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Vereinigtes Königreich: Arbeitsschutz

Jeder auch nur vorübergehend im Vereinigten Königreich tätige deutsche Dienstleister hat die britischen Vorschriften des Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsrechts zu beachten.  

Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn

Pflichten des Unternehmens

Grundlegende Norm des Arbeitsschutzrechts im Vereinigten Königreich ist der Health and Safety at Work etc. Act (HSWA) 1974. Es existieren jedoch zahlreiche weitere spezielle Rechtsgrundlagen, die (zumindest auch) die Arbeitssicherheit und den Arbeitsschutz betreffen, wie zum Beispiel die Construction (Design and Management) Regulations 2015, die Electricity at Work Regulations 1989 oder die Control of Noise at Work Regulations 2005. Eine Übersicht der übrigen Rechtsgrundlagen findet sich auf der Webseite der britischen Arbeitsschutzbehörde Health and Safety Executive (HSE).

Arbeitgeber sind zur Gewährleistung von Gesundheit, Sicherheit und Wohlergehen der Arbeitnehmenden verpflichtet (sec. 2 HSWA). Diese Schutzverpflichtungen des Unternehmers bestehen auch gegenüber Dritten (zum Beispiel Kunden oder der Allgemeinheit), die mit dem Betrieb oder seinen Aktivitäten in Berührung kommen (sec. 4 ff. HSWA). Die Unternehmen müssen gemäß sec. 2 Abs. 3 HSWA eine Gesundheits- und Sicherheitsstrategie (health and safety policy) festlegen sowie eine Risikobewertung (risk assessment) vornehmen, sec. 3 Management of Health and Safety at Work Regulations 1999. Bei mehr als fünf Arbeitnehmenden müssen diese beiden Bewertungen in Schriftform abgefasst werden. Als Orientierung hat die britische Arbeitssicherheitsbehörde die Broschüre Managing for health and safety herausgegeben.

Verfügt der deutsche Dienstleister bereits aufgrund der deutschen Arbeitsschutzvorschriften über entsprechende Dokumente, sollte im Vorfeld mit der britischen Arbeitsschutzbehörde abgeklärt werden, ob und inwieweit diese ausreichend sind.

Die Arbeitnehmer sind in geeigneter Weise über Risiken und entsprechende präventive Maßnahmen zu informieren. Besondere Informationspflichten treffen den Arbeitgeber auch gegenüber befristet Beschäftigten oder Leiharbeitnehmenden.

Gemäß den geltenden Vorschriften (The Personal Protective Equipment at Work Regulations 1992) haben Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitnehmende, die einem Gesundheits- oder Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind, entsprechende persönliche Schutzausrüstung (PSA) und ausreichende Informationen, Unterweisungen und Schulungen zur Verwendung dieser PSA erhalten. Die Arbeitnehmenden sind im Gegenzug verpflichtet, die PSA entsprechend der Schulung und Unterweisung ordnungsgemäß zu benutzen. Seit April 2022 werden hiervon auch Arbeiter:innen (workers) erfasst. HSE stellt online einen Leitfaden zu den neuen Regelungen zur Verfügung (auf Englisch).

Besonderheiten im Baugewerbe

Im Rahmen von Bauvorhaben ist der Generalunternehmer dafür verantwortlich, für die verschiedenen Bauphasen einen Plan aufzustellen, der auch die Aspekte des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit enthalten muss. Er muss zudem für eine geeignete Koordination zwischen Subunternehmern sorgen, sodass gegenüber sämtlichen Arbeitnehmenden während der gesamten Bauphase die Vorgaben des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit eingehalten sind. Die Subunternehmer sind verpflichtet, den Anweisungen des Bauleiters (site manager) zu folgen. Die britische Arbeitssicherheitsbehörde hält eine umfangreiche Zusammenstellung sektorspezifischer Informationen bereit.

Seit April 2022 gilt ein neues Gesetz über die Sicherheit im Bauwesen (Building Safety Act 2022), das das Regelwerk für Bauprodukte mit neuen Anforderungen stärken und den Weg für eine nationale Regulierungsbehörde für Bauprodukte ebnet. Grundlegende Informationen hält die britische Regierung in einer Guidance bereit.

Kontrollen

Kontrollen muss der deutsche Dienstleister vor allem unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung von Arbeitsschutz- und Sicherheitsbedingungen ins Kalkül ziehen. Der Dienstleister sollte daher grundsätzlich alle Unterlagen mitführen, die ihn zur Ausübung der Tätigkeit berechtigen.

Die Einhaltung der entsprechenden arbeitssicherheits- und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften kontrolliert die Arbeitsschutzbehörde durch sogenannte Inspektoren. Diese sind mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet. So können sie zu jeder angemessenen Zeit - im Falle einer konkreten Gefahr auch jederzeit - Gewerberäume betreten, wenn sie der Überzeugung sind, dass dies erforderlich ist, um gesetzliche Pflichten des Arbeitsschutzes beziehungsweise der Arbeitssicherheit durchzusetzen. Sie können die Untersuchungen und Prüfungen vornehmen, die sie für erforderlich halten. Dazu gehört auch die Entnahme von Proben bestimmter Substanzen. Im Rahmen bestimmter Untersuchungen können sie jede Person, von der sie sich aufschlussreiche Informationen erhoffen, befragen und sich die Richtigkeit der Antwort schriftlich bestätigen lassen. Weitere Befugnisse der Inspektoren enthält sec. 20 HSWA. Diese Übersichtsseite der Health and Safety Executive informiert über zu Inspektionen des Arbeitsplatzes (auf Englisch).

Sanktionen

Es ist dringend angeraten, den Anordnungen der Arbeitsinspektion Folge zu leisten. Nimmt man die Möglichkeiten, sich mit rechtlichen Mitteln zu wehren, nicht wahr und setzt sich gleichwohl über die Anordnungen der Inspektion hinweg, kann dies empfindliche Strafen nach sich ziehen. Die Missachtung der Vorschriften im Bereich der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes stellt grundsätzlich eine Straftat dar. Ist ein Verstoß gegen die hier in Rede stehenden Vorschriften zugleich auch aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage eine Straftat, so schließt dies die (gegebenenfalls schärfere) Bestrafung aufgrund dieser anderen Rechtsgrundlage nicht aus.

Im Corporate Manslaughter and Corporate Homicide Act 2007 sind auch für Unternehmen Strafen vorgesehen, wenn aufgrund der Missachtung von Vorschriften des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit Menschen zu Tode kommen.

Schließlich ist zu bedenken, dass Arbeitsunfälle aufgrund fehlerhafter Vorkehrungen auch massive Schadensersatzforderungen nach sich ziehen können. Zahlreiche Gerichtsentscheidungen, denen in England aufgrund des case-law Systems die Qualität von Rechtsquellen zukommt, sind hierzu ergangen.

Gerade für den ausländischen Dienstleister, der sich im Vereinigten Königreich nur vorübergehend aufhält, ist angeraten, die Arbeitsschutzbehörde nicht als eine Bedrohung wahrzunehmen, sondern als Institution, die auch im Vorfeld zahlreiche Auskünfte bereithält. Die angebotenen Fortbildungsmaßnahmen sollten gegebenenfalls wahrgenommen werden.

Weiterführende Informationen

Die Arbeitssicherheitsbehörde HSE verfügt über einen sehr detaillierten Internetauftritt, der zahlreiche Fragen des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit praxisnah aufbereitet. Auch Informationen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sowie dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) sind in englischer Sprache abrufbar.

In Nordirland gilt die Health & Safety at Work (Northern Ireland) Order 1978, zuständige Behörde ist dort die Health and Safety Executive for Northern Ireland.

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