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Wirtschaftsumfeld | Kroatien | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Rekordbeschäftigung und knappe Ressourcen: Kroatiens Arbeitsmarkt stellt Unternehmen vor Probleme. Der Wettbewerb um Fachkräfte wird immer schärfer.

Von Kirsten Grieß | Zagreb

Kroatiens Arbeitsmarkt zeigt sich so robust wie seit Jahrzehnten nicht. Ende Mai 2025 sank die Arbeitslosenquote auf 4,1 Prozent, der niedrigste Stand seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1991. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen lag bei nur noch rund 73.000 Personen, während die Erwerbstätigkeit mit 1,76 Millionen Beschäftigten ein neues Allzeithoch erreichte.

Nach Alter und Geschlecht bestehen bei der Arbeitslosigkeit in Kroatien nur geringe Unterschiede. Ein ausgeprägtes Ungleichgewicht weist aber die regionale Verteilung auf: Die höchsten Arbeitslosenquoten gibt es in Slawonien, dem dalmatinischen Hinterland sowie südlich von Karlovac und Sisak. Günstiger ist die Lage in Zagreb, Istrien, Primorje-Gorski kotar und den nördlichen Regionen Varaždin und Međimurje.

Kroatien im weltweiten Vergleich

Kroatien im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

Beschäftigungsquote nähert sich EU-Durchschnitt

Beim Beschäftigungszuwachs gehört Kroatien zu den Spitzenreitern in der EU. Laut Daten von Eurostat belegte das Land im 1. Quartal 2025 Rang 3 unter den Mitgliedstaaten, gleich hinter Malta und Irland. Bemerkenswert ist die Entwicklung vor allem angesichts des schrumpfenden Arbeitskräftepotenzials: Abwanderung und ein rückläufiges Bevölkerungswachstum lassen die Zahl verfügbarer Erwerbstätiger seit Jahren sinken. Der Beschäftigungsanstieg verstärkt damit den Druck auf den ohnehin angespannten Arbeitsmarkt.

Die Beschäftigungsquote der 15- bis 64-Jährigen lag laut Eurostat 2024 bei 68,3 Prozent. Das ist ein Plus von 2,5 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Damit nähert sich Kroatien dem EU-Durchschnitt von knapp 71 Prozent. Allerdings bleibt die Erwerbsbeteiligung der über 55-Jährigen besonders niedrig und der Anteil von Frührentnern sehr hoch. Eine kürzlich beschlossene Reform des Rentenversicherungsgesetzes soll gegensteuern: Ab 1. Januar 2026 können Personen, die über das gesetzliche Rentenalter von 65 Jahren hinaus in Vollzeit arbeiten, zusätzlich die Hälfte ihrer Rente beziehen.

Fachkräftemangel bleibt unternehmerisches Risiko

Der kroatische Arbeitsmarkt ist seit Jahren angespannt, qualifizierte Fachkräfte fehlen in nahezu allen Branchen. Besonders ausgeprägt ist der Engpass bei tourismusnahen Dienstleistungen. Auch die Bauwirtschaft, die IT-Branche und der Bildungssektor sind stark betroffen. Für deutsche Unternehmen ist der Mangel an qualifiziertem Personal längst zu einem Geschäftsrisiko geworden: In der Frühjahrsumfrage der AHK Kroatien (Deutsch-Kroatische Industrie- und Handelskammer) nannten fast 50 Prozent der Mitgliedsunternehmen den Fachkräftemangel als zentrale Hürde im Kroatiengeschäft.

Kroatiens Fachkräftemangel ist in erster Linie eine Folge von Abwanderung. Seit 1990 ist die Bevölkerung um rund ein Fünftel auf 3,87 Millionen Personen gesunken. Der Wegzug vieler Kroaten war und ist vor allem finanziell motiviert, da im benachbarten Slowenien oder in Österreich deutlich höhere Löhne gezahlt werden. Inzwischen deutet sich jedoch eine Trendwende an: Unternehmen berichten von immer mehr Rückkehrern – begünstigt durch die konjunkturelle Lage in Europa und das starke kroatische Lohnwachstum der letzten Jahre.

Duale Berufsbildung wird praxisorientiert reformiert

Deutsche Unternehmen treffen in Kroatien auf ein solides Bildungsniveau. Ein Großteil der Bevölkerung verfügt über gute Fremdsprachenkenntnisse. Besonders verbreitet sind Englisch und Deutsch, in Teilen Dalmatiens auch Italienisch. Im jährlichen IMD World Talent Ranking belegte Kroatien 2024 Platz 51 von 67 Ländern. Der Report bewertet, inwieweit Länder Talente entwickeln, anziehen und halten können. Die besten Ergebnisse erzielte Kroatien in der Kategorie "Investitionen in Ausbildung und persönliche Entwicklung".

Auch das akademische Niveau technischer Hochschulen in Kroatien gilt als hoch. Dennoch zeigt sich eine Diskrepanz zwischen Ausbildung und Arbeitsmarktbedarf. Examinierte sind häufig überqualifiziert oder verfügen nicht über Abschlüsse in gefragten Fachrichtungen. Unternehmensinterne Aus- und Weiterbildungen über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach Einstellung von Jungstudierten sind nicht unüblich.

Seit 2013 ist die duale Berufsausbildung gesetzlich verankert. Erste Module wurden von der AHK Kroatien gemeinsam mit Unternehmen entwickelt und landesweit eingeführt. Für einen flächendeckenden Durchbruch fehlte bislang allerdings die staatliche Flankierung. Doch das könnte sich bald ändern: Nach einer Reform des Berufsbildungssystems soll ab Herbst 2025 nach modularen Lehrplänen unterrichtet werden, was eine stärkere Praxisorientierung verspricht. Außerdem will die Regierung ein Berufsbildungsförderprogramm wieder auflegen. Dafür sind bis zu 60 Millionen Euro vorgesehen.

Weniger Ausländer, dafür mehr Rückkehrer

Um den steigenden Arbeitskräftebedarf zu decken, ist Kroatien auf Zuwanderung aus Drittstaaten angewiesen. Laut Innenministerium erhielten 2024 über 206.000 Personen aus Nicht-EU-Ländern eine Arbeitsgenehmigung. Besonders gefragt sind ausländische Arbeitskräfte im Tourismus, Gastgewerbe und auf dem Bau. Während viele Beschäftigte traditionell aus Bosnien und Herzegowina oder Serbien stammen, wuchs zuletzt der Anteil von Zugewanderten aus Ländern wie Nepal und den Philippinen spürbar.

Laut Schätzungen des kroatischen Arbeitgeberverbands könnte der Bedarf bis 2030 auf eine halbe Million zugewanderte Personen steigen. Doch aktuell geht der Trend eher in die andere Richtung: In den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 wurden deutlich weniger Arbeitserlaubnisse erteilt als im Vorjahreszeitraum. Ein neues Ausländergesetz der nationalkonservativen Regierung beschränkt den Zuzug durch strengere Verfahren. Immerhin gibt es immer mehr Rückkehrende mit kroatischen Wurzeln, die in die Heimat zurückkehren. Arbeitsmarktfachleute sprechen von einem spürbaren Trend, der auch durch das staatliche Förderprogramm "Ich wähle Kroatien" ("Biram Hrvatsku") begünstigt wird. Dieses sieht seit 2022 Zuschüsse für Rückkehrwillige vor, um ihnen den Weg in die Selbständigkeit zu erleichtern.

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