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Recht kompakt | Türkei | Gewährleistungsrecht

Türkei: Gewährleistungsrecht

Die Sachmängelhaftung des Verkäufers regelt das türkische Obligationengesetzbuch (tObG) in den Artikeln 219 ff.  

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem | Bonn

Kaufrecht

Prüfpflicht des Käufers

Den nicht gewerblichen Käufer trifft eine Prüfungsobliegenheit (Artikel 223 Absatz 1 tObG), das heißt er hat die Sache auf offensichtliche Mängel zu untersuchen und - falls vorhanden - zu rügen. Vergleichbar dem deutschen Recht, kann der Käufer bei Vorliegen eines Mangels den Kaufpreis mindern, den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären oder die Beseitigung des Mangels (auch durch Lieferung einer neuen Sache) verlangen.

Gewährleistungsfrist

Die generelle Gewährleistungsfrist beträgt nun anstatt einem Jahr, zwei Jahre, wobei maßgeblich der Zeitpunkt der Übergabe der Sache ist. Bei Arglist des Verkäufers beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Gefahrübergang

Eine wichtige Neuerung im Kaufrecht betrifft den Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Zuvor ging dieser mit Abschluss des Kaufvertrags auf den Käufer über. Nunmehr geht die Gefahr im Rahmen eines Spezieskaufs auf den Käufer über, wenn ihm die Kaufsache übergeben worden ist (Artikel 208 Absatz 1 tObG). Befindet letzterer sich im Annahmeverzug, geht die Gefahr auch ohne Übergabe auf ihn über (Artikel 208 Absatz 2 tObG). Beim Versendungskauf geht die Gefahr mit der Übergabe an den Spediteur auf den Käufer über (Artikel 208 Absatz 3 tObG).

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Eine weitere wichtige Neuerung ist, dass das neue tObG in den Artikeln 20 ff. (im Gegensatz zur schweizerischen Mutterrechtsordnung) das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) regelt. Dabei hat sich der türkische Gesetzgeber am deutschen AGB-Recht orientiert.

Werkvertragsrecht

Prüfpflicht des Bestellers

Beim Werkvertrag dagegen schuldet der Unternehmer die Herstellung eines mängelfreien Werks. Nachdem der Unternehmer das vollendete Werk geliefert hat, obliegt es dem Besteller, es sobald wie möglich auf eventuelle (offene) Mängel zu überprüfen (Artikel 474 tObG). Genehmigt der Besteller daraufhin das Werk, ist der Unternehmer von der Mängelhaftung befreit.

Werkmangel und Gewährleistungsansprüche

Ist es mängelbehaftet, richten sich die Gewährleistungsansprüche des Bestellers gegen den Unternehmer nach Artikel 475 tObG.

Sämtliche Gewährleistungsansprüche setzen voraus, dass der Unternehmer schuldhaft gehandelt hat. Das heißt, dass die Werkmängel infolge Vorsatzes oder Fahrlässigkeit des Unternehmers entstanden sind. In diesem Fall stehen dem Besteller die folgenden Gewährleistungsrechte zu:

  • Bei erheblichen Mängeln darf der Besteller vom Vertrag zurücktreten, soweit das Werk für ihn unbrauchbar ist (Artikel 475 Absatz 1 Nr. 1 tObG). Der Rücktritt ist ausgeschlossen, soweit das Werk auf einem Grundstück errichtet worden ist (typischerweise ein Gebäude) und es deswegen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand entfernt werden kann (Artikel 475 Absatz 3 tObG). 

  • Ist das Werk mangelhaft, aber noch brauchbar, darf der Besteller die Vergütung proportional zum Minderwert herabsetzen (Artikel 475 Absatz 1 Nr. 2 tObG).

  • Der Besteller hat gegen den Unternehmer einen Anspruch auf Nachbesserung des mangelhaften Werks, wenn die Nachbesserung für den Unternehmer noch zumutbar ist - unabhängig davon, ob die Mängel erheblich sind oder nicht (Artikel 475 Absatz 1 Nr. 3 tObG).

Unbeschadet seiner vorstehend genannten Gewährleistungsrechte kann der Besteller Schadensersatz nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht verlangen (Artikel 475 Absatz 2 tObG).

Ausnahmsweise haftet der Unternehmer trotz Genehmigung des Werks, wenn er den Mangel absichtlich verschwiegen hat oder es sich um einen verdeckten Mangel handelt (Artikel 477 Absatz 1 tObG). Ein Mangel ist verdeckt, wenn er bei der Abnahmeuntersuchung nicht zu erkennen war. Verdeckte Mängel muss der Besteller dem Unternehmer anzeigen, sobald sich ein solcher zu erkennen gibt. Unterlässt er die Anzeige, gilt das Werk auch in Ansehung des verdeckten Mangels als genehmigt (Artikel 477 Absatz 3 tObG).

Verjährung

Werkvertragliche Gewährleistungsansprüche verjähren in zwei Jahren, wenn es sich bei dem Werk um eine bewegliche Sache handelt. Die Frist beginnt mit der Abnahme des Werks. Nach fünf Jahren verjähren Gewährleistungsansprüche, wenn es sich um eine unbewegliche Sache, also ein bebautes Grundstück handelt. Hat der Unternehmer den Mangel am Werk grob fahrlässig verursacht, verjähren die Gewährleistungsansprüche des Bestellers nach 20 Jahren; unabhängig davon, ob es sich um eine bewegliche oder unbewegliche Sache handelt (Artikel 478 tObG). Im Übrigen verjähren werkvertragliche Ansprüche gemäß Artikel 147 Nr. 6 tObG nach fünf Jahren.

Handelt es sich um einen Werkvertrag im Anwendungsbereich des Gesetzes Nr. 4735 betreffend Verträge zur Durchführung öffentlicher Aufträge (ÖVG), verjähren die Gewährleistungsansprüche der Vergabestelle gegen den Unternehmer und dem Subunternehmer gemäß Artikel 30 ÖVG nach 15 Jahren seit dem Zeitpunkt der Endabnahme. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, ob die 15-jährige Verjährungsfrist gleichermaßen für offene und verdeckte Mängel gilt. Mit Verweis auf den Sinn und Zweck dieser Vorschrift, wird vertreten, dass sie nur für verdeckte Mängel gilt.

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