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Recht kompakt | Vereinigtes Königreich | Vergaberecht

Vereinigtes Königreich: Öffentliche Aufträge

Das britische Vergaberecht hat seit dem Brexit erhebliche Änderungen erfahren. (Stand: 16.10.2025)

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Die Ablösung des alten, auf EU-Recht basierenden Systems des Vergaberechts im Vereinigten Königreich ist ein Prozess, der spätestens mit dem Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 begann. Mit diesem Datum endete der Zugang zu der europäischen Vergabeplattform Tender Electronic Daily (TED), und gleichzeitig ging das neue britische System "Find a Tender" live. Seinen vorläufigen Abschluss fand der Prozess mit dem Inkrafttreten des Procurement Act 2023 am 24. Februar 2025. Ergänzt wird dieses Gesetz durch die Ausführungsbestimmungen in den Procurement Regulations 2024.

Das wichtigste Ziel: Vereinfachung

Der Procurement Act 2023 (PA 2023) schafft die vier parallelen Vergabeverfahren (allgemeine öffentliche Aufträge, Sektorenverordnung, Konzessionsvergabeverordnung und Verteidigung) ab. Er sieht nur noch ein Verfahren vor, begleitet von Sonderregelungen für die Beschaffung im Bereich Sicherheit und Verteidigung.

Auch bezüglich der Verfahrensarten ist eine Vereinfachung eingetreten. Die fünf Verfahrensarten im europäischen Recht (offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren, Verhandlungsverfahren, wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft) werden durch zwei ersetzt: "open procedure"und "competitive flexible procedure" (s. 20 (2) PA 2023). Erstere entspricht dem bekannten offenen Verfahren, Letztere gibt der ausschreibenden Behörde ein hohes Maß an Freiheit, natürlich nur im Rahmen der Grundprinzipien (insbesondere Fairness, Gleichbehandlung, Transparenz).

Materielle Regelungen

In inhaltlicher Hinsicht regelt der Procurement Act 2023 die Grundprinzipien, die jeder öffentlichen Vergabe zugrunde liegen: ein gutes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ("value for money"), die Mehrung des öffentlichen Nutzens, Transparenz und Integrität, und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung (s, 12 PA 2023). Außerdem müssen ausschreibende Behörden die besonderen Herausforderungen im Auge haben, denen sich kleinen und mittleren Unternehmen gegenüber sehen, wenn sie sich an einer Ausschreibung beteiligen. 

Eine wichtige Änderung im Vergleich zu der bisherigen Rechtslage ist das wichtigste Zuschlagskriterium: es gewinnt das vorteilhafteste Angebot (s. 19 PA 2023), während bisher der Zuschlag in der Regel dem wirtschaftlich vorteilhaftesten Angebot erteilt werden musste. Damit können nun auch andere Ziele als Wirtschaftlichkeit handlungsleitend sein, wie zum Beispiel Natur- und Klimaschutz, Soziales oder Sicherheitsaspekte.

Die Schwellenwerte für die Ausschreibungspflicht ergeben sich aus Anhang 1 zum PA 2023. Waren und Dienstleistungen für eine zentrale Regierungsstelle müssen ab einem Wert von £139,688 ausgeschrieben werden, für andere hoheitliche Träger ab £214,904. Für Bauaufträge gilt eine Schwelle von £5,372,609. 

In bestimmten Fällen sind Direktvergaben möglich, beispielsweise wenn nur ein Lieferant verfügbar ist, bei extremer Dringlichkeit oder zur Wiederholung bereits bestehender Dienste, wenn kein sinnvoller Wettbewerb möglich ist.

Die Rechtsmittel unterlegener Bieter richten sich nach den ss.100 ff. des PA 2023. Bieter können Ersatz für erlittenen Schaden verlangen, wenn sie infolge einer Pflichtverletzung keine faire Chance auf den Zuschlag hatten. 

Für Bieter aus Deutschland gelten die Regelungen des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem VK, dort insbesondere die Artikel 276 ff. sowie Anhang 25. Dieser weitet den Katalog der Ausschreibungen, zu dem EU-Unternehmen Zugang haben sollen, verglichen mit dem WTO-GPA noch einmal deutlich aus.   

 

Hinweis: Weiterführende GTAI-Informationen zum GPA finden Sie unter: WTO und öffentliche Beschaffung. Einen Überblick über Internationale Ausschreibungen und Projekte mit Informationen über aktuelle staatliche und ausgewählte private Vorhaben stellt GTAI online bereit (auf Deutsch).

 

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