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Branchen | Indien | Windenergie

Indiens Windenergiesektor zieht wieder Investoren an

Die Flaute in der Windbranche ist vorüber. Im 1. Halbjahr 2021 verdoppelten sich die Neukapazitäten. Offshore- und grüne Wasserstoffprojekte sollen für zusätzlichen Schub sorgen.

Von Boris Alex | New Delhi

Nachdem sich die Dynamik in der indischen Windindustrie schon 2019 und dann noch stärker im Krisenjahr 2020 abgeschwächt hatte, deuten die aktuellsten Daten zu den Neuinstallationen eine Erholung an. In den ersten neun Monaten des Jahres 2021 verdoppelte sich der Kapazitätszubau im Vergleich zur Vorjahresperiode auf 1,3 Gigawatt. Der Großteil des Ausbaus entfiel dabei auf Tamil Nadu und Gujarat, die mit 10 Gigawatt und 9 Gigawatt auch die Liste der Bundesstaaten mit den größten Windkapazitäten anführen. Insgesamt waren Ende September 2021 Windkraftanlagen mit einer Leistung von fast 40 Gigawatt am Netz, so die Zahlen des Ministry of New and Renewable Energy (MNRE).

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Die Branche dürfte mittel- bis langfristig wieder stärker wachsen, so die Prognose des Global Wind Energy Council (GWEC). Der Verband geht in seiner Studie vom Juni 2021 davon aus, dass Indien bis 2025 neue Windkraftanlagen mit einer Leistung von 20 Gigawatt ans Netz bringen wird. Mitte des Jahres 2021 befanden sich Projekte mit rund 10 Gigawatt in der Pipeline. Laut GWEC dürfte ein Großteil des Zubaus auf Wind-Solar-Hybrid-Installationen - zum Teil auch mit angebundenen Batteriespeichern - entfallen. Die Regierung hatte im Mai 2018 erstmals die Richtlinien für solche Projekte definiert und damit eine Reihe von Investitionsankündigungen ausgelöst, unter anderem von den indischen Mischkonzernen Tata und Adani sowie dem größten staatlichen Stromerzeuger National Thermal Power Corporation (NTPC).

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Erneuerbare Energien zeigen großes Wachstumspotenzial

Trotz der wieder positiveren Aussichten bleibt der Ausbau der Windenergie hinter den Zielen der Regierung zurück. Ursprünglich sollten bis Ende 2022 Onshore-Windkraftanlagen mit 60 Gigawatt, im Offshorebereich mit 5 Gigawatt Kapazität ans Netz gehen. Zusammen mit Solar, Biomasse und kleinen Wasserkraftwerken bis 25 Megawatt waren bis dahin insgesamt 175 Gigawatt geplant. Dieses Ziel dürfte allerdings erst 2026 erreicht werden, prognostiziert die Indian Credit Rating Agency (ICRA). Die Analysten beziffern den Investitionsbedarf in den nächsten fünf Jahren auf mindestens 40 Milliarden US-Dollar (US$).

Die indische Regierung hat sich 2015 im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens dazu verpflichtet, den Ausbau der erneuerbaren Energien in der laufenden Dekade zu fördern und bis Ende 2030 Kapazitäten von 450 Gigawatt am Netz zu haben. Davon sollen 140 Gigawatt auf Onshore- und Offshore-Windkraftanlagen entfallen. Das Investitionsvolumen für alle regenerativen Energiequellen schätzt das MNRE in den nächsten zehn Jahren auf etwa 220 Milliarden US$. Angesichts der positiven Wachstumsaussichten konnte der Subkontinent auch seinen dritten Platz im aktuellen "Renewable Energy Attractiveness Index" von Ernst & Young verteidigen.

Projektentwickler setzen auf Wind-Solar-Hybrid-Anlagen 

Das Interesse an staatlichen Ausschreibungen von konventionellen Windkraftprojekten hatte sich bereits vor einiger Zeit deutlich abgekühlt. Wurden im Jahr 2018 noch Vorhaben mit knapp 7 Gigawatt vergeben, waren es in der Folgeperiode trotz eines fast gleich hohem Ausschreibungsvolumens nur noch 2,4 Gigawatt. Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurde dann auch das Tendervolumen verringert. Die Bundesstaaten boten 2020 überhaupt keine neuen Windprojekte mehr an. Die Zentralregierung schrieb 2020 noch 2,5 Gigawatt aus, wovon nur 1 Gigawatt vergeben wurde.

Ganz anders sieht die Situation bei Tendern zu Wind-Solar-Hybrid-Projekten aus: Hier wurden 2019 von den ausgeschriebenen 3,3 Gigawatt fast 3 Gigawatt vergeben. Im Krisenjahr 2020 fanden die gesamten offerierten 3 Gigawatt Abnehmer, die Auktionen waren dabei fast um das Dreifache überzeichnet, so die Analyse des GWEC. Bis Ende 2023 könnten Hybrid-Projekte mit zusammen 12 Gigawatt ans Netz gehen, prognostizierte das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) im Dezember 2020. Im Bundesstaat Gujarat befindet sich derzeit ein solcher Park mit einer Kapazität von 30 Gigawatt im Bau. Bis 2025 wollen unter anderem Adani Green Energy, NTPC und die Solar Energy Corporation of India (SECI) insgesamt 20 Milliarden US$ in das Segment investieren.

30 Gigawatt Offshore-Windkraft bis 2030 geplant

New Delhi versucht seit einigen Jahren, auch Investoren für Offshore-Windprojekte zu gewinnen, bislang aber ohne Erfolg. Der Subkontinent bietet mit seiner Küstenlänge von 7.000 Kilometern insbesondere in den Bundesstaaten Tamil Nadu, Kerala, Maharashtra und Gujarat gute Bedingungen hierfür. In der 2015 veröffentlichten National Offshore Wind Energy Policy hat das MNRE die technischen Rahmenbedingungen für Offshore-Windkraft formuliert. Indien wollte damit bis Ende 2022 mindestens 5 Gigawatt und bis 2030 sogar 30 Gigawatt Offshore-Kapazitäten ans Netz zu bringen. Das Potenzial beziffert das Ministerium auf insgesamt 127 Gigawatt.

Daneben soll die Herstellung von grünem Wasserstoff zusätzlichen Schub für die Wind- und Solarenergie bringen, so die Pläne der Regierung. Indien will in den nächsten Jahren zu einem der führenden Produzenten weltweit aufsteigen. Mit der im Februar 2021 angekündigten National Hydrogen Energy Mission sollen bis 2024 insgesamt 230 Millionen US$ an Haushaltsmitteln in Forschung und Entwicklung sowie in Pilotprojekte zur Herstellung von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energieträgern fließen.

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