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Politische Ziele

Polens Regierung schraubt die Ausbauziele für Fotovoltaik deutlich nach oben. Fördergelder unterstützen den Ausbau. Wichtige Reformen lassen hingegen auf sich warten.

Von Christopher Fuß | Warschau

Keine Energiequelle in Polen wächst so schnell wie die Fotovoltaik. Die installierte Leistung stieg 2022 im Jahresvergleich laut Energieagentur ARE (Agencja Rynku Energii) um fast 60 Prozent auf 12,1 Gigawatt. Damit hat Polen die selbstgesteckten Ziele deutlich übertroffen. In einer 2021 veröffentlichten Energiestrategie (Polityka Energetyczna Polski, PEP2040) hieß es noch, der Fotovoltaik-Sektor werde bis 2030 auf gerade einmal 7 Gigawatt zulegen. Der größte Wachstumsmotor sind Kleinstanlagen auf den Dächern von Privathaushalten und Firmen. Die sogenannten Prosumenten (Konsumenten, die zugleich Produzenten sind) machen heute rund 70 Prozent des Marktes aus.

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Großanlagen werden an Bedeutung gewinnen

Die Wachstumsdynamik scheint auch in Zukunft nicht abzureißen. Der staatliche Übertragungsnetzbetreiber PSE (Polskie Sieci Elektroenergetyczne) geht davon aus, dass zwischen 2023 und 2032 weitere Fotovoltaik-Kraftwerke mit insgesamt 20 Gigawatt ihren Betrieb aufnehmen werden – und das sogar ohne Berücksichtigung der populären Kleinstanlagen.

Daten der Netzaufsicht URE (Urząd Regulacji Energetyki) bestätigen den Trend. Energieerzeuger ab einer Gesamtleistung von 50 Megawatt müssen der Behörde regelmäßig ihre Ausbaupläne melden. Die Leistung von Fotovoltaik-Großanlagen wird demnach zwischen 2022 und 2036 um mehr als das 70-fache steigen. 

Das Klimaministerium hat, angesichts der rasanten Entwicklungen, eine überarbeitete Energiestrategie angekündigt. Polens Regierung will damit auch die neue Ausgangslage nach Russlands Überfall auf die Ukraine berücksichtigen. Im Laufe des Jahres 2023 soll die aktualisierte Energiestrategie fertig werden. Details sind schon durchgesickert. Laut Tageszeitung DGP (Dziennik Gazeta Prawna) liegt die neue Zielmarke für Fotovoltaik bis 2030 bei 27 Gigawatt - und damit fast viermal so hoch wie in der alten Energiestrategie.

Umweltschutz scheint bei den Überlegungen nicht die einzige Rolle zu spielen. Klimaministerin Anna Moskwa erklärte im Interview mit dem Portal WNP.pl: „Der wichtigste Faktor ist die Energiesicherheit.“ Kohle, heute der bedeutendste Energieträger in Polen, wird voraussichtlich auch in Zukunft eine Rolle spielen. So will zum Beispiel laut Zeitungsberichten die Partei Solidarna Polska, die Mitglied in der Regierungskoalition ist, dass weiterhin neue Braunkohlereviere erschlossen werden können. 

Polen unterstützt Solarausbau mit Fördergeldern 

Ein Element der Energiestrategie sind Förderprogramme. Der staatliche Umweltfonds (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej, NFOŚiGW) übernimmt im Rahmen der Programme Mein Strom (Mój Prąd) und Saubere Luft (Czyste Powietrze) Teile der Kosten für Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern. Polen stockt die Zuschüsse sogar noch auf. Interessenten können ab April 2023 im Rahmen von Mein Strom bis zu 12.300 Euro beantragen. Zuvor lag die Höchstförderung bei knapp 6.600 Euro. Das Programm Saubere Luft hatte Polens Klimaministerium bereits Anfang 2023 erweitert. 

Die Einspeisevergütung für Prosumenten orientiert sich seit April 2022 an den Preisen an der Strombörse. Privatpersonen, die vor April 2022 einen Netzanschluss beantragt hatten, können bis zu 80 Prozent der eingespeisten Strommenge kostenlos aus dem Netz beziehen.

Die staatliche Bank BGK (Bank Gospodarstwa Krajowego) unterstützt den Bau von Fotovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern. Im Rahmen des Programms Zuschüsse für Erneuerbare (Grant OZE) übernimmt das Finanzinstitut bis zu 50 Prozent der Investitionskosten. Die Einspeisebedingungen sind profitabler als bei Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern.

Günstige Kredite bietet der NFOŚiGW Firmen an, die Paneele auf ihren Dächern installieren. Das Programm Energie für das Dorf (Energia dla wsi) hilft hingegen Landwirten bei der Finanzierung von Fotovoltaik-Investitionen. Klimaministerin Anna Moskwa kündigte an, dass bis Ende 2023 EU-finanzierte Maßnahmen anlaufen, die den Einsatz von Erneuerbaren Energien für Unternehmen schmackhafter machen sollen.

Direktlieferverträge zwischen Energieerzeuger und einem gewerblichen Abnehmer sind in Polen bekannt, fristen aber wegen fehlender rechtlicher Rahmenbedingungen ein Nischendasein. Die Regierung hat Nachbesserungen angekündigt. 

Seit 2016 organisiert URE Energieauktionen. Besitzer von gewerblichen Fotovoltaikanlagen können mithilfe dieses Mechanismus einen Teil ihres Stromes über Differenzkontrakte mit einer Laufzeit von 15 Jahren verkaufen. Das Kabinett hat in einer Verordnung festgelegt, wie viel Energie bis 2027 versteigert werden soll. Angesichts der unsicheren Lage am Energiemarkt verlor das Steuerungsinstrument zuletzt an Bedeutung. Im Jahr 2022 gab es nur für 25 Prozent des ausgeschriebenen Stroms einen Anbieter.

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Ohne leistungsfähige Netze geht es nicht

Als Hürde beim weiteren Ausbau der Fotovoltaik gelten die Stromnetze. Wie der Thinktank Polityka Insight berichtet, sind mehr als dreiviertel aller Mittel- und Hochspannungsleitungen älter als 25 Jahre. Verteilnetzbetreiber lehnen immer häufiger den Anschluss neuer Kraftwerke ab. Geplante Gesetzesänderungen sollen darum Planungsverfahren beim Netzausbau beschleunigen und Direktleitungen zwischen Kraftwerken und Abnehmer ermöglichen. 

Das Klimaministerium verweist auf die Investitionspläne der Netzbetreiber. Demnach fließen zwischen 2020 und 2025 rund 11 Milliarden Euro in neue Leitungen. Bis 2030 kommen noch einmal 13 Milliarden Euro hinzu. Das Problem: Viele Investitionsprojekte existieren nur auf dem Papier. Ein Transformationsfonds (Fundusz Transformacji Energetyki), der Gelder aus dem Verkauf von Emissionsrechten erhält, sollte die Finanzierung des Netzausbaus sichern. Der Fonds kam bislang nicht über die Konzeptphase hinaus. Branchenvertreter üben auch Kritik auch an einer geplanten Reform im Raumplanungsrecht. Das Gesetz schaffe, je nach Art des Grundstücks, neue bürokratische Hürden für Solarparks - so die Befürchtung.

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