An der Spitze der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) steht ein Gouverneursrat, in dem Vertreter jedes Mitgliedslands und von Europäischer Union (EU) und Europäischer Investitionsbank (EIB) sitzen. Die Mitglieder sind permanent durch Exekutivdirektoren bei der Bank vertreten. Deutschland ist mit einem Anteil von 8,5 Prozent einer der größten Anteilseigner. Deutscher Exekutivdirektor ist Michael Offer. Die Gouverneure und Exekutivdirektoren entscheiden über die strategische Ausrichtung der Bank. Das Exekutivdirektorium ist unter anderem auch für die Bewilligung der Investitionsprojekte zuständig. Die operative Geschäftsleitung übernimmt die von den Gouverneuren gewählte Präsidentin. Seit 2020 hat die Französin Odile Renaud-Basso dieses Amt inne.
Die EBRD arbeitet vor allem mit Kunden aus dem Privatsektor zusammen, finanziert aber auch Behörden und staatliche Unternehmen in ihren Zielländern. Der Anteil des Privatsektors macht fast 80 Prozent des Investitionsgeschäfts der EBRD aus. Sie bietet Projektfinanzierungen direkt und über Finanzintermediäre an. Weitere Angebote sind Geschäftsberatungsdienste und Handelsfinanzierungen sowie die Vergabe von Darlehen innerhalb eines Bankenkonsortiums (Syndizierung). Im Rahmen der Projektfinanzierung vergibt die EBRD Kredite an Firmen zu Marktkonditionen.
Neben diesem Kerngeschäft setzt die EBRD auch Instrumente mit Zuschusskomponenten um. Die Mittel hierfür werden von bi- und multilateralen Gebern bereitgestellt. Zuschüsse gibt es zum einen für Technische Hilfe und zum anderen für Investitionsprojekte. Mit Zuschüssen für Technische Hilfe werden die Vermittlung von Fachwissen zur Umsetzung von Investitionsprojekten oder die Beratung staatlicher Stellen finanziert. Darüber hinaus setzt die EBRD Zuschüsse auch ein, um Investitionsrisiken zu reduzieren oder Investitionsanreize zu setzen. Die EBRD koordiniert auch geberfinanzierte thematische und regionale Trust Funds.
Zudem betreibt die EBRD Politikdialog mit Regierungen, Finanzinstitutionen und der Zivilgesellschaft und erstellt regionale Analysen und Prognosen.
Projektportfolio und thematische Schwerpunkte der EBRD
Im Jahr 2019 investierte die EBRD 10,1 Milliarden Euro (2018: 9,5 Milliarden Euro) in 452 neue Projekte (2018: 395). Die regionalen Schwerpunkte lagen 2019 in Osteuropa und dem Kaukasus (Neuzusagen 2,1 Milliarden Euro), im südlichen und östlichen Mittelmeerraum (Neuzusagen 1,8 Milliarden Euro), Südosteuropa (Neuzusagen 1,7 Milliarden Euro), Mitteleuropa und den baltischen Staaten (Neuzusagen 1,5 Milliarden Euro), Zentralasien (Neuzusagen 1,4 Milliarden Euro) und der Türkei (Neuzusagen 1 Milliarde Euro). Für Zypern und Griechenland wurden 0,6 Milliarden Euro neu zugesagt.
Nach Sektoren betrachtet investierte die EBRD 2019 hauptsächlich in den Bereich Infrastruktur und Energie mit 3,9 Milliarden Euro. Die Investitionen im Finanzsektor erreichten 3,4 Milliarden Euro für Finanzierungen über Partnerbanken an kleine und mittlere Unternehmen sowie für Projekte zur Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit. Weitere 2,9 Milliarden Euro wurden in Industrie, Handel und Agribusiness investiert.
Zu den Schwerpunktthemen, mit denen sich die EBRD gegenwärtig befasst, gehören u.a.: Die „Green Economy“ zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz, die Neue Seidenstraße, Infrastrukturausbau und die wirtschaftliche Entwicklung des Gazastreifens und des Westjordanlands. Seit 2016 setzt die Bank auch einen neuen Green Economy Transformationsansatz (GET) um. Damit unterstützt sie ihre Partnerländer bei der Erreichung ihrer Klimaziele. Im Jahr 2019 hatten bereits 46 Prozent der Projekte eine „grüne“ Ausrichtung.
EBRD-Empfängerländer
Ägypten, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Georgien, Griechenland, Jordanien, Kasachstan, Kirgisistan, Kosovo, Kroatien, Lettland, Libanon, Litauen, Marokko, Moldau, Mongolei, Montenegro, Nordmazedonien, Palästinensische Gebiete, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tadschikistan, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Ungarn, Usbekistan
In Tschechien investiert die EBRD seit 2008 nicht mehr und in Zypern seit 2021 nicht mehr, verwaltet in beiden Ländern aber noch ein Portfolio.
Regelmäßig überlegen die Anteilseigner, ob und wie der Aktivitätsradius der EBRD regional ausgeweitet werden soll. Zur Diskussion steht die Aufnahme von Aktivitäten etwa in Algerien und Libyen. Seit 2019 ist Libyen Anteilseigner der EBRD. Algerien hat 2020 einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Der Prozess soll 2021 abgeschlossen werden. Ebenfalls möchte die Bank ihre Aktivitäten schrittweise und in begrenztem Umfang auf Subsahara-Afrika und auf den Irak ausweiten.