Interview | ASEAN, Bangladesch | Exportkreditgarantien
"Wir unterstützen dabei, neue Märkte zu erschließen"
Exportkreditgarantien erklärt: Wie Hermesdeckungen deutschen Mittelständlern helfen, Finanzierungsrisiken zu senken und Exporte in die ASEAN-Region zu ermöglichen.
01.08.2025
Von Alexander Hirschle | Singapur
Alexandra Lutz ist seit Juli 2023 Leiterin des Kompetenzzentrums für deutsche Exportfinanzierungen bei der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Singapur. Mit einem regionalen Mandat berät sie deutsche Unternehmen in ganz Südostasien und in Bangladesch. Das Kompetenzzentrum unterstützt im Auftrag der Bundesregierung und informiert deutsche Exporteure, lokale Importeure und finanzierende Banken zu Exportkreditgarantien.
Frau Lutz, fallen wir gleich mit der Tür ins Haus: Wie können Sie deutschen Unternehmen helfen, Geschäfte in Südostasien zu machen?

Nehmen wir als Beispiel einen Hersteller von Textilausrüstungen, der eine Maschine nach Indonesien exportieren will. Der Kunde vor Ort möchte den Auftrag gern über eine Finanzierung abwickeln. Dies kann über ein lokales Kreditinstitut erfolgen. Oder es wird eine ECA (Export Credit Agency)-Finanzierung gewählt, bei der die Bundesrepublik Deutschland eine Exportkreditgarantie übernimmt, auch oft bekannt unter "Hermesdeckung".
Für den deutschen Exporteur erhöht das Instrumentarium die Chance, das Geschäft abzuschließen. Und die Firmen haben den Vorteil, bei einem Ausfall des Kredits gegen wirtschaftliche und vor allem politische Risiken abgesichert zu sein. Vor allem Letzteres bieten private Versicherungsinstitute nicht an. Die Hermesdeckungen sind daher subsidiär zum privaten Versicherungsmarkt. So kommen häufig Geschäfte zu Stande, die unter normalen Bedingungen nicht in Erwägung gezogen würden.
Gibt es weitere Vorteile?
Ja, auch die Importeure im betreffenden Land profitieren von Exportkreditgarantien: Im Regelfall erhalten sie aufgrund der Exportkreditgarantie längere Laufzeiten im Vergleich zu lokal gewährten Darlehen. Außerdem ist der Zinssatz meist niedriger als bei Finanzierungen lokaler Banken. Das führt unterm Strich zu geringeren Finanzierungskosten und einer höheren Bereitschaft beim Importeur, eine deutsche Maschine zu kaufen.
Warum fördert die Bundesregierung mit öffentlichen Mitteln Exportkreditgarantien?
Deutsche Unternehmen sollen dabei unterstützt werden, ihre Aktivitäten in Entwicklungs- oder Schwellenländern zu diversifizieren und neue Märkte zu erschließen - auch unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Im Vordergrund stehen kleine und mittlere Firmen: Das waren 77 Prozent der im Jahr 2024 unterstützten Exporteure. Ein weiteres, elementares Ziel ist die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland.
Wer kann die Exportkreditgarantien beantragen?
Die Exportkreditgarantien des Bundes stehen grundsätzlich allen deutschen Firmen und exportfinanzierenden Banken mit Sitz in Deutschland zur Verfügung - unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Auftragshöhe. Maßgeblich für die Übernahme einer Exportkreditgarantie sind die Förderungswürdigkeit sowie die risikomäßige Vertretbarkeit.
Mit der Übernahme einer Exportkreditgarantie übernimmt die Bundesregierung das Risiko, bei einem Zahlungsausfall zu zahlen. Ist dies kostenlos?
Ein sehr guter und wichtiger Punkt. Durch die Übernahme einer Exportkreditgarantie wird das Risiko eines Zahlungsausfalls zu einem großen Teil auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen. Eine geringe Selbstbeteiligung verleibt beim Exporteur bzw. der finanzierenden Bank. Für die Übernahme des Risikos zahlen die Deckungsnehmer eine risikoadäquate Prämie als Entgelt. Es ist dementsprechend nicht kostenlos, aber risikoadäquat.
Was sind in ihrer Region die Märkte mit dem größten Potenzial für Exportkreditgarantien?
Die Kernmärkte in meiner Region sind die beiden ASEAN (Association of Southeast Asian Nations)-Staaten Indonesien und Vietnam sowie Bangladesch. Dort herrscht aufgrund des Wirtschaftswachstums ein großer Investitionsbedarf. Die Qualität deutscher Güter wird sehr geschätzt und dementsprechend werden sie nachgefragt. Gleichzeitig sind aber die Finanzierungsrisiken noch hoch.
Eine individuelle Beratung vor Ort ist da besonders wichtig. Exporteure, Importeure und Banken schätzen meine regionale Präsenz und die angebotenen Beratungsleistungen. Ich werde regelmäßig in konkrete Projekte eingebunden, berate und beantworte Fragen zu den Exportkreditgarantien des Bundes.
Was sind denn die größten Herausforderungen für Ihre Kunden?
Im Ausland sind die Hermesdeckungen oft unbekannt. Dabei bieten sie auch lokalen Importeuren viele Vorteile. Wenn eine ECA-Finanzierung erstmalig von einem Exporteur oder einer exportfinanzierenden Bank angeboten wird, haben die Importeure oft entsprechend viele Fragen, die wir vor Ort immer gern beantworten.
Viele Unternehmen in Deutschland arbeiten nur auf Basis von LCs (Letter of Credits). Wenn der Importeur im Ausland darauf nicht eingehen kann oder will, wird der Deal nicht abgeschlossen. Die Exportkreditgarantien bieten dann eine Alternative für die Absatzfinanzierung mit deutlich reduzierten Risiken.
Wie versuchen Sie, das zu ändern?
Neben der konkreten Projektberatung besteht meine Tätigkeit darin, Verständnis für das Instrumentarium der Hermesdeckungen zu schaffen. Dafür baue ich Netzwerke auf, führe zahlreiche Gespräche und halte viele Vorträge und Workshops in der Region. Außerdem begleite ich regelmäßig Unternehmensreisen des Markterschließungsprogramms in meiner Region.
Meine Zielgruppen sind Repräsentanten der deutschen Firmen in den jeweiligen Ländern, lokale Importeure und Banken. Vor allem die Importeure müssen den Mehrwert der Hermesdeckungen verstehen und schätzen. Denn sie entscheiden am Ende über die Art der Finanzierung und gewähren im Rahmen des Antrags- und Prüfprozesses Einblick in ihre Bilanzen. Das fällt nicht jeder Firma leicht und erfordert Vertrauen.
Tipps und Informationen:
- Binden Sie das Kompetenzzentrum so früh wie möglich ein!
- Verpassen Sie keine Informationen zu den Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland:
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- Veranstaltungen
Neben Singapur bietet auch das Kompetenzzentrum in Abidjan Beratung für Westafrika und Subsahara Afrika sowie in Dubai für den Mittlerer Osten und Nordafrika. Ein weiteres Kompetenzzentrum wird 2025 in Indien eröffnet. Darüber hinaus gibt es in Lateinamerika ein sogenanntes mobiles Desk, das ebenfalls vor Ort beratend unterstützt.
Kontakt:
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