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Türkei: Gesellschaftsrecht

Seit dem Jahr 2012 gilt in der Türkei ein grundlegend reformiertes Handelsgesetzbuch (Gesetz Nr. 6102).

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem | Bonn

Das türkische Recht kennt die offene Handelsgesellschaft (OHG), das Kollektiv, die Kommanditgesellschaft (KG), die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Genossenschaft. Auch die Gründung einer Zweigstelle oder einer Repräsentanz ist möglich. Es muss jeweils eine Registrierung im Handelsregister erfolgen. Zu beachten ist, dass Zweigstellen vor Eintragung im Handelsregister eine Genehmigung des Ministeriums für Industrie und Handel benötigen.

Das türkische Recht kennt keine Mindestbeteiligung inländischer natürlicher oder juristischer Personen. Diese können also beliebig viele Anteile an einer Gesellschaft halten. Seit 2003 ist grundsätzlich weder eine Genehmigung der Investitionsbehörde (Directorate General of Foreign Investments of the Undersecretariat of Treasury) noch des Ministeriums für Industrie und Handel erforderlich. Eine Ausnahme gilt insoweit nur für Banken, Versicherungen und vergleichbare Unternehmen, welche mitunter für Gründung oder Änderung des Gesellschaftsvertrages eine Genehmigung des Ministeriums für Industrie und Handel benötigen.

Aktiengesellschaft (A.S.)

Banken und vergleichbare Unternehmen müssen die Gesellschaftsform einer A.S. wählen. Nicht mehr dazu verpflichtet sind Versicherungen. 

Die Gründung einer A.S. bedarf einer notariell beglaubigten Satzung, die den gesetzlich vorgegebenen Mindestinhalt aufweist. Das Erfordernis einer Mindestanzahl von Gesellschaftern besteht nicht. Mit der anschließenden Eintragung ins Handelsregister erlangt die A.S. ihre Rechtsfähigkeit. Das Mindeststammkapital beträgt zur Zeit 50.000 türkische Lira und kann in Geld- oder Sachleistungen erbracht werden.

An Organe kennt die A.S. den Vorstand und die Generalversammlung. Der Vorstand muss nicht mit Gesellschaftern oder deren Vertretern besetzt sein, es gilt das Prinzip der Fremdorganschaft. Möglich ist auch ein Einzelvorstand, allerdings muss immer ein Vorstandsmitglied türkischer Staatsangehöriger sein und den dauerhaften Aufenthaltsort in der Türkei haben. Jede A.S. ist verpflichtet, das Geschäftsergebnis durch einen Buchprüfer kontrollieren zu lassen.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (L.S.)

Die L.S. wurde als kleine Schwester der A.S. etabliert. Daher sind oftmals die Regelungen der A.S. auf die L.S. anwendbar. So bedarf die Gründung einer L.S. ebenfalls einer notariell beglaubigten unterzeichneten Satzung, die den gesetzlich vorgegebenen Mindestinhalt aufweist. Eine Mindestanzahl von Gesellschaftern ist auch bei der L.S. nicht mehr erforderlich. Mit der anschließenden Eintragung ins Handelsregister erlangt die L.S. ihre Rechtsfähigkeit. Das Mindeststammkapital beträgt 10.000 türkische Lira, welche auch unmittelbar eingezahlt werden müssen.

Auch die Organe entsprechen im Wesentlichen denen der A.S., das heißt die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung. Im Unterschied zur A.S. ist es allerdings nicht erforderlich, dass einer der Geschäftsführer die türkische Nationalität hat und einen Wohnsitz in der Türkei unterhält.

Zweigstelle

Ausländische Unternehmen können in der Türkei auch eine Zweigstelle errichten. Eine solche besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit, kann aber selbständig wirtschaftlich aktiv werden. In steuerrechtlicher Hinsicht unterliegt die Zweigstelle im Wesentlichen den gleichen Regelungen wie türkische Gesellschaften, wobei insoweit aber nur die in der Türkei erwirtschafteten Gewinne maßgeblich sind.

Der Zweigstellenleiter muss in der Türkei ansässig sein. Zur Gründung einer Zweigstelle benötigt man eine Genehmigung des Ministeriums für Industrie und Handel. Neben dieser Genehmigung ist auch eine Übersetzung des Gesellschaftsvertrages, eine Urkunde, aus der sich die Vertretungsmacht des Zweigstellenleiters ergibt, eine geschäftsmäßige Unterschrift des Zweigstellenleiters, sowie eine Kopie der Ausweispapiere des Zweigstellenleiters vorzulegen.

Repräsentanz

Eine Repräsentanz darf keine eigenen Geschäftstätigkeiten ausführen, sondern ist auf Tätigkeiten wie Kundenservice und Informationsgewinnung beschränkt. Die Erteilung und Verlängerung der Genehmigung zum Unterhalt eines solchen Büros liegt beim Wirtschaftsministerium (General Directorate for Incentive Implementation and Foreign Investment). Die erstmalige Genehmigung kann für maximal drei Jahre erteilt werden; jede weitere Verlängerung kann dann für fünf oder zehn Jahre erteilt werden.

Die durch die Repräsentanz verursachten Kosten müssen durch die ausländische Muttergesellschaft getragen werden. Über die Finanzierung ist das Wirtschaftsministerium jedes Jahr zu unterrichten. Eine Steuerpflicht in der Türkei besteht (in Ermangelung von Einnahmen) nicht und die Buchführungspflichten sind begrenzt. Die Einkommen von Angestellten sind, sofern diese aus ausländischer Quelle stammen, von der Einkommensteuer befreit. 

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