Recht kompakt | Ägypten | Arbeitsrecht
Ägypten: Arbeitsrecht
Seit Mai 2025 gilt in Ägypten ein neues Arbeitsgesetz. (Stand: 07.07.2025)
Von Sherif Rohayem | Bonn
Das ägyptische Arbeitsrecht regelt Gesetz Nr. 14/2025 (ArbG), das im Mai 2025 verabschiedet wurde.
Artikel 11 ArbG regelt das Schicksal des Arbeitsvertrages im Falle eines Betriebsübergangs. Danach berühren Fusion, Erbschaft, Betriebsabspaltung, Veräußerung und ähnliche Transaktionen über den Betrieb nicht die individuellen Arbeitsverträge. Der Rechtsnachfolger und die ehemalige Berechtigte haften den Arbeitnehmer:innen gegenüber gemeinschaftlich.
Arbeitsschutz darf nicht per Vertrag ausgeschlossen werden
Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer dürfen nicht vertraglich ausgeschlossen werden – zum Beispiel diejenigen über den Mutterschutz. Frauen haben einen Anspruch auf vier Monate bezahlten Mutterschutz vor und nach der Niederkunft (Art. 54 ArbG). Nach dem sechsten Schwangerschaftsmonat reduziert sich die tägliche Arbeitszeit um eine Stunde. Von da an sind auch Überstunden verboten.
Kinder unter 15 Jahren dürfen nicht arbeiten (Art. 62 ArbG). Die maximale Arbeitszeit für Kinder beträgt sechs Stunden am Tag. Für alle anderen Arbeitnehmer gilt eine tägliche Arbeitszeit von grundsätzlich acht oder wöchentlich 48 Stunden, ausschließlich Pausen (Art. 117 ArbG), deren Dauer sich pro Arbeitstag auf mindestens eine Stunde belaufen muss (Art. 118 ArbG). Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer nicht länger als fünf Stunden ohne Pause arbeiten. Davon kann das Arbeitsministerium in bestimmten Fällen per Dekret Ausnahmen festlegen (Art. 118 ArbG).
Zwei Arbeitstage müssen mindestens zehn Stunden voneinander entfernt sein (Art. 119 ArbG). Davon sind Arbeitnehmer:innen befreit, deren Arbeit aufgrund natürlicher Begebenheiten oder aufgrund ihrer Besonderheit periodisch anfällt. In diesen Fällen, die das Arbeitsministerium bestimmt, dürfen Beschäftigte sich bis zu zwölf Stunden am Tag im Betrieb aufhalten.
Arbeitgeber müssen die Arbeit so planen, dass die Beschäftigten innerhalb einer Woche eine Ruhezeit von durchgehend 24 Stunden haben (Art. 120 ArbG). Ausnahmen gelten für Arbeitsplätze, die in entfernten Gegenden (Wüste, Küste) liegen oder für Arbeiten, deren Besonderheit eine durchgehende Anwesenheit erforderlich macht. In diesen Fällen kann der wöchentliche Ruhetag über einen Zeitraum von maximal acht Wochen zusammenaddiert werden.
Überstunden sind zulässig in Fällen von dringenden Arbeitsanforderungen (zum Beispiel sehr hoher Arbeitsanfall oder Notfälle) oder bei außergewöhnlichen Umständen. Der Arbeitgeber muss innerhalb von sieben Tagen von dem Eintritt des hohen Arbeitsanfalls oder der außergewöhnlichen Umstände die Arbeitsschutzbehörde von den Überstunden in Kenntnis setzen (Art. 121 ArbG).
Im Falle von Überstunden stehen Beschäftigten gemäß Art. 121 Abs. 2 und 3 ArbG eine Kompensation zu:
- 35 Prozent vom Lohn bei tagsüber geleisteten Überstunden;
- 70 Prozent vom Lohn bei nächtlichen Überstunden sowie
- 100 Prozent an freien Tagen (einschließlich der Verpflichtung, dass der Arbeitnehmer den freien Tag nachholen darf).
Ausgenommen von den Regeln über die Arbeitszeiten sind gemäß Art. 123 ArbG folgende Personalgruppen:
- Bevollmächtigte Vertreter des Arbeitgebers;
- Beschäftigte im Bereich vorbereitender Tätigkeiten, deren Aufgaben vor oder nach der regulären Arbeitszeit durchgeführt werden müssen sowie
- Reinigungs- und Sicherheitspersonal.
Die Beschäftigten der Kategorien vorbereitende Tätigkeiten sowie Reinigungs- und Sicherheitspersonal erhalten eine Kompensation für Überstunden nach Maßgabe des Art. 121 ArbG.
Der gesetzliche Jahresurlaub staffelt sich nach Beschäftigungsdauer: Im ersten Jahr beträgt dieser 15 Tage; 21 Tage ab dem zweiten Jahr sowie 30 Tage nach zehn Jahren oder für Beschäftigte ab 50 Jahren. Beschäftigte mit einer Behinderung haben einen Anspruch auf jährlich 45 Urlaubstage (Art. 124 ArbG).
Ägypten hat einen branchenübergreifenden Mindestlohn
Die Höhe des Gehaltes können die Parteien des Arbeitsvertrages gemäß Art. 107 ArbG aushandeln. Zu beachten ist hier der gesetzliche Mindestlohn, der zur Zeit 7.000 EGP (ägyptische Pfund; umgerechnet circa 120 Euro) beträgt.
Gemäß Art. 87 ArbG kann ein Arbeitsvertrag befristet geschlossen werden, wenn die Besonderheit der Arbeit eine Befristung erfordert.
Artikel 89 ArbG fordert für den Arbeitsvertrag Schriftform, Arabisch und die vierfache Ausfertigung. Bei ausländischen Beschäftigten ist neben der arabischen auch die englische Fassung zulässig. Außerdem müssen Arbeitsverträge die Pflichtangaben nach Art. 89 Abs. 2 ArbG enthalten. Aus Art. 88 ArbG ergibt sich, dass trotz des Schriftformerfordernisses auch ein mündlicher Arbeitsvertrag wirksam ist; unwirksam ist eine mündlich vereinbarte Befristung.
Auch die rechtswidrige Kündigung ist wirksam
Arbeitsverträge enden durch Aufhebungsvertrag, Fristablauf oder Kündigung.
Sowohl befristete als auch unbefristete Arbeitsverträge können Arbeitgeber verhaltensbedingt und fristlos „kündigen“, wenn der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung nach Art. 148 Abs. 2 ArbG begangen hat – zum Beispiel, wenn er:
- sich als andere Person ausgegeben hat,
- ein Konkurrenzgeschäft betreibt oder
- alkoholisiert oder unter dem Einfluss von Drogen arbeitet.
Diese verhaltensbedingte, fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn das zuständige Arbeitsgericht sie ausspricht (Art. 148 ArbG).
Unbefristete Arbeitsverträge können mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden und bedürfen für ihre Rechtmäßigkeit eines Sachgrundes (Art. 156 ArbG). Was kein sachlicher Grund ist, nennt Art. 165 ArbG – unter anderem die Beteiligung in einer Gewerkschaft oder die Erhebung einer Klage gegen die Arbeitgeberin. Somit bleibt viel Raum für Kündigungsgründe, die als sachlich gelten können – wie etwa die betriebsbedingte Kündigung.
Auch die sachgrundlose Kündigung ist wirksam. Arbeitnehmer haben lediglich einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung von mindestens zwei Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr (Art. 165 ArbG).