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Rechtsbericht | Brasilien | Ausschreibungsregelungen

Brasilien: Öffentliche Aufträge

In Brasilien muss die Vergabe eines öffentlichen Auftrags der Verwaltung durch ein öffentliches Ausschreibungsverfahren erfolgen.

Von Dr. Julio Pereira, Jan Sebisch, Corinna Päffgen

Rechtsgrundlagen

Das Vergaberecht in Brasilien wird im Wesentlichen durch das Gesetz Nr. 14.133 vom 1. April 2021 (Lei de Licitações e Contratos Administrativos) geregelt.

Das Gesetz Nr. 14.133/21 enthält allgemeine Ausschreibungs- und Auftragsvergabevorschriften für die unmittelbare öffentliche Verwaltung, die Autarkien sowie die Stiftungen der Union, der Länder, des Bundesdistriktes und der Gemeinden. Das bedeutet, dass die neuen Rechtsnormen für alle Organe der Legislative und Judikative gelten, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, sowie für Sonderfonds und andere Einrichtungen, die direkt oder indirekt von der öffentlichen Verwaltung kontrolliert werden. Das Gesetz gilt für folgende Tätigkeiten: Verkauf und Einräumung von dinglichen Nutzungsrechten an Gütern, Kauf (einschließlich Sonderanfertigungen), Vermietung, Einräumung und Genehmigung der Nutzung von öffentlichen Gütern, Erbringung von Dienstleistungen (einschließlich spezialisierter technisch-professioneller Dienstleistungen), Architektur- und Ingenieurleistungen sowie Verträge im Bereich Informationstechnologie und Kommunikation.

Einige Behörden haben zudem ihre zusätzlichen eigenen Vergaberegelungen, dazu gehört zum Beispiel die Nationale Telekommunikationsbehörde (Agência Nacional de Telecomunicações – Anatel) und das Mineralölunternehmen Petrobas (Petróleo Brasileiro S.A).

Vergabeverfahren

Derzeit sind die wichtigsten Vergabearten nach dem Gesetz folgende:

  1. Wettbewerbsausschreibung (concorrência): An dieser Ausschreibung kann jede interessierte Partei teilnehmen, die in der Eignungsphase nachweist, dass sie die Mindestqualifikationen erfüllt.
  2. Preisausschreiben (concurso): Diese Modalität ist eine Aufforderung an die Parteien, technische, wissenschaftliche und künstlerische Arbeiten einzureichen. Die Gewinner erhalten Preise oder Geldbeträge gemäß der veröffentlichten Bekanntmachung in der Presse.
  3. Auktion (leilão): Der Verkauf beweglicher Sachen, die von der Verwaltung nicht mehr verwendet werden, und rechtmäßig beschlagnahmter Sachen oder Immobilien findet im Rahmen einer Auktion statt. Der Bieter erhält den Zuschlag, der das Gebot abgibt, das dem Wert der ermittelten Vermögenswerte entspricht oder darüber liegt.

Wichtig ist zudem der sogenannte Handelstag (Pregão), der im Gesetz 10.520/2002 vorgesehen ist. Der Pregão ist ein Verfahren, mit dem die öffentliche Verwaltung gemeinsame Güter und Dienstleistungen erwirbt, wobei das Beurteilungskriterium der niedrigste Preis oder der höchste Rabatt sein kann. Diese Modalität ist nicht anwendbar auf die Beschaffung von spezialisierten technischen Dienstleistungen mit überwiegend intellektuellem Charakter und die meisten Ingenieurleistungen.

Zusätzlich zu den derzeit vorgesehenen Modalitäten wurde mit dem Gesetz Nr. 14.133/21 eine Neuerung eingeführt: Der sogenannte wettbewerbliche Dialog (diálogo competitivo). Nach dem Gesetz ist der wettbewerbliche Dialog ein Verfahren für die Beschaffung von Bauleistungen, Dienstleistungen und Käufen, bei denen die öffentliche Verwaltung Dialoge mit Bietern führt, die zuvor anhand objektiver Kriterien ausgewählt wurden (Art. 6 XLII Gesetz Nr. 14.133/21). Der Zweck dieser Modalität ist, dass ein oder mehrere Bieter Alternativen anbieten können, die den Bedürfnissen der öffentlichen Verwaltung in bestimmten Situationen entsprechen.  

Der wettbewerbliche Dialog (diálogo competitivo) ist auf Aufträge in folgenden Fällen beschränkt:

  • technologische oder technische Innovation;
  • Unmöglichkeit, den Bedarf der öffentlichen Verwaltung ohne Anpassung der auf dem Markt verfügbaren Lösungen zu decken;
  • Fälle, in denen die öffentliche Verwaltung nicht über ausreichende technische Kenntnisse verfügt (Art. 32. Gesetz Nr. 14.133/21).

Mit anderen Worten, der wettbewerbliche Dialog (diálogo competitivo) wird in den Fällen angewandt, in denen die öffentliche Verwaltung einen komplexen Vertragsgegenstand auszuschreiben hat, aber nicht weiß, welche Lösung am besten geeignet ist, um den öffentlichen Bedarf zu decken. Die Verwaltung darf die Lösungsvorschläge oder die von einem Bieter mitgeteilten vertraulichen Informationen nicht ohne dessen Zustimmung an andere Bieter weitergeben.

Local-Content-Erfordernisse

In einigen Sektoren sind sogenannte Local-Content-Erfordernisse zu beachten. Rechtsgrundlage für diese Erfordernisse ist das Gesetz Nr. 12.349/10, das bei der öffentlichen Beschaffung die Bevorzugung von Produkten, die aus brasilianischer Fertigung stammen, und Dienstleistungen, die von einheimischen Dienstleistern erbracht werden, vorsieht. In verschiedenen Sektoren bestehen dabei Local-Content-Erfordernisse wie zum Beispiel im Automobilsektor, im Bereich der erneuerbaren Energien und der Medizintechnik.

Ausschreibungsinformationen

In Brasilien werden öffentliche Aufträge des Bundes und solche, die vom Bund mitfinanziert werden, im Diário Oficial da União veröffentlicht. Des Weiteren werden Ausschreibungen auf der Website ComprasNet des Ministeriums für Planung, Haushalt und Ausgaben veröffentlicht.

Ausschreibungen der Bundesstaaten und Kommunen werden im Gesetzesblatt des jeweiligen Bundesstaates und einer überregionalen Tageszeitung veröffentlicht.

Die Internetplattform ComprasNet ist die Schnittstelle zu dem sogenannten Sistema Integrado de Administração de Serviços Gerais (SIASG), einem computerbasierten System, welches die Umsetzung, Steuerung und Kontrolle aller Arten von Beschaffung in allen Phasen des Vergabeprozesses unterstützt und abbildet. Das SIASG enthält eine Bieterdatenbank, in der sich interessierte Parteien online registrieren und somit an den verschiedenen Vergabeverfahren teilnehmen können.

Einen Überblick über Projekte und Ausschreibungen in Brasilien mit Informationen über aktuelle staatliche und ausgewählte private Vorhaben, inklusive Finanzierer, Auftragsvolumen und Fristen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit stellt GTAI online bereit (auf Deutsch).

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