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Grüner Stahl von morgen benötigt hochgradiges Eisenerz

Australien könnte bald mehr als 1 Milliarde Tonnen Eisenerz pro Jahr fördern. Dabei intensivieren Unternehmen die Suche nach Magnetit, welches für grünen Stahl benötigt wird.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Der Eisenerzabbau in Australien hat den Zenit noch lange nicht überschritten. Nach Erwartung des australischen Bergbauministeriums soll die magische Marke von 1 Milliarde Tonnen im Finanzjahr 2024/2025 (1. Juli bis 30. Juni) geknackt werden. Zahlreiche Minenbetreiber planen neue Abbaustätten. Landesweit befinden sich 29 Projekte mit einem Investitionsvolumen von mindestens 28,5 Milliarden US-Dollar (US$) in der Planung.

Unternehmen fahren die Produktion hoch

Im Rahmen seines Expansionskurses will der größte australische Eisenerzproduzent Rio Tinto die jährliche Produktionsmenge bis 2027 auf 345 Millionen bis 360 Millionen Tonnen steigern. Zuletzt wurden im Kalenderjahr 2022 rund 322 Millionen Tonnen verschifft. Bereits im Jahr 2023 starten die Arbeiten für das etwa 2 Milliarden US$ teure "Western Range"-Projekt. Das Vorhaben wird gemeinsam mit der chinesischen Baowu Steel-Gruppe realisiert und soll ab 2025 etwa 25 Millionen Tonnen pro Jahr fördern.

Noch in der Planungsphase befindet sich das mit 40 Millionen Tonnen pro Jahr deutlich größere "Rhodes Ridge"-Projekt. Der Start des Minenbetriebs ist für das Ende des laufenden Jahrzehnts geplant. Die beiden Projekte von Rio Tinto befinden sich in der Pilbara-Region im Bundesstaat Western Australia, dem Zentrum der australischen Eisenerzindustrie. Dort betreibt Rio Tinto derzeit 17 eigene Eisenerzminen.

Der Konkurrent BHP peilt bis 2027 zunächst eine moderate Steigerung auf rund 300 Millionen Tonnen Eisenerz pro Jahr an (2022: 284 Millionen Tonnen). Langfristig verfolgt BHP jedoch ehrgeizigere Ziele und will ein jährliches Produktionsvolumen von 330 Millionen Tonnen erreichen. Entsprechende Machbarkeitsplanungen sollen bis 2025 erstellt werden. Nach Unternehmensangaben erfordern die Pläne den Bau von mindestens einer neuen Mine. Dafür werden in der Pilbara-Region die Lagerstätten Ministers North, Jinidi, Homestead, East Opthalmia und Marillana untersucht.

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Klimaschutzziele steigern die Nachfrage

Große Auswirkungen für den Eisenerzsektor ergeben sich aus den weltweiten Bemühungen zur Dekarbonisierung von industriellen Prozessen. Bei der Herstellung von Stahl im Hochofen verbindet sich der im Eisenerz enthaltene Sauerstoff mit dem Kohlenstoff aus der als Reduktionsmittel eingesetzten Kokskohle. Dadurch entsteht Kohlendioxid (CO₂). Die Stahlindustrie ist deshalb für rund 10 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich.

Die Zukunft soll dem nachhaltig produziertem Stahl gehören. Dabei wird grüner Wasserstoff eingesetzt, um den Sauerstoff aus dem Eisenerz zu entfernen. Dieses Verfahren der Direktreduktion produziert Eisenschwamm, welcher anschließend in einem elektrischen Lichtbogenofen mit erneuerbarer Energie zu Rohstahl weiterverarbeitet wird.

Ein Knackpunkt ist jedoch, dass die emissionsarme Stahlproduktion im Lichtbogenofen hochgradiges Eisenerz mit einer Reinheit von über 67 Prozent benötigt. Viele australische Produzenten stellt diese Anforderung vor Herausforderungen. In der Pilbara-Region wird Eisenerz vor allem aus dem Mineral Hämatit gewonnen. Das daraus erzeugte Eisenerzkonzentrat weist in der Regel nur eine Reinheit von 58 bis 64 Prozent auf.

"Unser Lösungsansatz für das Problem klingt zunächst kontraintuitiv, denn für unser Razorback-Projekt setzen wir auf Vorkommen in Magnetit-Mineral, deren Eisengehalt zunächst vergleichsweise niedrig ist", sagt Mark Eames vom Bergbauunternehmen Magnetite Mines. Entscheidend ist jedoch die magnetische Eigenschaft von Magnetit. Mit moderner Erzaufbereitungstechnik wie Magnetabscheidern kann so Eisenerzkonzentrat in hochgradiger Premiumqualität gewonnen werden.

"Unsere Razorback-Mine wird Eisenerz mit einer Reinheit von bis zu 68,5 Prozent produzieren. Derzeit planen wir mit einer jährlichen Produktionskapazität von mindestens 5 Millionen Tonnen.“ (Mark Eames, Magnetite Mines)

Zahlreiche Magnetit-Projekte sind in der Planungsphase

Nach Prognose von Wood Mackenzie soll sich die weltweite Nachfrage nach hochgradigem Eisenerz bis 2050 auf 750 Millionen Tonnen pro Jahr verfünffachen. Der drittgrößte Eisenerzproduzent in Down Under, Fortescue Metals Group, investiert bereits 3,9 Milliarden US$ in die Magnetit-Mine Iron Bridge, welche ab 2023 rund 22 Millionen Tonnen pro Jahr produzieren wird.

Auch Hancock Prospecting, welche bereits die Megamine Roy Hill betreibt (60 Millionen Tonnen pro Jahr), interessiert sich für Magnetit und investiert hier in die Projekte Ridley und Mount Bevan. Mineral Resources arbeitet an Plänen, den bestehenden Yilgarn Hub von Hämatit auf Magnetit umzustellen. Die geplante Kapazität liegt bei 5 Millionen Tonnen pro Jahr.

Besonders ehrgeizige Ziele setzt sich die GFG Alliance des britischen Milliardärs Sanjeev Gupta. Im Bundesstaat South Australia betreibt die Gruppe das Whyalla-Stahlwerk mit einer Kapazität von 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr. Planungen zur Umrüstung der Anlage auf die Herstellung von grünem Stahl laufen bereits. Bis 2030 soll in diesem Zuge auch die Magnetit-Produktion in dem angeschlossenen Eisenerzkomplex von derzeit 2,5 Millionen auf 30 Millionen Tonnen pro Jahr erhöht werden.

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Alternative Verfahren für grünen Stahl werden erforscht

Andere Unternehmen suchen derweil nach Wegen, wie die reichhaltigen Hämatit-Vorkommen der Pilbara-Region für grünen Stahl genutzt werden können. Eine Kooperation zwischen Rio Tinto und dem Stahlhersteller Blue Scope konzentriert sich auf die Weiterentwicklung einer Technologie zur Direktreduktion von Eisenerz, die speziell für das Stahlwerk Glenbrook in Neuseeland entwickelt wurde. Dabei kommen als Zwischenschritt elektrische Schmelzen zum Einsatz. Durch die Entfernung von Verunreinigungen (wie z.B. Silizium) könnte damit auch Hämatit-Erz zu grünem Stahl verarbeitet werden. Auch BHP interessiert sich für diese Technologie und plant mit dem Ingenieursbüro Hatch den Bau einer Pilotanlage in Australien.

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