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Chinas Afrika-Projekte brauchen Beratung für mehr Nachhaltigkeit

Chinesische Firmen achten auch in Afrika auf mehr Nachhaltigkeit. Ein deutscher Ingenieurconsultant berichtet, wie und warum er daraus Aufträge gewinnt. (Stand: 01.12.2023)

Von Ulrich Binkert | Bonn

Mit seinen großen und oft zügig umgesetzten Infrastrukturvorhaben hat China in Afrika seit der Jahrtausendwende Fakten geschaffen. Seitdem aber die Milliardenfinanzierungen von zu Hause ausbleiben, sind auch diese Projekte kleiner geworden. Die aktuelle Bestätigung für diesen Trend lieferte der letzte Kongress zur "Neuen Seidenstraße", das dritte Belt and Road Forum in Beijing im Oktober 2023. 

Chinas Firmen sollen nachhaltiger arbeiten 

Die künftig geltende Maxime von den "kleinen, aber feinen" Projekten, die bei diesem Forum ausgegeben wurde, war zwar genauso schwammig wie bei ähnlichen Ankündigungen zuvor. Klar scheint aber, dass chinesische Vorhaben in Afrika künftig nachhaltiger sein werden. So schreibt das Boston University Global Development Policy Center, dass China seine Projekte besser auf Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und soziale Auswirkungen prüfen werde. Lange Zeit war Schnelligkeit wichtiger als Topqualität oder umfassende Planung mit Einbeziehung aller Betroffenen, monieren Beobachter. Sie verweisen als Beispiel auf den milliardenschweren Bau der Eisenbahnlinie von Addis Abeba nach Dschibuti am Horn von Afrika.

Wenn chinesische Firmen nun besser planen müssen, ist dies auch eine Chance für deutsche Ingenieurconsultants? Der Bremer Berater Inros Lackner bekommt immer wieder Aufträge in Projekten mit Beteiligung chinesischer Firmen. So berichtet Karsten Galipp, zuständig für das anglofone Afrika, von einer aktuellen Anfrage zu einem Hafen in Westafrika. Sein Unternehmen soll für eine chinesische Ingenieurfirma den Entwurf überprüfen, den diese für den - ebenfalls chinesischen - Generalunternehmer erstellt hat. 

Nun müssen Chinas Infrastrukturfirmen mit dem Versiegen der Projektfinanzierung aus heimischen Quellen zurechtkommen. Das dämpft die Lust an Auftragsvergaben an Drittfirmen. Karsten Galipp kann daher auch keinen Trend bestätigen, wonach Aufträge zur Planung oder Aufsicht in chinesisch dominierten Projekten zugenommen hätten. Diese Beobachtung treffe auch auf das Geschäft eines großen europäischen Ingenieurbüros zu, mit dem er in Kontakt stehe.

"Die Chinesen wollen Expertise von außen"

Galipp verweist aber auf die Gründe, warum chinesische Baufirmen, Generalunternehmen oder auch Projektierer nicht-chinesische Dienstleister beauftragen. Die hohen Standards von internationalen Entwicklungsbanken, die für die Finanzierung "chinesischer" Projekte viel wichtiger geworden sind, forderten strenge Nachhaltigkeitskriterien ein. "Dafür holen sich die Chinesen gerne auch mal Expertise von außen", sagt der Manager. Er verweist dafür auch auf das aktuelle Hafenprojekt. "Die wollen anerkannt gute Firmen, die fair und garantiert unabhängig agieren und mit keinem chinesischen Netzwerk verflochten sind." 

Bestätigung kommt von Fred Wendt von ILF. Das österreichisch-deutsche Beratungsunternehmen übernimmt zum Beispiel die Steuerung beim Bau der Ölpipeline von Niger nach Benin - im Auftrag eines chinesischen Projektentwicklers. 

Deutsche Ingenieurberater bekommen in Afrika neue Konkurrenz

Karsten Galipp vom Bremer Ingenieurconsultant Inros Lackner stellt im anglofonen Afrika neue Wettbewerber fest. Besonders aktiv seien Berater aus Tunesien und anderen Ländern Nordafrikas sowie den Golfstaaten, aber auch aus Indien. "Und die wissen schon auch, wie man Infrastrukturprojekte gut abwickelt." Chinesische Firmen hingegen träten bei Planungsleistungen noch wenig als Konkurrenten auf. 

In anderen Fällen sind es Behörden, die Ingenieurdienstleister aus Drittländern mit der Beaufsichtigung chinesischer Baufirmen beauftragen. So betraute das angolanische Transportministerium die portugiesische Firma A1V2 mit der Aufsicht über den Neubau der Benguela-Bahnlinie, den die chinesische Firma Hyway bereits 2015 abschloss.

Die Regierungen müssten als künftige Eigentümer eines Hafens oder einer Straße eigentlich besonders stark an deren Nachhaltigkeit interessiert sein - und deshalb auch an guten Ingenieurdienstleistungen. Branchenvertreter berichten aus Afrika aber von gemischten Erfahrungen. Behörden und deren Chefs seien immer wieder vor allem an besonders schneller und preiswerter Umsetzung der Projekte interessiert. Die gründliche, aber oft langwierige Arbeit eines Beraters aus den etablierten Industrieländern, der sich an komplexe Regeln halten muss, passe da nicht so gut.

Auch mehr finanzielle Nachhaltigkeit gefragt

Chinas Infrastrukturfirmen in Afrika müssen derweil auch finanziell nachhaltiger agieren und besser planen, seitdem der Mittelzufluss von heimischen Staatsbanken ausgetrocknet ist. Die Unternehmen bewerben sich nun massiv um Projekte der Weltbank und anderer nicht-chinesischer Geberorganisationen. Oder sie gehen kreative Wege der Finanzierung wie beim Bau des Hafens Lekki in Nigeria. 

China bewegt sich in Afrika weg von einem risikoreichen Investitionsmodell hin zu kleineren und kommerziell als lohnenswert erscheinenden Geschäften, heißt es sinngemäß bei der Forschungseinrichtung Chatham House. Chen Siqing, Chef der chinesischen Staatsbank ICBC, drängt in einem Artikel in der Security Times chinesische Firmen, bei Auslandsgeschäften die Sicherheit an erste Stelle zu setzen und keine systemischen Finanzrisiken einzugehen. Dies steht in dem Artikel neben der Forderung, die Risikokontrolle bei Projekten zu verbessern. Zudem hätten die nationalen Finanzaufsichtsbehörden die Geldgeber aus der Volksrepublik deutlich daran erinnert, Compliance-Regeln einzuhalten.

Chinas Nachhaltigkeitsbemühen mit gemischten Noten 

Chinas Firmen sind in Afrika bereits nachhaltiger unterwegs als früher. Dies zeigt eine Studie der Boston University auf Basis von fünf Fallstudien, genauer zwei Stromprojekten und drei Sonderwirtschaftszonen in Ägypten, Äthiopien und Nigeria. Allerdings orientierten sich chinesische Projekte üblicherweise nicht an eigenen Standards, sondern an den Vorgaben der Zielländer. Und diese seien oft schwach oder würden unzureichend umgesetzt. 

Die China International Contractors Association erstellt jährlich eine Liste mit "nachhaltigen" Infrastrukturprojekten. Zu Afrika nennt der Verband in der aktuellen Ausgabe für 2022 zwar auch zwei Projekte der Trinkwasserversorgung in Senegal und Côte d'Ivoire. Ansonsten nennt er jedoch eher wenig "nachhaltig" anmutende Projekte: den Expressway Nairobi, eine Küstenautobahn in Angola und drei andere Straßenprojekte, zwei Großkraftwerke sowie einen Erzhafen in Mauretanien. 

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