarfs dürfte die lokalen Behörden dazu bewegen, sich stärker für westliches Kapital zu öffnen.

    SWOT-Analyse der Region Odessa

    Die Stärken und Schwächen der Region in der Übersicht

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    Stärken Strengths

    • Größte Region nach Fläche, fünftgrößte nach Bevölkerung und sechstgrößte nach Wirtschaftsleistung
    • Fünftgrößte Konzentration von IT-Spezialisten in der Ukraine mit entsprechendem Ökosystem
    • Hoher Bildungsgrad bei geringeren Gehaltskosten als in Kyjiw und Lwiw
    • Logistikhub mit Eisenbahnknotenpunkt und direktem Zugang zum Schwarzen Meer
    W

    Schwächen Weaknesses

    • Trotz namhafter deutscher Investoren (HHLA, Notus Energy, AutoDoc) bleibt die Präsenz internationaler Konzerne klein
    • Keine großen Vorkommen mineralischer Rohstoffe
    • Häufiger Luftalarm beeinflusst die Geschäftstätigkeit
    • Durch russische Angriffe verursachte Lücken im Straßennetz, vor allem in der Region Budschak
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    Chancen Opportunities

    • Hohe Konzentration an Fachkräften und ein widerstandsfähiger Technologiesektor bieten Investitionsschancen
    • Verbesserung der Straßendichte und Ausbau der Bahnkapazitäten könnten Logistik stärken
    • Gute Wind- und Sonneneinstrahlungsbedingungen können für nachhaltige Entwicklung genutzt werden
    • Möglichkeit zur Sanierung wichtiger Logistikknotenpunkte, Häfen und Flughafenanlagen
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    Risiken Threats

    • Odessa steht weiterhin Sicherheitsrisiken gegenüber, insbesondere nahe Mykolajiw und Transnistrien (Republik Moldau)
    • Verschmutzung, mangelhafte Abfallwirtschaft sowie Klimaeinflüsse gefährden Landwirtschaft und Ökosysteme
    • Versicherungsbeschränkungen und Instabilität durch den Krieg erschweren Investitionen
    • Der schwer beschädigte internationale Flughafen Odessa benötigt umfangreichen Wiederaufbau

  • Wirtschaftsprofil

    Odessas Wirtschaft basiert auf Handel, Logistik und Landwirtschaft. Trotz schwacher FDI-Zahlen birgt die Region großes Potenzial für den Wiederaufbau.

    Die Wirtschaft der Oblast Odessa wird maßgeblich von den Sektoren Handel, Logistik und Landwirtschaft getragen, die gemeinsam nahezu 60 Prozent der Gesamteinnahmen aller regionalen Unternehmen erwirtschaften. Der direkte Zugang zum Schwarzen Meer unterstreicht die Rolle der Region als maritimes Tor der Ukraine und als zentrale Drehscheibe für internationalen Handel und Güterverkehr. Die günstigen landwirtschaftlichen Bedingungen verschaffen Odessa einen Wettbewerbsvorteil, insbesondere in der Lebensmittelverarbeitung, etwa in der Weinproduktion. In der Strategie für den Wiederaufbau und die Entwicklung der Region Odessa bis 2027 wurden die Bereiche Agrarwirtschaft, Logistik und Handel als strategische Prioritäten für eine intelligente Spezialisierung definiert.

    Wichtiges Zentrum für den IT-Sektor

    Nach Angaben der ukrainischen Cluster-Allianz waren im November 2024 zwei sektorale Clusterinitiativen in der Oblast Odessa aktiv. Beide konnten jedoch nicht als voll entwickelte und effektiv arbeitende Cluster angesehen werden.

    Im Januar 2025 waren laut dou.ua zwölf der 50 führenden ukrainischen IT-Unternehmen in der Region vertreten. Ein Rückgang gegenüber 16 vor dem Krieg im Jahr 2022, was vor allem auf gestiegene Sicherheitsrisiken zurückzuführen ist. Der lokale IT-Sektor wird von der Organisation Odesa IT Family unterstützt, die technologische Initiativen in der Region fördert. Mit rund 14.000 IT-Fachkräften belegt Odessa laut Speka Media landesweit den fünften Platz hinter Kyjiw, Lwiw, Charkiw und Dnipro.

    Zurückhaltende Investitionen: Potenzial trotz schwacher FDI-Zahlen

    Die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in der Oblast Odessa bleiben bislang auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Ende 2024 beliefen sich die Bestände auf insgesamt 1,1 Milliarden US$. Das entspricht einem Rückgang um 6 Prozent gegenüber dem Jahr 2021 und liegt weiterhin unter dem Vorkriegsniveau. Nur 20,7 Millionen US$ stammen dabei aus Deutschland. Die größten Investoren sind Zypern mit 466,5 Millionen US$ und die Niederlande mit 198,8 Millionen US$. Ein erheblicher Teil dieser Investitionen dürfte aber auf ukrainische Unternehmen zurückzuführen sein, die im Rahmen der Steueroptimierung über Tochtergesellschaften in diesen Ländern Projekte abwickeln. Im landesweiten Vergleich belegte Odessa 2024 mit über 100 Millionen Euro an FDI-Zuflüssen den siebten Platz. Dabei handelt es sich überwiegend um reinvestierte Gewinne.

    Deutsches Unternehmen unter den Top 100

    Nur 12 der 100 umsatzstärksten Unternehmen in der Oblast Odessa befinden sich in ausländischem Besitz. Dabei handelt es sich häufig um natürliche Personen ukrainischer Herkunft mit ausländischer Staatsbürgerschaft – etwa aus den USA, Israel, Deutschland oder anderen Ländern. Unter den 50 größten Unternehmen der Region ist lediglich eines Teil eines multinationalen Konzerns: Ukrelevatorprom, ein Unternehmen der Agrarlogistik, das zur ADM-Gruppe gehört. Von den 100 umsatzstärksten Firmen weist nur ein Unternehmen eine Verbindung zu Deutschland auf: AUTODOC Ukraine, eine Tochter des Berliner Online-Autoteilehändlers Autodoc SE, der von drei osteuropäischen Gründern aufgebaut wurde.

  • Investitionsförderung und -Chancen

    Odessa braucht 10,4 Milliarden US$ für den Wiederaufbau. Das schafft Chancen für Investitionen. Viel Potenzial bleibt noch ungenutzt.

    112 Mio.

    US-Dollar betrug der Zufluss ausländischer Investitionen 2024.

    Quelle: Ukrainische Zentralbank 2025

    Die Oblast Odessa benötigt rund 10,4 Milliarden US$ für den Wiederaufbau – so das Ergebnis der Weltbank im Rapid Damage and Needs Assessment vom Februar 2025. Der Investitionsbedarf erstreckt sich auf zentrale Bereiche wie Infrastruktur, Logistik, Industrie und Dienstleistungen, die durch den Krieg erheblich beschädigt oder beeinträchtigt wurden. Daraus ergeben sich vielfältige Chancen für in- und ausländische Investitionen.

    Milliardenbedarf schafft Investitionschancen

    Stand Dezember 2024 stehen in der Oblast Odessa insgesamt 161 Greenfield- und 85 Brownfield-Projekte für Investoren bereit, wie die staatliche Regionalverwaltung mitteilt. Die städtische Investitionsagentur Odesa 5T ist für die Ansprache und Betreuung potenzieller Investoren in der Stadt Odessa zuständig.

    Das Baugewerbe zählt zu den wichtigsten Investitionssektoren der Region: Es vereint 8 Prozent aller öffentlichen Aufträge – fast doppelt so viel wie im Landesdurchschnitt. Laut dem Big Recovery Portal vom Mai 2025 belegt Odessa mit rund 400 aktiven Bauprojekten im Gesamtwert von 49 Millionen Euro landesweit den dritten Platz.

    Auch private Investitionen nehmen wieder Fahrt auf: Die bislang größte Einzelinvestition seit Beginn des russischen Angriffskriegs ist laut Forbes Ukraine der Bau eines Getreideterminals durch Nibulon im Wert von 18,5 Millionen Euro. Darüber hinaus listet die Investitionskarte der Ukraine 65 weitere Projekte in der Oblast Odessa mit einem Gesamtvolumen von 28,3 Millionen Euro, die für Investoren bereitstehen.

    Bei der Kreditvergabe dominieren der Groß- und Einzelhandel sowie die Landwirtschaft: Sie erhalten 31 Prozent bzw. 24 Prozent aller Bankkredite. Dies deutet auf die wirtschaftliche Stärke dieser Sektoren und das anhaltende Vertrauen von Investoren und Finanzinstituten hin.

    Ungenutztes Potenzial bei Industrie- und Wissenschaftsparks

    Industrieparks existieren in der Oblast Odessa bislang nur auf dem Papier. Von den drei offiziell registrierten Industrieparks ist derzeit keiner in Betrieb. Dabei bieten staatliche Förderprogramme attraktive Anreize: So können Industrieparks erhebliche Zuschüsse für Infrastruktur- und Stromanschlusskosten erhalten. Unternehmen, die sich dort ansiedeln, profitieren zudem von einer zehnjährigen Körperschaftsteuerbefreiung in strategischen Bereichen wie Fertigung, Abfallwirtschaft sowie Forschung und Entwicklung.

    In der Oblast Odessa existieren vier Wissenschaftsparks, die als Teil bestehender Forschungseinrichtungen betrieben werden. Ihre kommerzielle Ausrichtung ist jedoch bislang begrenzt. Ziel ihrer Einrichtung war es, die Effizienz von Innovationsprozessen zu steigern und wissenschaftliche sowie technologische Entwicklungen besser zu vermarkten. Allerdings stehen hierfür keine spezifischen Anreize zur Verfügung. Die vorhandene Forschungskapazität wird bislang nicht voll ausgeschöpft, ist jedoch grundsätzlich gegeben. Laut Angaben des Bildungsministeriums und der staatlichen Digitalagentur DIIA gibt es in der Region sechs spezialisierte Forschungsinstitute sowie rund 80 Zentren für digitale Kompetenz, die vor allem in den Bereichen Pharma, Agrartechnologie sowie medizinischer Forschung und Entwicklung tätig sind.

    Verwaltungsstruktur mit Luft nach oben

    Trotz ihrer wirtschaftlichen Bedeutung verfügt die Oblast Odessa weiterhin nur über begrenzte Verwaltungskapazitäten. Zwar liegt sie landesweit an zweiter Stelle bei der Beschäftigung im öffentlichen Dienst, rangiert jedoch bei den Facharbeitergehältern mit durchschnittlich 570 Euro pro Monat lediglich auf Platz elf. Aus finanzieller Sicht belegen die Gemeinden (Hromadas) der Region Platz neun im landesweiten Vergleich. Immerhin weisen 64 Prozent von ihnen eine hohe oder optimale Leistungsfähigkeit auf. Das ist ein Hinweis auf eine starke Verwaltungspräsenz, jedoch nur mäßige institutionelle Effizienz.

    Die größten ausländischen Investoren in der Region Odessanach Jahresumsatz 2024
    RangFirmaBrancheHerkunftsland
    1.Delta Wilmar UkraineNahrungsmittelindustrieIndien
    2.Vitmark-UkraineNahrungsmittelindustrieUSA
    3.UkrElevatorPromNahrungsmittelindustrieNiederlande
    4.TIS CoalLogistikUngarn
    5.Odesa Cognac PlantNahrungsmittelindustrieLiechtenstein
    6.AutoDoc UkraineHandelDeutschland
    7.TransInvest ServiceLogistikUngarn
    8.IZTLogistikGriechenland
    9.MSHK UkraineLogistikItalien
    10.PotokyNahrungsmittelindustrieZypern
    Quelle: YouControl Market Data 2025

  • Arbeitsmarkt und Bildungswesen

    Die drittgrößte Region der Ukraine hat großes Fachkräftepotenzial, sieht sich aber mit einem Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert.

    Mit knapp 2,1 Millionen Einwohnern ist die Oblast Odessa die viertbevölkerungsreichste Region der Ukraine. Nahezu sieben Prozent der Gesamtbevölkerung leben hier. Zwischen 2019 und 2024 sank die Einwohnerzahl um etwa 250.000 Personen, was einem Rückgang von knapp 11 Prozent entspricht. Damit fiel der Bevölkerungsverlust rund ein Drittel geringer aus als im landesweiten Durchschnitt, wie Daten des Instituts für Demografie und Sozialstudien zeigen.

    Ein möglicher Grund dafür ist die Binnenmigration aus südlichen, umkämpften oder besetzten Gebieten. Darauf deuten auch die laut Lun Statistics in den letzten 18 Monaten kontinuierlich steigenden Mietpreise hin. Aktuell leben rund 217.000 Binnenvertriebene in der Oblast Odessa. Damit ist sie nach der Oblast Kyjiw und der Stadt Kyjiw das größte Aufnahmezentrum unter den nicht direkt von Kampfhandlungen betroffenen Regionen.

    Vor dem Krieg lebten etwa 67 Prozent der Bevölkerung in städtischen Gebieten – ein Anteil, der seither weiter gestiegen ist. Die ländlichen Regionen verzeichnen hingegen eine anhaltende Abwanderung in die Städte.

    Arbeitsmarkt offenbart Lücken

    In der Oblast Odessa waren rund 490.000 Personen offiziell beschäftigt und damit fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Davon arbeiteten etwa 237.000 in großen Unternehmen. Damit rangiert die Region landesweit auf Platz fünf in Bezug auf die Größe der offiziellen Erwerbsbevölkerung, die nahezu 6 Prozent des nationalen Gesamtwerts ausmacht.

    Die Arbeitskosten sind moderater als in anderen großen Wirtschaftszentren. Laut dem Jobportal work.ua liegt Odessa beim durchschnittlichen Monatsgehalt auf Platz drei hinter Kyjiw und Lwiw. Die monatlich etwa 472 Euro liegen etwa 6 Prozent über dem Landesdurchschnitt.

    Der russische Angriffskrieg und die Unterbrechung des Schwarzmeerhandels trafen den Arbeitsmarkt der Region zunächst hart: Die Zahl offener Stellen sank deutlich, während die Zahl der Bewerber pro Stelle auf einen Höchstwert von 24 stieg. Im Jahr 2024, mit der beginnenden wirtschaftlichen Erholung und der Wiederaufnahme des Seehandels, stabilisierte sich die Lage: Aktuell kommen auf eine offene Stelle 1,8 Arbeitssuchende (landesweit: 1,7). Dennoch belegt Odessa unter den regionalen Hauptstädten Platz vier bei der Zahl unbesetzter Stellen. Das ist ein Hinweis auf ein Missverhältnis zwischen Qualifikationen und Gehaltsvorstellungen.

    Odessa ist Hochschulzentrum der Region - mit einem regional angepassten Fokus 

    Die meisten Hochschuleinrichtungen der Oblast Odessa befinden sich in der Stadt Odessa selbst, einige wenige in Izmail nahe der rumänischen Grenze. Über 46.000 Studierende sind in Vollzeit eingeschrieben. Besonders gefragt sind Studienrichtungen wie Jura, See- und Binnenschifffahrt sowie Management.

    Im Jahr 2024 nahmen insgesamt 23 Hochschulen – davon 19 staatliche und 4 private – neue Studierende auf. Zwei dieser Einrichtungen zählen zu den 20 beliebtesten Universitäten der Ukraine: die Odessa Law Academy und die Odessa National University of Economics. Mit drei spezialisierten maritimen Hochschulen ist Odessa zudem das nationale Zentrum für Studiengänge im Bereich Schifffahrt und maritime Wirtschaft.

  • Infrastruktur und Energie

    Odessa ist ein Transitknotenpunkt mit gut ausgebauter Infrastruktur und Potenzial für grüne Energie. Auch ein deutsches Unternehmen investiert.

    Die Oblast Odessa liegt im Süden der Ukraine und ist mit 33.310 Quadratkilometern die flächenmäßig größte Region des Landes. Im Süden grenzt sie an die Republik Moldau und Rumänien und verfügt über einen Zugang zum Schwarzen Meer. Geografisch lässt sich die Region in drei Teile gliedern: den Norden, den Süden (Budschak) und das Gebiet rund um die Stadt Odessa mit ihren Vororten. Rund 58 Prozent der Bevölkerung leben im Bezirk Odessa, dem wirtschaftlichen Zentrum der Region.

    Die Oblast Odessa zählt dank ihrer fruchtbaren Böden und des günstigen Klimas zu den landwirtschaftlich besonders geeigneten Regionen der Ukraine. Laut der Bodenfruchtbarkeitskarte des Landes liegt der nördliche Teil der Region auf Schwarzerdeböden – einer der ertragreichsten Bodenarten, die nur in wenigen Regionen vorkommen.

    Die natürlichen Rohstoffvorkommen der Oblast beschränken sich überwiegend auf Baumaterialien wie Kalkstein, Kaolin, Granit und Sand. Gleichzeitig besteht ein bislang unerschlossenes Potenzial für die Förderung von Erdöl und Erdgas.

    Odessa bietet attraktive Bedingungen für erneuerbare Energie

    Die Oblast Odessa bietet insgesamt günstige Voraussetzungen für die Entwicklung erneuerbarer Energien. Das ist auch ein entscheidender Faktor für das Engagement des Potsdamer Unternehmens Notus Energy, das derzeit drei Projekte in der Region realisiert.

    An den windreichsten 10 Prozent der Standorte liegt die mittlere Leistungsdichte in 100 Metern Höhe bei rund 370 Watt pro Quadratmeter. Diese Werte sind vergleichbar mit benachbarten Regionen, aber höher als in den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern. Auch die Bedingungen für Solarenergie sind vorteilhaft: Die jährliche Photovoltaikleistung beträgt etwa 1.300 Kilowattstunden pro Kilowattpeak. Das liegt über dem mitteleuropäischen Durchschnitt, aber unter dem Niveau südlicher Märkte oder der Balkanländer.

    Laut der Nationalen Energie- und Versorgungsregulierungskommission belegt Odessa mit einer Gesamtkapazität von 760 Megawatt den sechsten Platz unter den ukrainischen Regionen im Bereich grüner Energie. Besonders stark ist die Region bei der Solarenergie (530 Megawatt, Platz 3) und der Windenergie (210 Megawatt, Platz 2). Die vier Windparks der Oblast liefern 37 Prozent der nationalen Windkapazität, während fast 70 Solarkraftwerke über 9 Prozent zur nationalen Solarkapazität beitragen.

    Energieinfrastruktur unter Druck: Unternehmen zeigen Resilienz

    Trotz ihres Potenzials im Bereich erneuerbarer Energien leidet die Oblast Odessa unter einem strukturellen Energiemangel. Die Energieinfrastruktur wird regelmäßig durch russische Angriffe beschädigt, was zu häufigen Stromausfällen führt. Dennoch zeigen viele Unternehmen eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit: In vier von zehn Betrieben in Odessa fielen weniger als 10 Prozent der Arbeitszeit durch Stromausfälle aus. Das dürfte ein Indikator für hohe betriebliche Resilienz sein.

    Insgesamt waren nur 37 Prozent der lokalen Unternehmen von strombedingten Unterbrechungen betroffen und damit deutlich weniger als der Landesdurchschnitt von 51 Prozent. Das geht aus Daten des Instituts für Wirtschaftsforschung und Politikberatung hervor.

    Odessas Häfen sind maritime Tore der Ukraine

    Die Verkehrsanbindung der Region Odessa weist sowohl Stärken als auch Schwächen auf:

    • Seehäfen: Die Häfen von Odessa, Piwdennyj und Tschornomorsk bilden das einzige derzeit funktionsfähige maritime Zugangstor der Ukraine. Sie spielen eine zentrale Rolle im internationalen Handel und beherbergen unter anderem ein Containerterminal der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).
    • Straßeninfrastruktur: Die Oblast Odessa ist ein bedeutender Transitknotenpunkt mit rund 2.800 Kilometern Straße von nationaler Bedeutung – das entspricht dem dritthöchsten Wert landesweit. Hinsichtlich der Straßennetzdichte liegt die Region jedoch nur auf Platz 14.
    • Schienenverkehr: Odessa verfügt über eine leistungsfähige Eisenbahninfrastruktur. Über sie werden mehr als 50 Prozent des regionalen und rund 20 Prozent des gesamten ukrainischen Güterverkehrs abgewickelt.
    • Luftverkehr: Der internationale Flughafen Odessa (ODS), einst einer der größten des Landes, ist seit Beginn des russischen Angriffskrieges außer Betrieb. Die neu errichtete Start- und Landebahn wurde durch russische Luftangriffe schwer beschädigt.
    • Grenzregion Budschak: Der südliche Teil der Oblast, der an Rumänien und damit an die EU grenzt, ist derzeit weitgehend vom übrigen Staatsgebiet abgeschnitten. Die Zerstörung der Brücke über die Dnjestr-Mündung durch russische Angriffe hat die Anbindung stark beeinträchtigt. Derzeit ist die Region nur über eine zweispurige Straße erreichbar, die durch die Republik Moldau führt.

    Digitale Konnektivität gut entwickelt

    Die digitale Konnektivität ist gut entwickelt: Mit 160 mobilen SIM-Karten pro 100 Einwohner liegt die Region über dem Landesdurchschnitt. Etwa 63 Prozent der Haushalte verfügen über einen festen Internetanschluss. Odessa belegt landesweit den dritten Platz bei der Verfügbarkeit von öffentlichem WLAN und erreicht mit einem Wert von 0,88 ein überdurchschnittliches Ergebnis im Internet-Entwicklungsindex.

    In der Oblast Odessa befinden sich 8 Prozent aller Bankfilialen des Landes – 385 Stück. Seit Januar 2022 ist die Anzahl der Filialen jedoch um fast 23 Prozent zurückgegangen.

    Die infrastrukturellen Herausforderungen der Region werden im Rahmen der im April 2025 aktualisierten "Strategie zur Wiederherstellung und Entwicklung des Gebiets Odessa 2021–2027" adressiert. Ein besonderer Fokus liegt auf der Verbesserung der Anbindung des Gebiets Budschak. Die Strategie enthält konkrete Maßnahmen zur Stärkung der regionalen Konnektivität und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung.

  • Sicherheitslage

    Das Kriegsrisiko in Odessa gilt als mäßig bis hoch. Durch die Nähe zur Frontlinie ist das Versicherungsangebot eingeschränkt.

    Im landesweiten Vergleich gelten die Risiken in der Region Odessa als mäßig bis hoch. Ein aussagekräftiger Indikator für das lokale Kriegsrisiko ist die von der ukrainischen Regierung vorgenommene Bewertung der Sicherheitslage im Hinblick auf Präsenzunterricht. Die Mehrheit der Gemeinden in der Oblast Odessa wird dabei als mäßig oder hoch eingestuft. Präsenzunterricht ist dort grundsätzlich möglich, sofern geeignete Schutzmaßnahmen umgesetzt werden.

    Einige Gemeinden in Grenznähe zur Region Transnistrien (Republik Moldau) sowie zur benachbarten Oblast Mykolajiw werden hingegen als Hochrisikogebiete klassifiziert. In diesen Zonen ist Präsenzunterricht stark eingeschränkt oder nicht möglich. Dies stellt nicht nur eine Herausforderung für das Bildungssystem dar, sondern signalisiert auch ein erhöhtes Risiko für wirtschaftliche Aktivitäten in diesen Gebieten.

    Zwischen Februar 2022 und April 2025 wurden in der Oblast Odessa insgesamt 461 kriegsbedingte Vorfälle registriert. Das entspricht 14 Ereignissen pro 1.000 Quadratkilometer, was weniger Zwischenfälle als in der Hauptstadtregion Kyjiw bedeutet, jedoch über dem Wert der westlichen Landesteile liegt.

    Während des genannten Zeitraums herrschte in der Oblast Odessa an insgesamt 2.046 Stunden Luftalarm. Das entspricht durchschnittlich etwa einer Stunde und 40 Minuten pro Tag.

    Versicherung von Kriegsrisiken nur eingeschränkt möglich

    Die Absicherung gegen Kriegsrisiken erfolgt in der Regel einzelfallbezogen. Versicherungen gewähren nur selten Schutz für Vermögenswerte, die sich weniger als 100 Kilometer von der Frontlinie entfernt befinden. Da Odessa und seine Umgebung – der wirtschaftlich aktivste Teil der Region – innerhalb dieser Zone liegen, ist der Versicherungsschutz dort stark eingeschränkt.

    Eine Ausnahme bildet der Seeverkehr: Transporte zu den Häfen im Großraum Odessa sind weiterhin versicherbar und unterliegen spezifischen Risikobewertungen durch internationale Versicherer.

    Umweltrisiken könnten zunehmen

    Zu den zentralen Umweltrisiken der Region zählen Bodenverunreinigungen – ein besonders kritischer Faktor für die stark landwirtschaftlich geprägte Oblast. Hinzu kommt eine hohe Anfälligkeit für die Folgen des Klimawandels: Sowohl zunehmende Dürreperioden als auch extreme Niederschläge beeinträchtigen die landwirtschaftliche Produktivität erheblich.

    Ein weiteres Risiko betrifft die maritime Infrastruktur: Die Seeschifffahrt in der Region wird durch das Vorhandensein von Seeminen erheblich eingeschränkt, was nicht nur die Sicherheit, sondern auch die wirtschaftliche Nutzung der Seewege gefährdet.

    Für die Ukraine gilt aufgrund der bestehenden Sicherheitslage eine Reisewarnung. Sie gilt grundsätzlich für alle Reisenden unabhängig vom Reisezweck. Institutionen und Personen die aus übergeordneten Gründen in die Ukraine reisen oder für einen längeren Zeitraum dort tätig sein wollen, müssen die Notwendigkeit und das individuelle Risiko jeder Reise sehr genau abwägen und in eigener Verantwortung entscheiden. Teil dieser Abwägung müssen das Bewusstsein einer möglichen individuellen Gefährdung sowie ein sorgfältig und professionell ausgearbeitetes Sicherheitskonzept sein. Konsularische Betreuung ist  nur sehr eingeschränkt möglich. Alle, die sich trotz Reisewarnung für einen Aufenthalt vor Ort entscheiden, müssen - ggf. mit Hilfe von Sicherheitsdienstleistern - für ihre eigene Sicherheit und ihr eigenes Evakuierungskonzept Sorge tragen. Wir empfehlen in diesem Fall außerdem, sich in die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts einzutragen. Auf die aktuellen Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts einschließlich des Haftungsausschlusses wird verwiesen. Zu beachten ist ferner, dass bei Reisen in die Ukraine auch eine akute nachrichtendienstliche Bedrohung für schützenswerte Inhalte dienstlicher und privater Natur besteht.

    Sollte eine Reise unabdingbar sein, müssen sich Reisende selbst über die derzeitige Lage informieren, worüber zahlreiche privatwirtschaftliche Plattformen aktuelle Informationen anbieten:

    1. War Risks in Ukraine Data Platform
    2. Armed Conflict Location & Event Data
    3. DeepStateMAP
    4. Institute for the Study of War
    5. LiveUAMap

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