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Wirtschaftsumfeld | Äthiopien | Investitionsförderung

Praxischeck

Dass Devisen fehlen oder der Strom öfter ausfällt, bekommen auch ausländische Investoren zu spüren. Viel Kritik gibt es an den Behörden.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Äthiopiens Markt hat nicht nur Potenzial, er bietet schon heute gute Margen angesichts oft fehlender Konkurrenz. Investoren berichten aber auch von Problemen. Von den Stromausfällen etwa, die selbst in der Hauptstadt täglich und teils stundenlang auftreten. Seltener sind die Missverständnisse und Streitereien zu Landrechten, die es Berichten zufolge gerade in Addis Abeba immer wieder gibt.

Kritisches ist von ausländischen Investoren zu Behörden und Verwaltung zu hören. "Es ist sehr bürokratisch", sagt ein Mittelständler. Ähnliche Beschwerden hört man vielfach in Unternehmenskreisen. Dabei gibt es nicht das eine Hauptärgernis. Prozesse innerhalb der Ämter seien schwerfällig und langwierig: die Verzollung des Containers, das Dauervisum für den häufigen Besucher, das immer noch nicht da ist, oder die Kredite, die ewig geprüft werden.

Behörden in der Kritik

Ein Exporteur berichtet, er warte seit vier Jahren auf die Rückzahlung der Mehrwertsteuer. "Das ist nicht mal böser Wille, im Amt wissen sie einfach nicht, wie es geht." Ähnlich sei es bei der Erstattung von Einfuhrzöllen für Vorprodukte. Oder der Anschluss einer bereits beschafften Kläranlage sei plötzlich nicht möglich, weil die Stadtverwaltung die Pläne für die Kanalisation verloren habe.

Im Index der Wahrnehmung von Korruption liegt Äthiopien bei Transparency International unter 180 Ländern auf dem 94. Rang - das Land ist also nicht besonders schlecht eingestuft. Schwieriger als das Problem der Korruption empfindet ein langjähriger Investor die Mentalität bei den Behörden, aus Angst vor entsprechenden Vorwürfen überall Prüfinstanzen einzuziehen. Ein anderer Investor verweist auf politisch motivierte Neubesetzungen in Ämtern, so infolge des Kriegs in der Nordregion Tigray. "Die ganzen Prozesse gehen dann wieder von vorne los."

Der erste gute Eindruck kann täuschen

Eine vertraute Klage ist, dass die Ethiopian Investment Commission (EIC) ausländischen Firmen den roten Teppich ausrolle, andere Behörden des Zentralstaats und gerade auch der regionalen und lokalen Ebenen aber deutlich weniger entgegenkommend seien. "Bei der EIC hat man erst mal das Gefühl, die haben super Leute und die kümmern sich", sagt ein Investor, danach werde es sehr zäh. "US-Investoren berichten, dass die EIC als Bundesorganisation auf regionaler und lokaler Ebene wenig Einfluss hat", steht in einem Papier des US-Außenministeriums. Die EIC bestätigt dies indirekt. So teile man Auslandsinvestoren im Interesse einer guten Betreuung Key Account Manager zu. Bei anderen Behörden hingegen liege der Fokus auf der "Regulierung".

Apotheke "rechtswidrig weggenommen"

Eigentum äthiopischer oder ausländischer Investoren darf laut der Investment Proclamation von 2020 bei einem öffentlichen Interesse teilweise oder ganz enteignet werden. Voraussetzung ist, dies erfolgt gesetzeskonform und mit einer Entschädigung. Aus der Praxis gibt es jedoch gegenläufige Berichte: Der alteingesessene deutsche Eigentümer der in Addis Abeba bekannten Lion Pharmacy berichtet etwa vom Verlust seiner Apotheke im Jahr 2022 nach einer Besetzung durch mehrere Dutzend Personen. Diese geschah laut dem Unternehmer gesetzeswidrig und entschädigungslos, mit einem Schaden von 1 Million US-Dollar (US$). Bundespolizei und Stadtverwaltung seien darüber in Kenntnis gewesen. Auch die Anlagen eines deutschen Investoren, der sich mittlerweile aus dem Land zurückgezogen hat, wurden laut eigenen Angaben besetzt.

Zugang zu Devisen schwierig, aber nicht unmöglich

Äthiopiens extreme Devisenknappheit ist auch ein Problem für Auslandsinvestoren. Wer nicht exportiert, kommt offiziell nur schwer an Dollar für Importe. Auf dem Schwarzmarkt war die Landeswährung Birr im Frühjahr 2023 nur halb so viel wert wie offiziell. Selbst Exporteure müssen einen großen Teil ihrer Devisen zwangsumtauschen.

Auslandsinvestoren können bei der EIC Devisen nach dem "Franco-Valuta"-Schema beantragen. Bei einer Zusage bekommen sie US-Dollar für die Einfuhr von Kapitalgütern, Rohstoffen und anderen Produkten. Solche "Franco-Valuta-Devisen" gibt es auch für Medikamente, Speiseöl und einige andere als lebensnotwendig eingestufte Produkte für den äthiopischen Markt. Für die Zuteilung dieser Devisen ist aber das Finanzministerium zuständig.

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