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Wirtschaftsausblick | Iran

Iranische Wirtschaft bleibt auf stabilem Wachstumskurs

Die Chancen für ein wieder stärkeres Engagement westlicher Firmen sind weiter gesunken. Iran baut Kooperationen mit anderen Ländern aus und hält seine Wirtschaft auf Wachstumskurs.

Von Robert Espey | Dubai

Top-Thema: Außenhandelsströme im Wandel

Die 2018 erfolgte Reaktivierung der US-Sanktionen hat zu einem Rückzug der westlichen Firmen aus der Islamischen Republik geführt. Dadurch wurden in Iran die eher gemäßigten, nach Westen orientierten Kräfte stark geschwächt. Eine Folge dieser Entwicklung ist die Hinwendung zu asiatischen Partnern.

Seit Juli 2023 ist Iran Vollmitglied der Shanghai Cooperation Organization (SCO). Für Iran liegen die Vorteile dieser Mitgliedschaft auf der Hand: Neben einem Ausbau seiner Infrastruktur - auch im Rahmen der neuen Seidenstraße - steht der verstärkte Ausbau der Handelsbeziehungen mit den SCO-Mitgliedern im Fokus. 

Nach iranischen Angaben hatten die SCO-Länder 2022/2023 (iranisches Jahr: 21. März bis 20. März) einen Anteil an der Gesamteinfuhr von 36 Prozent beziehungsweise 21,3 Milliarden US-Dollar (US$), auf China entfielen 15,7 Milliarden US$. Aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) kamen Waren für 18,3 Milliarden US$, dabei handelt es sich vor allem um Reexporte über Dubai.

Aus Europa (ohne Türkei) bezog Iran 2022/2023 Waren für 7,6 Milliarden US$. Für die EU-Ländergruppe werden 5,3 Milliarden US$ angegeben. Deutschland war führend mit 2 Milliarden US$. 

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China ist für Iran das mit Abstand größte Abnehmerland. Irans Ölexporte, die von der Zentralbank für 2022/2023 mit 55,4 Milliarden beziffert werden, gehen zum größten Teil nach China. Die iranischen Nicht-Ölausfuhren nach China betrugen 14,6 Milliarden US$. Andere wichtige Exportmärkte für iranische Nicht-Ölprodukte waren Irak, die Türkei, die VAE und Indien. Weitere Informationen bietet der Außenhandelsbericht zu Iran.

Wirtschaftsentwicklung: Ölsektor ist Wachstumsmotor

Irans Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs, trotz fortbestehender und neuer Wirtschaftssanktionen, massiver Strukturprobleme, staatlichem Missmanagement, Gasmangel im Winter, Hyperinflation und drastischem Wertverfall der nationalen Währung. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2023/2024 eine Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 3,0 Prozent, die Weltbank erwartet sogar 4,1 Prozent.

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Die wichtigste Wachstumsstütze ist die seit 2020/2021 wieder expandierende Ölförderung. Der Zentralbank zufolge legte der Öl- und Gassektor 2022/2023 um real 10 Prozent zu, die Nichtölwirtschaft immerhin um 3,5 Prozent. Das gesamte BIP stieg um 3,8 Prozent. Nach Angaben der Statistikbehörde erhöhte sich das BIP im 1. Quartal 2023/2024 um 7,9 Prozent. Der Ölsektor soll um 20 Prozent zugelegt haben, die Nichtölwirtschaft um 6,1 Prozent.

Wachstumsimpulse erwartet Iran durch steigende ausländische Investitionen, vor allem aus China und Russland. Aber auch über neue Engagements aus den VAE und Saudi-Arabien gibt es Gespräche.

Offiziellen Daten zufolge wird die Konjunktur durch den privaten Konsum gestützt, trotz der Kaufkraftverluste durch die hohe Inflation. Gemäß Zentralbank legte der private Verbrauch 2022/2023 real um 8,7 Prozent zu.

Deutsche Perspektive: Wirtschaftsbeziehungen weiter zurückfahren?

Seit Oktober 2022 hat die EU insgesamt 13 neue Iran-Sanktionspakete beschlossen. Die Sanktionsmaßnahmen richten sich gegen Personen, Organisationen und Institutionen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen in Iran oder für die militärische Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verantwortlich sind.

Nach dem Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel könnten jetzt weitere EU-Sanktionen gegen Iran erlassen werden. Teheran gehört zu den Hauptförderern der Hamas und der libanesischen Hisbollah.

Bei den EU-Strafmaßnahmen handelt es sich um ein Einreiseverbot für sanktionierte Personen sowie um das Einfrieren von Vermögenswerten. Zudem wird untersagt, den gelisteten Personen und Organisationen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ferner ist die Ausfuhr von zur internen Repression verwendbarer Ausrüstung und von Geräten für die Überwachung des Telefonverkehrs verboten.

Im Dezember 2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz entschieden, alle außenwirtschaftlichen Förderinstrumente sowie die deutsch-iranischen Wirtschaftsformate auszusetzen. Die Aussetzung umfasst unter anderem die Exportkredit- und Investitionsgarantien sowie das Auslandsmesseprogramm. Zudem haben Germany Trade & Invest und die Delegation der deutschen Wirtschaft für Iran ihre Aktivitäten reduziert.

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Wirtschaftsbeziehungen zu Iran sind deutschen Unternehmen aber nicht grundsätzlich untersagt. Neben den Restriktionen hinsichtlich sanktionierter Personen, Unternehmen etc. sind vor allem die Ausfuhrkontrollen bei Gütern, die auch militärisch oder zu Repressionszwecken genutzt werden können, zu beachten.

Aus Politik und Gesellschaft werden verstärkt Forderung nach einer weiteren Drosselung der Wirtschaftsbeziehungen zu Iran laut. Es wird unter anderem darauf verwiesen, dass Deutschland 2022 immer noch Waren im Wert von 1,6 Milliarden Euro nach Iran exportiert habe. Eine Verschärfung der Iran-Sanktionen würde entsprechende EU-Beschlüsse erfordern.

Gemäß Destatis stiegen die deutschen Iranausfuhren 2017 auf 3 Milliarden Euro und sanken bis 2021 auf 1,4 Milliarden Euro. Das war der niedrigste Wert seit 20 Jahren. Für 2023 zeichnet sich ein neuer Tiefpunkt ab. In den ersten acht Monaten 2023 schrumpften die Exporte um 26 Prozent auf 755 Millionen Euro.

Die deutschen Iranexporte bewegen sich derzeit nicht nur auf niedrigem Niveau, sondern ihre Zusammensetzung hat sich auch signifikant verändert. Mehr als die Hälfte der Ausfuhren entfiel 2022 auf Nahrungsmittel (vor allem Getreide), Agrarchemikalien, Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sowie Medikamente und Medizintechnik. Dies spiegelt die bei deutschen Unternehmen zu beobachtende Tendenz, Iranhandel auf den Nahrungsmittelbereich und den Gesundheitssektor zu konzentrieren.

GTAI-Informationsangebote zu Iran
Weitere Informationen zu Iran bieten unter anderem unsere Reihen "Wirtschaftsstandort", "Wirtschaftsdaten kompakt" und "Branche kompakt". Ferner sind auf der GTAI-Länderseite zahlreiche Berichte zum Wirtschaftsumfeld, zu Branchen sowie Rechts- und Zollthemen zu finden.

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