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Recht kompakt | China | Vergaberecht

China: Öffentliche Vergabe

Das chinesische Vergaberecht wird im Wesentlichen durch zwei Kerngesetze geregelt: das Vergabegesetz sowie das Ausschreibungsgesetz. 

Von Julia Merle, Robert Herzner, Frauke Schmitz-Bauerdick

China ist kein Mitglied des Government Procurement Agreements. Seit 2007 laufen allerdings Beitrittsverhandlungen.

Rechtsgrundlagen

Das Vergabegesetz (Government Procurement Law (VergG), zuletzt überarbeitet im Jahr 2014) regelt die Auftragsvergabe seitens zentraler oder lokaler Regierungseinheiten und öffentlicher Träger, das Ausschreibungsgesetz (Public Bidding Law oder Tendering and Bidding Law (AusschreibungsG) von 1999, zuletzt überarbeitet mit Wirkung ab dem 28. Dezember 2017, ist Rechtsgrundlage für die Vergabe von Aufträgen seitens State-Owned Enterprises, vorrangig in Bezug auf infrastrukturelle Großprojekte. Überarbeitungen beider Gesetze sind geplant: Ende 2019 wurde ein Überarbeitungsentwurf des AusschreibungsG veröffentlicht. Der aktuelle Änderungsentwurf des VergG konnte bis 14. August 2022 kommentiert werden (Chinesisch).

Das öffentliche Beschaffungswesen wird fast ausschließlich in chinesischer Sprache abgewickelt und die grundsätzliche Vorzugsbehandlung inländischer Anbieter ist gesetzlich vorgeschrieben. So darf die Durchführung von Baudienstleistungen nur durch ansässige Unternehmen erfolgen. Das VergG schreibt in Art. 10 die Bevorzugung einheimischer Güter und Dienstleistungen vor, es sei denn (unter anderem), diese seien in China nicht verfügbar. Zudem können zentrale und regionale Behörden nur die im jeweiligen Central Procurement Catalogue gelisteten Güter und Dienstleistungen ordern. Auch unter dem AusschreibungsG gelten Local-Content-Voraussetzungen. Zur erfolgreichen Teilnahme an einem Vergabeverfahren ist regelmäßige Mindestvoraussetzung, eine eigene Niederlassung in China zu unterhalten.

Artikel 16 des am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Foreign Investment Law bestimmt, dass der Staat gewährleistet, dass ausländisch investierte Unternehmen im Einklang mit dem Gesetz durch fairen Wettbewerb an öffentlichen Beschaffungsaktivitäten teilnehmen können. Innerhalb Chinas produzierte Waren und angebotene Dienstleistungen ausländisch investierter Unternehmen sollen dabei gleichberechtigt behandelt werden.

Projekte der internationalen Zusammenarbeit, die beispielsweise von der Weltbank, der Asian Development Bank oder deutschen Institutionen wie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanziert werden, unterliegen eigenen Vergabevorgaben und gerade nicht den Voraussetzungen des chinesischen Rechts. Informationen zu internationalen Projekten finden sich auf der GTAI-Länderseite China in den Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

Ausschreibungsinformationen

Das VergG unterscheidet die zentralisierte und die dezentralisierte Vergabe. Erstere führen Zentrale Vergabestellen für die den Auftrag vergebende öffentliche Stelle durch, dezentralisierte Verfahren können wahlweise durch die den Auftrag vergebende Behörde selbst, eine zwischengeschaltete Vergabestelle oder eine der Zentralvergabestellen durchgeführt werden.

Eine zentrale Anlaufstelle für Ausschreibungen fehlt. Die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen von weniger als 200.000 RMB läuft über ein Online-Bidding-System. Es existieren - häufig unterstützt durch Ministerien - wenige einschlägige Webseiten für Projektinformationen und Ausschreibungen. Staatliche Vergabeprojekte werden über ein Portal veröffentlicht. Ausschreibungen unter dem AusschreibungsG finden sich regelmäßig auf "Chinabidding.com" (chinesische Seiteenglische Seite registrierungspflichtig), regionale Projekte werden meist lediglich auf lokalen Seiten bekanntgegeben.

Vergabeverfahren

Die Erteilung eines öffentlichen Auftrages hat durch ein Vergabeverfahren zu erfolgen, wenn bestimmte - durch den Staatsrat beziehungsweise die regionale Volksregierung festgesetzte - Schwellenwerte überschritten werden. Artikel 26 VergG unterscheidet fünf Arten der Vergabe: öffentliche Ausschreibung, beschränkte Ausschreibung, Verhandlungsverfahren, freihändige Vergabe sowie Preisabfrage, wobei die Vergabe vorzugsweise im Wege der öffentlichen Ausschreibung erfolgen soll.

Um an einem Vergabeverfahren teilnehmen zu können, muss ein Unternehmen bestimmte Voraussetzungen erfüllen (Art. 22 VergG). Es muss zivilrechtlich in die Haftung genommen werden können, über einen guten geschäftlichen Leumund und Glaubwürdigkeit verfügen, in finanzieller Hinsicht leistungsfähig sein und eine ordnungsgemäße Buchführung vorweisen können. Zudem muss es über die notwendige Ausstattung sowie die professionelle und technische Erfahrung verfügen, um das Projekt durchführen zu können, es muss regelmäßig Steuern und Sozialabgaben bezahlt und darf sich in den letzten drei Jahren vor Antragstellung keines schwerwiegenden Gesetzesverstoßes schuldig gemacht haben. Mehrere Anbieter können sich zu einem Bieterkonsortium zusammenschließen, erfüllt jedes einzelne Mitglied die Voraussetzungen des VergG.

Wird der Zuschlag erteilt, ist der Beschaffungsvertrag danach innerhalb von 30 Tagen durch die Parteien zu unterschreiben. Öffentliche Aufträge sind privatrechtliche Verträge (vgl. Art. 43 VergG). Die Kündigung durch eine Partei ist nur dann erlaubt, wenn durch die Vertragserfüllung das nationale oder öffentliche Interesse bedroht wird (Art. 50 VergG). 

Rechtsmittel

Ein Vergabenachprüfungsverfahren soll auch möglich sein, Art. 51 bis 58 VergG. Es verläuft in drei Stufen: Der Teilnehmer an einem Vergabeverfahren, der seine Rechte als verletzt erachtet, muss Beschwerde gegen die Auftragsvergabe bei der vergebenden Behörde einlegen. Gegen deren Erwiderung kann der Beschwerdeführer Widerspruch bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einlegen, gegen deren Entscheidung er wiederum gerichtlich vorgehen kann. Die Einlegung von Beschwerde und Widerspruch hat nicht per se aufschiebende Wirkung; diese können aber die Vergabeaufsichtsbehörden für höchstens 30 Tage anordnen.

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