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Wirtschaftsumfeld | Ägypten | Investitionsklima

Großprojekte prägen Investitionsklima in Ägypten

Megaprojekte wie die am Mittelmeer geplante Stadt Ras El-Hekma ziehen Milliarden von Dollar an. Mit den Großvorhaben steigt aber auch die Verschuldungsgefahr.

Von Marcus Knupp | Kairo

Im Jahr 2024 erreichte der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nach Ägypten einen neuen Rekord. Die Zentralbank gibt das Volumen für das im Juni zu Ende gegangene Finanzjahr 2023/24 mit 46,1 Milliarden US$ an. Ursache sind die 35 Milliarden US$ aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Zusammenhang mit dem Stadtentwicklungsprojekt Ras El-Hekma. Auch andere Großprojekte wie der Bau einer neuen Verwaltungshauptstadt östlich von Kairo oder eines Hochgeschwindigkeitsnetzes für die Eisenbahn beflügeln das Investitionsgeschehen.

Megaprojekte sind auf Folgeinvestitionen angewiesen

Die Projekte werden allerdings nicht in ihrer Gänze durch ausländische Direktinvestitionen (FDI) finanziert, sondern kombinieren diese oft mit privaten und öffentlichen Investitionen aus dem Inland. Die Finanzierung läuft dann in der Regel über Kredite. Daraus folgt bei zu großem Engagement, veränderten Bedingungen auf den Finanzmärkten oder unvorhergesehenen Einnahmeausfällen, etwa infolge geopolitischer Entwicklungen, ein erhöhtes Verschuldungsrisiko. Hinzu kamen in der Vergangenheit Engpässe in der Versorgung mit Devisen. In der Folge sind Zahlungsschwierigkeiten oder -verzögerungen sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich nicht auszuschließen.

Insbesondere Vorhaben wie neue Städte oder Sonderwirtschaftszonen benötigen Folgeinvestitionen, um Erfolg zu haben. Ras El-Hekma an der ägyptischen Mittelmeerküste etwa braucht Hotels und Tourismusdienstleister, um als Fremdenverkehrsstandort zu funktionieren. In Gewerbegebieten müssen sich Produktionsbetriebe, Vertriebseinrichtungen oder Logistiker ansiedeln, damit sie ihre ökonomische Wirkung entfalten können. Die Signale stehen derzeit auf Expansion. Die geopolitische Situation in der Region und Unsicherheiten mit Blick auf die makroökonomische Lage lassen Unternehmen jedoch noch vorsichtig agieren.

Hoher Anteil des öffentlichen Sektors

Die ägyptische Unternehmenslandschaft lässt sich grob in vier Bereiche einordnen. Da ist zunächst der öffentliche Sektor, der sich nach Ministerien gliedert, denen zahlreiche staatliche Holdings unterstehen. Das Betätigungsfeld dieser Unternehmen geht über die klassischen Staatsaufgaben der Daseinsvorsorge hinaus. Weiterhin sind zahlreiche Militärunternehmen in Bereichen auch jenseits der Verteidigung aktiv. Daneben gibt es Unternehmen des Privatsektors sowie den informellen Sektor.

Die öffentlichen Unternehmen sind im Gegensatz zu privaten nur bedingt insolvenzfähig und haben einen besseren Zugang zu Krediten. Mit der Teilprivatisierung von über 32 öffentlichen Unternehmen soll nun ein erster Schritt in Richtung Konsolidierung der zerklüfteten Unternehmenslandschaft getan werden. Doch zögert die Regierung vor einem Ausverkauf des "Tafelsilbers", zumal Staatsunternehmen gerade in Krisenzeiten sichere Arbeitsplätze bieten. Mittelfristig würde ein allmählicher Rückzug des öffentlichen Sektors für die Privatwirtschaft Chancen eröffnen - auch jenseits staatlich finanzierter Projekte.

Starkes Engagement der Golfstaaten bei FDI

Wichtigstes Herkunftsland ausländischer Direktinvestitionen in Ägypten waren in den vergangenen Jahren die VAE. Der Anteil der arabischen Länder insgesamt hat mit 73,2 Prozent im Fiskaljahr 2023/24 einen Spitzenwert erreicht, der aber auf den außergewöhnlichen Zufluss von 35 Milliarden US$ aus den VAE im Zusammenhang mit dem Ras Al-Hekma-Projekt zurückgeht. Im vorausgehenden Fiskaljahr 2022/23 lag der Anteil mit 31,6 Prozent etwa auf dem gleichen Niveau wie jener der EU von 29,5 Prozent. Unter den bedeutenden Herkunftsländern befinden sich mit den USA, dem Vereinigten Königreich, Italien und den Niederlanden auch solche, in denen große Energiekonzerne ihren Sitz haben. China hatte in den letzten Jahren ein Gewicht von etwa 2 bis 4 Prozent.

Ägypten war nach Südafrika in den vergangenen Jahren traditionell das wichtigste Ziel deutscher Direktinvestitionen auf dem afrikanischen Kontinent. Im Jahr 2023 hat sich aus deutscher Sicht Marokko an Ägypten vorbeigeschoben, das nun auf dem 3. Platz der Investitionsziele in Afrika liegt. Hier spiegelt sich die relativ breit aufgestellte Industrielandschaft am Nil. Investitionen erfolgen in verschiedenen Bereiche, darunter Produktionsbetrieben der Chemie-, Baustoff- oder Kfz-Zulieferindustrie, sie umfassen aber auch Anlagen für die Nutzung erneuerbarer Energien.

 

Größte deutsche Investoren in ÄgyptenStand: November 2024

Unternehmen

Branche

Anmerkung
LeoniAutomobilProduktion von Kabelbäumen und Stromkabeln an 15 Standorten
SiemensEnergieKraftwerke und Windpark
KnaufBaumaterialenGipskarton und Gipsprodukte
HenkelChemieWäsche- und Haushaltspflegeprodukte
ThyssenkruppAnlagenbauHarnstoff- und Ammoniakanlagen
Quelle: AHK Ägypten

Investitionsförderung: Ägypten setzt auf Sonderwirtschaftszonen

Ägypten will vor allem Produktionsbetriebe anziehen und setzt dabei auf Steuervergünstigungen, etwa bei der Grundsteuer für Unternehmen, und auf die Einrichtung von Investitions- und Freihandelszonen. Mitte 2025 waren nach Angaben der Investitionsförderagentur General Authority for Investment and Free Zones (GAFI) zehn Freizonen eingerichtet und eine weitere im Bau. Weitere sollen hinzukommen, darunter auch private.

Die ägyptische Verwaltung unternimmt derzeit ernsthafte Anstrengungen, bürokratische Vorgänge zu entschlacken und durch Digitalisierung zu beschleunigen. Lange Warte- und Bearbeitungszeiten sowie eine Furcht vor Entscheidungen, die hinterher von Vorgesetzten kritisiert werden könnten, prägen bisher die Erfahrungen vieler Unternehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade für die Frage des Marktzugangs nicht vorgesehen ist, dass Entscheidungen der GAFI gerichtlich überprüfbar sind.

Auch die Zollabfertigung stellt Importeure vor große Hindernisse. Ein neues Zollgesetz ist 2020 veröffentlicht worden, weitere Vereinfachungen befinden sich Pressemeldungen zufolge in Planung. Ein zusätzliches Problem für Investoren ist der Fachkräftemangel gerade auf der Ebene mittlerer Qualifikationen. Hier behelfen sich Unternehmen mit eigenen Berufsbildungsinitiativen.

Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

 

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