Rechtsbericht | Aserbaidschan | Gesetzliche Grundlagen
Rechtsquellen in Aserbaidschan
Aserbaidschan ist ein demokratischer Staat mit einem gewählten Parlament. Das Rechtssystem ist vom römisch-germanischen Recht mit Elementen des sowjetischen Rechts geprägt.
17.06.2022
Von Yevgeniya Rozhyna, Dmitry Marenkov
Allgemeines
Gemäß Verfassung ("Konstitusiya“) von 1995 ist die Republik Aserbaidschan ("Azərbaycan Respublikası“) ein demokratischer Staat mit einem gewählten Parlament. Staatsoberhaupt ist der Präsident ("prezident“), der für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt wird (Art. 99 ff. Verfassung). Seit Oktober 2003 hat Ilham Aliyev den Posten inne.
In der Rangfolge deutscher Handelspartner für das Jahr 2021 belegte Aserbaidschan mit einem Umsatz von rund 1,09 Milliarden Euro Platz 90 (Quelle: Statistisches Bundesamt): Platz 95 in der weltweiten Rangfolge der deutschen Exportmärkte und Platz 76 bei den Lieferländern.
Aserbaidschan gehört der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und dem Europarat an. Das Land befindet sich seit 1997 in Beitrittsverhandlungen zur Welthandelsorganisation (WTO). Auf der Internetseite der WTO kann der aktuelle Stand zur Beitrittsverhandlung aufgerufen werden.
Rechtssystem
Das Rechtssystem ist vom römisch-germanischen Recht mit Elementen des sowjetischen Rechts geprägt und wird seit der Unabhängigkeit Aserbaidschans stetig reformiert. Die Grundprinzipien des Rechts ähneln denen der übrigen GUS-Staaten. Das erleichtert die Kooperation mit anderen eurasischen Ländern. Die Hauptquellen des Rechts sind die Gesetzgebung und andere normative Akte wie Beschlüsse, Richtlinien der Ministerien und Verordnungen der zentralen Exekutivbehörden. Internationale Abkommen sind ein wesentlicher Bestandteil der Gesetzgebung.
Die Hauptquellen des Rechts sind die Gesetzgebung und andere normative Akte wie Beschlüsse, Richtlinien der Ministerien und Verordnungen der zentralen Exekutivbehörden. Internationale Abkommen sind ein wesentlicher Bestandteil der Gesetzgebung.
Außer Parlamentsgesetzen sind Präsidialdekrete ("Prezidentinin fərmanlar“, Art. 113 Verfassung) und Verordnungen des Ministerkabinetts ("Nazirlər Kabinetinin qərarları“, Art. 120 Verfassung) sowie untergesetzliche Normativakte der Exekutivorgane zu beachten (Art. 148 Verfassung). Dekrete des Staatspräsidenten dürfen nicht gegen die Verfassung und die Gesetze verstoßen (Art. 149 Abs. 4 Verfassung). Verordnungen des Ministerkabinetts gehen im Range den Gesetzen und den Präsidialdekreten nach (Art. 149 Abs. 5 Verfassung).
Internationale Abkommen, an denen sich Aserbaidschan beteiligt, werden als „unabdingbarer Bestandteil der Gesetzgebung der Republik Aserbaidschan“ bezeichnet (Art. 148 Abs. 2 Verfassung). Bei Widersprüchen zwischen der nationalen Gesetzgebung (mit Ausnahme der Verfassung und den im Zuge einer Volksabstimmung ergangenen Rechtsvorschriften) und einem völkerrechtlichen Vertrag, gehen die Regelungen des völkerrechtlichen Vertrages vor (Art. 151 Verfassung).
Der Verfassungstext kann durch sogenannte Verfassungsgesetze ergänzt werden. Sie werden vom Parlament mit einer Mehrheit von 95 Stimmen beschlossen, stellen einen unabdingbaren Bestandteil der Verfassung dar und dürfen dem Haupttext der Verfassung nicht widersprechen (Art. 156 Verfassung).
Das Verfassungsgesetz "Über Normativrechtsakte“ vom 21. Dezember 2010 (Nr. 21-IVKQ) enthält zusätzliche Regelungen zur Normenhierarchie, zum Verfahren des Erlasses von Rechtsvorschriften, zur Anwendung des Analogieprinzips bei Regelungslücken und zum Inkrafttreten von Normativrechtsakten. Das Verfassungsgesetz legt in Art. 2.5 ausdrücklich fest, dass im Falle von Abweichungen zwischen den Normen des Zivilgesetzbuches und anderen Gesetzbüchern und Gesetzen auf dem Gebiet des Zivilrechts die Vorschriften des Zivilgesetzbuches vorgehen.
Gesetzgebungsverfahren
Gesetze ("Qanunlar“) werden vom Ein-Kammer-Parlament ("Milli Məclis“/"Milli Majlis“, Art. 81 ff. Verfassung) verabschiedet. Seine 125 Abgeordneten werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Die Gesetzgebungsinitiative haben gemäß Art. 96 Verfassung ("Aərbaycan Respublikasının Konstitusiyası") die Parlamentsabgeordneten, der Staatspräsident, das Oberste Gericht, 40.000 wahlberechtigte Bürger, die Staatsanwaltschaft sowie der Ali Majlis der Autonomen Republik Nakhichevan. Über Gesetzentwürfe muss innerhalb von zwei Monaten abgestimmt werden. Der Staatspräsident, das Oberste Gericht, die Staatsanwaltschaft sowie der Ali Majlis der Autonomen Republik Nakhichevan können Gesetzentwürfe für dringend erklären; in diesem Falle muss das Parlament innerhalb von 20 Tagen verhandeln und darüber abstimmen.
In der Regel ist die einfache Mehrheit von 63 Stimmen notwendig. Beschlossene Gesetze werden dem Staatspräsidenten innerhalb von 14 Tagen zur Unterzeichnung zugeleitet. Wenn der zugrunde liegende Gesetzentwurf für dringend erklärt worden war, beträgt diese Frist 24 Stunden (Art. 96, 97 Verfassung). Der Staatspräsident hat 56 Tage zur Unterzeichnung der Gesetze. Er ist berechtigt, die Gesetze nicht zu unterzeichnen und sie mit seinen Anmerkungen an das Parlament zurückzugeben. Sein Veto kann mit einer qualifizierten Mehrheit überstimmt werden (Art. 110 Verfassung). Sofern das Gesetz kein abweichendes Inkrafttreten vorsieht, treten die Gesetze am Tage ihrer Veröffentlichung in Kraft (Art. 98 Verfassung).