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Zollbericht Welt Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Bevor ein Freihandelsabkommen in Kraft tritt, durchläuft es zahlreiche Schritte. Die Europäische Union (EU) formuliert ein strukturiertes Verfahren.
Von Melanie Hoffmann
Das Verfahren ist in den Art. 207 und 218 AEUV festgelegt. Während des gesamten Verfahrens beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wobei eine Einstimmigkeit bei Steuerfragen geboten ist. Handelt es sich um ein gemischtes Abkommen, das heißt mit geteilter Zuständigkeit von EU und den Mitgliedstaaten, werden die Beschlüsse mit dem Rat und in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten geschlossen.
Der Abschluss eines internationalen Übereinkommens ist in folgende Schritte untergliedert:
2020-07_Grafik_EU_Wann tritt ein Freihandelsabkommen in KraftQuelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Art. 207 und 218 AEUV.
Ein völkerrechtlicher Vertrag muss von den jeweiligen Ländern, die als Vertragspartner gelten, ratifiziert werden. Mit der Ratifizierung erklären die Vertragsparteien den völkerrechtlichen Vertrag als verbindliche Erklärung an. Das die Vertragspartei nach außen vertretende Organ, in der Regel das jeweilige Staatsoberhaupt, verspricht, den Vertrag als bindend anzusehen und diesen einzuhalten. In der Regel geht dem die Zustimmung des jeweiligen nationalen Parlaments voraus. Die Übereinkunft erhält nach der Ratifizierung Rechtskraft und ist somit völkerrechtlich gültig.
Wann die Übereinkunft in Kraft tritt, wird innerhalb des Abkommens geregelt. Regelt das Übereinkommen jedoch kein explizites Datum, so tritt dieses in Kraft, wenn die Zustimmung aller Vertragsstaaten vorliegt.
Tritt ein weiterer Staat dem Übereinkommen zu einem späteren Zeitpunkt bei, so tritt das Übereinkommen mit Beitritt für diesen Staat in Kraft (Akzession).
Wird ein völkerrechtlicher Vertrag rechtswirksam angewendet, ohne dass dieser förmlich in Kraft getreten ist, spricht man von einer vorläufigen Anwendung des Abkommens. Die vorläufige Anwendung soll zumeist den langwierigen Ratifikationsprozess überbrücken, aber auch Vertrauen zwischen den Vertragspartnern und Anreize zur Ratifikation schaffen, Rechtslücken bei Anschlussverträgen zu ausgelaufenen Abkommen verhindern und Vorbereitungsverhandlungen zur Gründung internationaler Organisationen ermöglichen.
Nach Art. 25 Abs. 1 WVK kann die vorläufige Anwendung entweder durch den Vertrag selbst (lit. a) oder durch eine separate Vereinbarung (lit. b) erlassen werden. Beispielsweise greift das CETA auf eine separate Vereinbarung zurück, sodass die vorläufige Anwendung des Abkommens erst nach gegenseitiger Notifizierung der Vertragsparteien greift. Neben der Vertragsunterzeichnung werden somit weitere Rechtshandlungen der Vertragsparteien verlangt. In beiden Fällen (lit. a und b) gilt die vorläufige Anwendung für die Vertragsparteien unmittelbar und bis zum vollständigen Inkrafttreten des Abkommens unbefristet. Auch die vorläufige Anwendung ist bindend (Art. 26 WVK), sodass völkerrechtliche Verstöße geahndet werden. Vorläufig anwendbare Abkommen entfalten dieselben Rechte und Pflichten wie endgültig in Kraft getretene Abkommen.
Handelt es sich um ein Abkommen, welches in die Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten fällt, spricht man von einem gemischten Abkommen. Für den Abschluss einer vorläufigen Anwendung müssen deshalb die EU sowie die Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Das vollständige Inkrafttreten gemischter Abkommen hängt von den europäischen Organen und allen Vertragsparteien ab (z. B. bei CETA von Kanada, der EU und den einzelnen EU-Mitgliedern).
Nach Art. 218 Abs. 5 AEUV ist der Rat befugt, auf Vorschlag des Verhandlungsführers und mit qualifizierter Mehrheit einen Beschluss zu erlassen, mit dem eine vorläufige Anwendung genehmigt wird. Bei gemischten Abkommen ist dies nur für die Teile des Abkommens möglich, die ausnahmslos in der Zuständigkeit der EU liegen. Demnach gelten diese Teile des Abkommens schon mit Ratsbeschluss als Unionsrecht und genießen den Vorrang des Unionsrechts.
Bereiche des Abkommens, die in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen, sind von der vorläufigen Anwendung ausgenommen. In Deutschland ist in solchen Fällen Art. 59 GG heranzuziehen, der eine gesetzliche Zustimmung fordert, wenn die Tatbestandsmerkmale aus Art. 59 Abs. 2 GG vorliegen. Üblicherweise werden Vertragsteile, die in nationaler Zuständigkeit liegen, erst nach vollständiger Ratifizierung angewandt und nicht schon durch die vorläufige Anwendung.
Legt ein Abkommen bestimmte Ziele oder Befristungen fest, tritt das Abkommen mit Erfüllung außer Kraft.
Zudem ermöglicht die WVK, im Einvernehmen aller Vertragsparteien das Abkommen jederzeit aufzuheben oder einzelnen Vertragsparteien einen Austritt zu ermöglichen. Sollte die Zustimmung der anderen Vertragsparteien nicht gegeben sein, ist eine Kündigung nur möglich, wenn Gründe aus Art. 46-52, 60, 61 WVK vorliegen.
Mit einer Suspendierung verliert der Vertrag vollständig oder vorübergehend an Wirkung. Art. 54-64 WVK nennt Gründe zur Suspendierung eines völkerrechtlichen Vertrags.