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Branchen | Indien | Medizintechnik

Marktentwicklungen und -trends

Das Interesse an neuer Medizintechnik wächst, auch weil die Gesundheitsinfrastruktur ausgebaut wird. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Indiens Gesundheitssektor soll ausgebaut werden. Das Land investiert nur etwas über ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die öffentliche Infrastruktur. Bis 2025 wird ein Wert von 2,5 bis 3 Prozent angestrebt. Die Denkfabrik NITI Aayog schätzte das Marktvolumen des Healthcare Sektors 2022 auf 372 Milliarden US-Dollar (US$).

Die Nachfrage nach Medizintechnik nimmt zu

Vom Wachstum profitiert die Medizintechnikbranche. Allerdings ist die Datenlage dazu vielfach spärlich, sodass viele Angaben zur Marktgröße Schätzungen sind und teilweise stark variieren. Experten beziffern sie für 2022 auf einen Wert zwischen 11 Milliarden und 12 Milliarden US$ für das Jahr 2021. Die International Trade Administration gibt die Größe des indischen Medizintechnikmarktes für 2021 mit rund 11,4 Milliarden US$ an. Abweichungen kommen oft durch unterschiedliche Definitionen von Medizintechnik zustande. Die genaue Marktgröße ist zwar unklar, allerdings sind sich alle Analysten einig was die Prognosen angeht und sagen ein Wachstum voraus. 

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Die Analysten von Ernest & Young haben die Branche 2020 untersucht. Sie halten ein Wachstum des Marktes auf bis zu 50 Milliarden US$ im Jahr 2050 für möglich. Diese Prognose wird auch weiterhin von Branchenkennern genutzt. Seit der Coronapandemie hat der Gesundheitssektor viel Aufmerksamkeit erhalten. Vielfach war erkennbar, dass ein Mangel an Gesundheitseinrichtungen besteht. Daher erfolgt nun ein Ausbau der Gesundheitsversorgung und neue private sowie öffentliche Versorgungszentren entstehen. Indiens Finanzministerin hat zuletzt betont, dass neben dem Wirtschaftswachstum der Gesundheitssektor im Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) zu den Prioritäten der Regierung gehören wird. Das dürfte ein Grund für den prognostizierten Anstieg der Umsätze mit Medizintechnik über alle Produktgruppen hinweg sein.   

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Die Nachfrage nach Medizintechnik wird überwiegenden von Einrichtungen zur Tertiärversorgung ausgelöst. Private Klinikketten beschaffen ihre Geräte über zentrale Einkaufsabteilungen. Großen staatliche Krankenhäuser schreiben den Bedarf über eine elektronische Procurement-Plattform der Zentralregierung oder der Bundesstaaten aus, kleinere lokale Einrichtungen über die jeweiligen regionalen Träger. Die Nachfrage im Hochpreissegment geht größtenteils vom Privatsektor aus, während die öffentlichen Einrichtungen im niedrigen und mittleren Preissegment sowie bei gebrauchter Medizintechnik stärker vertreten sind.

Nachfrage nach gebrauchter Medizintechnik existiert

Im preissensiblen indischen Markt ist gebrauchte Medizintechnik für Käufer attraktiv. In einigen der besser ausgestatteten Kliniken bilden sie Ersatz für den Notfall und in kleineren Kliniken sind sie eine preisgünstige Alternative in der Anschaffung. Nach Angaben der Medical Technology Association of India (MTal) ist der überwiegende Teil der gebraucht eingeführten Medizintechnik keine Markenware, worunter die Qualität leidet. Auf Beschränkungen bei der Einfuhr weist die International Trade Administration hin. So müssen gebrauchte Geräte beispielsweise eine verbleibende Nutzungszeit von mindestens fünf Jahren haben und dürften während dieser Zeit mit Ausnahmegenehmigungen weiterverkauft werden.

Neue Leitlinien für die zukünftige Entwicklung der Branche

Mit dem Entwurf für eine National Medical Device Policy unterstreicht Indiens Regierung die Bedeutung, die sie der Medizintechnikbranche beimisst. Das Dokument gilt als Grundlage für die zukünftige Entwicklung der Branche, insbesondere im Hinblick auf die Regulierung. Des Weiteren soll die Policy dabei helfen, das Umfeld für Forschung und Entwicklung in Indien zu verbessern, Humankapital aufzubauen sowie Leitlinien für Förderung besser zu gestalten. Es bleibt abzuwarten, wie die Policy in der Endfassung aussehen wird und welche Wirkung sie dann entfaltet. Wann das Werk verabschiedet wird, ist derzeit noch unklar. 

Die Gesundheitsinfrastruktur wächst

Im Rahmen der Ayushman Bharat Health Infrastructure Mission werden über 8 Milliarden US$ für den Auf- und Ausbau von Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Die Mittel sollen bis 2026 fließen. Es sind mehrere Tausend Gesundheits- und Versorgungszentren geplant. Außerdem sollen in über 600 Distrikten notfallmedizinischen Zentren geschaffen werden. Ferner sind die Errichtung von Laboren auf Bio-Safety Level III und vier National Institutes for Virology angedacht. Hinzu kommt die Erhöhung der Anzahl der All India Institute of Medical Sciences von derzeit 19 im Betrieb auf 22. 

Große Klinikketten bauen ihre Versorgung ebenfalls aus. Die Investitionen finden überwiegend in den urbanen Zentren statt. Die Kosten für Bauland oder technische Ausstattungen lohnen sich meist nur dort, denn hier können die Unternehmen profitable Preise für die Behandlungen verlangen. Außerdem ist es für die Unternehmen hier einfacher, qualifiziertes Personal zu finden. Wichtiger wird zudem der Medizintourismus. Die International Trade Administration schätzt, dass dieser Teilbereich mittlerweile 2 Milliarden US$ zum indischen Gesundheitsmarkt beisteuert. Um zahlungskräftige Patienten anzuziehen, muss jedoch entsprechend attraktive Infrastruktur mit modernen Behandlungsmethoden vorhanden sein.    

Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Indien (Auswahl, Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

Projekt

Investitionssumme

Anmerkung

Internetadresse

Neubau und Modernisierung der staatlichen All India Institute of Medical Sciences (AIIMS)

3.165

Laufzeit bis 2026; von insgesamt 22 Projekte sind 6 abgeschlossen

Pradhan Mantri Swasthya Suraksha Yojana, Ministry of Health and Family Welfare

Neubau und Erweiterung des Krankenhauses, Anbau von 3.000 Betten und 50 neuen Operationssälen

1.108

Laufzeit bis 2024; die Genehmigung des Gesundheitsministeriums der Union steht noch aus. 

AIIMS - All India Institute Of Medical Science, New Delhi

Angekündigt und Investitionen im Haushalt 2022-23 des Bundesstaates Maharashtra im März 2022 bereitgestellt

642

Angekündigt und Investitionen im Haushalt 2022-23 des Bundesstaates Maharashtra im März 2022 bereitgestellt

Maharashtra State Government

Der Bau des Medicity-Projekts in Jammu und Kaschmir wird voraussichtlich 12.553 Arbeitsplätze, 5.865 Betten und etwa 1.000 Plätze für medizinische Studiengänge schaffen.

560

Laufzeit bis 2025 

Regierung von Jammu und Kashmir und Direktorat für Industrie und Handel, Kashmir

Verdoppelung der Bettenkapazität mit fast 2.840 zusätzlichen Betten in mehreren Phasen

348

Fertigstellung für 2026/2027 geplant

Max Healthcare

Einrichtung von 3 Krankenhäusern (Telangana Institute of Medical Sciences) mit einer Kapazität von jeweils 1.000 Betten; bestehend aus 26 Operationssälen, 300 ICU-Betten (Intensivstation) und Sauerstoffversorgung 

328

Laufzeit bis Ende 2024; Ausschreibung erfolgt

Regierung des Bundesstaates Telangana und Telangana Straßen- und Hochbauamt

Erweiterungspläne für eine Kapazität von 3.000 Betten in Südindien 

122

Laufzeit bis 2025 

Sri Kauvery Medical Care (India) Limited (Kauvery Hospitals)

Einrichtung von zwei medizinischen Einrichtungen, einer med-city Super-Spezialklinik und einer Krebsklinik in Ghaziabad, Uttar Pradesh

98

Laufzeit bis 2024

Yashoda Foundation, Yashoda Hospital mit Sitz in Nehru Nagar

Der Expansionsplan sieht vor, mehr als 600 Betten hinzuzufügen und 5.000 Arbeitsplätze zu schaffen, womit es sich um die größte Einrichtung eines Privatunternehmens in Westindien handeln wird.

86

Laufzeit bis 2024

Nanavati-Max-Krankenhaus in Mumbai

Bau eines Fachkrankenhauses mit 550 Betten in Trivandrum, Kerala, das voraussichtlich 2.000 neue Arbeitsplätze schaffen wird

61

Laufzeit bis 2026

Aster DM Healthcare

Umrechnungskurs der Federal Reserve Bank am 25. November 2022: 1 US$ = 81,73 i.R.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2022

Das Gesundheitssystem ist zweigeteilt

Indiens Gesundheitsversorgung ist ein Zweiklassensystem. Zwar gibt es zahlreiche öffentliche Gesundheitseinrichtungen, allerdings sind diese zumeist personell und technisch schlecht ausgestattet. Oft bieten sie nur eine Basisversorgung. Private Einrichtungen erreichen bisweilen internationale Standards, was Ausstattung und Versorgungsniveau angeht. Die Behandlungen sind dort allerdings vergleichsweise teuer und die vorhanden Kapazitäten sehr gering in Relation zur Bevölkerungsgröße. Im ländlichen Raum und kleineren Städten herrscht größtenteils eine medizinische Unterversorgung. 

Wenngleich sich die Versorgung in der Breite in den letzten Jahren verbessert und die Coronapandemie den Aufbau weiterer Kapazitäten zur Folge hat - mit 0,9 Ärzten und 1,4 Klinikbetten je tausend Einwohnern belegt der Subkontinent im globalen Vergleich weiterhin hintere Plätze. Das Institute Montaigne schätzte Ende 2020, dass 62 Prozent der Gesundheitsinfrastruktur Indiens durch den Privatsektor gestellt wurde. Seitdem dürfte sich der Wert nicht wesentlich verändert haben. Die im September 2022 von der Regierung veröffentlichten National Health Estimates für 2018/2019 gaben an, dass die private getragenen Gesundheitsausgaben (out-of-pocket expenses) rund 48 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben betrugen. Das war ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren. Die Weltgesundheitsorganisation merkte in einer Studie aus dem Jahr 2022 dennoch an, dass eine Gesundheitsbehandlung dadurch schnell zur finanziellen Bürde für Patienten werden kann.

Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Indien

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2022 in Mio.)1

1.417,2

Bevölkerungswachstum (2022 in % p.a.)1

0,7

Altersstruktur der Bevölkerung (2022)1

  Anteil der unter 14-Jährigen (in %)1

25

  Anteil der über 65-Jährigen (in %)1

7

Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2022 in Jahren)1

67,7

Durchschnittseinkommen (2022 in US$)1

2.466

Gesundheitsausgaben pro Kopf (2019/20 in US$)2,4,5

73,3

Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2021/22 in %)2,3

2,1

Ärzte/100.000 Einwohner (2021)

92,5

Zahnärzte/100.000 Einwohner (2022)

20,7

Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2020), davon

142,8

  privat

84,9

  öffentlich

59,1

1) Schätzungen; 2) Finanzjahre jeweils vom 1. April bis 31. März; 3) nur öffentliche Ausgaben; 4) Wechselkurse der Federal Reserve Bank jeweils zum 31.3.: 1 US$ = 75,24 i.R.; 5) öffentliche und privat getragene AusgabenQuelle: United Nations 2022; Internationaler Währungsfonds 2022; One Health Trust 2020; National Health Profile for 2021 2022; Dental Council of India 2022; Economic Survey 2022; Ministry of Health and Family Welfare 2022; Technopack 2020

Die Primärversorgung in ländlichen Regionen findet überwiegend in sogenannten Sub Centres und Primary Health Centres statt. Dort beschränkt man sich hauptsächlich auf Diagnose, Ausgabe von Arzneimitteln und Überweisung zur Weiterbehandlung an Community Health Centres, Sub-district (Sub-divisional) Hospitals oder District Hospitals. In der genannten Reihenfolge verfügen diese über einen aufsteigenden Ausstattungsgrad und Möglichkeiten für Behandlungen durch Spezialisten. In den Großstädten gibt es niedergelassene Ärzte und Spezialisten, überwiegend sind aber auch hier die Kliniken die erste Anlaufstelle für Patienten.

Gesundheitseinrichtungen in Indien (Auswahl)

Einrichtungstypus 1) 2)   

Insgesamt 

Sub Centres (SC)

157.819

Primary Health Centres (PHCs)

30.579

Community Health Centres (CHCs)

5.951

Sub-district (Sub-divisional) Hospitals (SDH)

1.224

District Hospitals (DH)

764

Ayushman Bharat - Health & Wellness Centres (AB-HWCs) 3)

117.440

Insgesamt

313.777

1) Private Krankenhäuser sind nicht enthalten; 2) Daten bis März 2021; 3) Daten bis März 2022.Quelle: Rural Health Statistics 2022; Ayushman Bharat - Health and Wellness Centres Booklet 2022.

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