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Rechtsbericht EU Brexit

Brexit: Die Einreise zur Dienstleistungserbringung ab 2021

Das neue Abkommen über Handel und Zusammenarbeit schafft kaum Erleichterung: Die Erbringung von Dienstleistungen im Vereinigten Königreich wird komplizierter, oft sogar unmöglich.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Die Dienstleistungsfreiheit EU-VK hat geendet

Zwar gibt es einige Ausnahmen, die in unserem Rechtsbericht über Geschäftsreisende erläutert werden. Die neue Regel des neuen Freihandelsabkommens ist jedoch: Wer in das Vereinigte Königreich (VK) einreist, um dort Dienstleistungen zu erbringen, benötigt eine vorherige Genehmigung. Und deren Erteilung ist keineswegs garantiert. Dabei klingt Artikel 143 zunächst recht vielversprechend. Dort ist nämlich geregelt, dass die Parteien des Abkommens die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt von Erbringern vertraglich geschuldeter Dienstleistungen (contractual service suppliers – CSS) erlauben; dasselbe gilt für selbständig tätige Dienstleister (independent professionals). Außerdem soll es keine zahlenmäßigen Obergrenzen geben, ebensowenig eine vorherige Prüfung des wirtschaftlichen Bedarfs für die Dienstleistung. Und schließlich gibt es ein Verbot der Diskriminierung ausländischer Dienstleistungserbringer.

Allerdings sind diese Rechte nur im Rahmen konkreter Regelungen für bestimmte Branchen und Aktivitäten gewährleistet – und hier gibt es erhebliche Einschränkungen. Und selbst wenn diese Einschränkungen nicht gelten und alle anderen Anforderungen erfüllt sind: Die Beantragung der vorherigen Genehmigung ist aufwändig.  

Was ist ein „Erbringer vertraglich geschuldeter Dienstleistungen“?

Artikel 140 Absatz 5 Nr. (b) enthält die Definition des „contractual service supplier“. Und schon hier werden erhebliche Anforderungen gestellt. Ein CSS ist eine natürliche Person, die bei einer juristischen Person angestellt ist (keine Leiharbeitsverhältnisse), welche wiederum im Gastland keine Präsenz haben darf. Außerdem dürfen CSS keine Entlohnung aus dem Gastland erhalten. Der Arbeitgeber des CSS hat einen Dienstvertrag für eine Dauer von maximal 12 Monaten akquiriert, zu dessen Erfüllung die Anwesenheit natürlicher Personen im Gastland erforderlich ist. Diese natürlichen Personen müssen die betreffenden Dienstleistungen seit mindestens einem Jahr, gerechnet ab Beantragung der Einreise in das Gastland, als Beschäftigte des die Dienstleistungen erbringenden Unternehmens anbieten und zum Zeitpunkt der Antragstellung über mindestens drei Jahre Berufserfahrung in dem Tätigkeitsbereich verfügen, auf den sich der Vertrag bezieht. Überdies muss die betroffene natürliche Person einen Hochschulabschluss oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen und über die für die konkrete Tätigkeit erforderliche Berufsqualifikation verfügen.   

Die Liste mit Einschränkungen

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist lediglich die erste Hürde genommen. Es gibt weitere Einschränkungen - Anhang 22 des Abkommens enthält die konkreten Regelungen. Die wichtigste Information vorab: Nur wenn die konkrete Branche oder wirtschaftliche Aktivität dort ausdrücklich genannt ist, sind die Parteien des Freihandelsabkommens verpflichtet, Dienstleistungserbringer einreisen zu lassen. Es handelt sich also um eine Positivliste, oder anders formuliert: Die fragliche Aktivität ist für ausländische Dienstleister nicht zugelassen, außer, sie ist ausdrücklich genannt. Natürlich können die Parteien großzügiger sein und auch nicht ausdrücklich gelistete Aktivitäten erlauben. Aber es gibt keinen Anspruch, und eine solche Erlaubnis wäre auch jederzeit widerrufbar.

Welche Aktivitäten sind ausdrücklich erlaubt

In der Positivliste sind unter anderem Dienstleistungen aus den Bereichen Buchhaltung und Rechnungswesen, Steuerberatung, Architektur sowie Ingenieurwesen, Wartung und Reparatur bestimmter Maschinen sowie Bau und verwandte Ingenieurtätigkeiten genannt. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Die komplette Liste findet sich, getrennt nach angestellten und selbständigen Dienstleistern, in Anhang 22 des Abkommens.

Welche Einschränkungen gibt es

Die Positivliste, die ja eigentlich Dienstleistungen erlaubt, gilt für alle Länder. Sie unterliegt ihrerseits zahlreichen  nationalen Einschränkungen, gewissermaßen Rückausnahmen. Diese sind die sogenannten reservations (in etwa: Vorbehalte). Die dortigen CPC-Klassifizierungen beziehen sich auf die provisional CPC von 1991. Besonders auffällig: Sowohl die britische Seite als auch viele EU-Mitgliedstaaten (einschließlich Deutschland) übernehmen in der Baubranche, die ja auf der Positivliste vermerkt ist, keine Verpflichtung für Marktzugang – die reservations erstrecken sich auf nahezu alle Tätigkeiten.

Das Verwaltungsverfahren

Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Visum beantragt werden – frühestens drei Monate vor dem Arbeitsbeginn. Es handelt sich um ein Temporary Worker – International Agreement (Tier 5) Visum. Wichtigste Voraussetzung für die Beantragung ist, dass auf der britischen Seite ein so genanntes „sponsorship certificate“, ausgestellt durch einen licenced sponsor existiert. Mit diesem certificate erklärt der britische sponsor sich gegenüber der britischen Ausländerbehörde verantwortlich – zum Beispiel dafür, dass die ausländischen Dienstleister die notwendigen Qualifikationen für die Arbeit haben. Zu den weiteren Aufgaben des Sponsors zählt auch die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Einwanderungsrechts. Er ist dafür verantwortlich, dass die Aktivitäten des ausländischen Dienstleisters den Vorgaben des Abkommens entsprechen und dass die Vorgaben des britischen Ausländerrechts beachtet werden. Insofern wird der Sponsor seinerseits vom britischen Innenministerium beaufsichtigt.

Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können sich Dienstleistungserbringer für die Dauer des Vertrages, längstens aber für bis zu zwölf Monate im Vereinigten Königreich aufhalten. Nationales britisches Recht ermöglicht in vielen Fällen sogar bis zu zwei Jahre.    

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