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Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

Die Aussichten für den Hochbau verbessern sich. Die eingeleitete Zinswende und mehr staatliche Wohnungsbauinvestitionen stimmen die Bauunternehmer vorsichtig optimistisch für 2024.

Von Gloria Rose | São Paulo

Für 2024 erwartet der Verband Câmara Brasileira da Industria da Construção (CBIC) wieder ein Wachstum der Bauwirtschaft. Mit einem Plus von real 1,3 Prozent wird der Sektor voraussichtlich jedoch weniger stark wachsen als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit rund 1,9 Prozent. Auch 2023 blieb der Sektor hinter der gesamtwirtschaftlichen Dynamik zurück. Während das BIP um 2,9 Prozent zulegte, nahm die Wertschöpfung der Bauwirtschaft um 0,5 Prozent ab.

Die drastische Inflation für Baumaterial aus der Coronazeit ist längst überwunden. Für Dienstleistungen und Fachkräfte stieg das Preisniveau 2023 weiter an. Der Sektor preist die höheren Baukosten ein. Damit dürften die Immobilienpreise auch 2024 weiter anziehen.

Bauunternehmer blicken optimistischer in die Zukunft

Laut der CBIC-Erhebung vom Februar 2024 erwartet der Sektor für die kommenden sechs Monate eine positive Entwicklung der Geschäftstätigkeit, der Beschäftigung, des Einkaufs von Vorprodukten und neuer Projekte. Das Vertrauen der Bauunternehmer legt leicht zu. Die positiven Erwartungen stützen sich auf verschiedene Entwicklungen:

  • Erstens beleben die sinkenden Zinsen die Baukonjunktur.
  • Zweitens zieht der Wohnungsbau für Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen wieder an. Anfang 2023 hatte die Regierung die Förderung erhöht, sodass sich der Sozialwohnungsbau wieder rentiert.
  • Drittens bringen die Kommunalwahlen Schwung in öffentliche Bauvorhaben.

Immobilienfinanzierung wird erst ab 2025 günstiger

Im März 2024 senkte die Zentralbank den Leitzins zum sechsten Mal in Folge um einen halben Prozentpunkt auf 10,75 Prozent herab. Die Zinssenkungen schlagen nur allmählich auf den Kreditmarkt durch. Der Verband für Immobilienkredite Abecip erwartet, dass die Zinsen für Immobilienkredite in den kommenden Monaten auf dem relativ hohen Niveau von 11 bis 12 Prozent stagnieren, wenn das Kreditvolumen unverändert hoch bleibt. Da die Banken bei der Kreditvergabe Neubauten bevorzugen, könnten für gebrauchte Immobilien weniger Kreditmittel zur Verfügung stehen.

Wohnungsbau zieht wieder an

Laut dem Branchenverband CBIC dürften die Baugesellschaften 2024 wieder mehr Wohnimmobilien anbieten. Im Jahr 2023 ging das Neuangebot an Wohnungen in landesweit 220 erfassten Städten um 11,5 Prozent auf 293.013 Einheiten zurück. Der Bestand an Immobilienangeboten sank ähnlich stark. Nicht zuletzt aufgrund der in den vergangenen Jahren drastisch gestiegenen Kreditzinsen schraubten die Konzerne Neuprojekte zurück. Ungebrochen ist der Wachstumstrend dagegen bei Projekten für gehobene Einkommensklassen in den Metropolen.

Ausgewählte Strukturdaten zum Wohnungsbau in BrasilienAnzahl in Einheiten, Veränderung in Prozent

Kennziffer

2022

2023

Veränderung 2023/22

Neuangebote

331.010

293.013

-11,5

Verkäufe

327.554

322.851

-1,4

Bestand an Immobilienangeboten zum Jahresende

321.933

286.401

-11,0

Erhebung am Wohnungsmarkt von 220 Städten.Quelle: Kammer der Bauindustrie CBIC 2024

Besonders starke Impulse gehen vom Markt für Sozialwohnungen aus, der sich seit dem 2. Halbjahr 2023 erholt. CBIC rechnet für das Marktsegment 2024 mit einem Wachstum zwischen 5 und 10 Prozent. Anfang 2023 legte die Regierung Lula das Förderprogramm "Minha Casa Minha Vida" (MCMV) neu auf und hob die Beihilfen und Obergrenzen an. Zudem stellt der Arbeitnehmerfonds FGTS mehr Mittel für die Baufinanzierung zur Verfügung. Damit lohnt sich der soziale Wohnungsbau wieder. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2026 sollen insgesamt 2 Millionen Familien Zugang zu begünstigtem Wohneigentum erhalten.

Dazu kommen Fördermaßnahmen einzelner Bundesstaaten und Gemeinden, wie beispielsweise die Programme "Nossa Casa" des Bundesstaats São Paulo und "Pode Entrar" der Stadt São Paulo.

Differenzierte Lage im Wirtschaftsbau

Logistikhallen sind nach wie vor gefragt. Doch das Angebot wurde im Zuge des E-Commerce-Booms so stark erweitert, dass der Zubau nun stockt. Für Last-Mile-Lösungen stehen immer begrenztere Flächen zur Verfügung. Mit steigenden Preisen dürfte ein Trend zu mehrstöckigen Logistikimmobilien einsetzen.

Der Bau von Einkaufszentren entwickelt sich wieder positiv, berichtet der Branchenverband Abrasce. Für 2024 erwartet der Verband 18 Neueröffnungen.

Die Lage auf dem Markt für Büroräume ist weiter angespannt. Der Trend zu einer neuen Arbeitswelt lässt die Nachfrage sinken. Hohe Zinsen und steigende Grundstückskosten schmälern die Rentabilität im Bürosegment. Der durchschnittliche Leerstand von Büroflächen im wichtigsten Markt São Paulo pendelte sich zuletzt auf 20 bis 25 Prozent ein.

Auch im Industriebau herrscht nach wie vor Zurückhaltung, vereinzelt kommt es zu Neuprojekten. Die Regierung hat ein Industrieförderprogramm aufgelegt und will neue Investitionen für Brasilien gewinnen, was den Markt mittelfristig beleben könnte.

Städte fördern Gebäudemodernisierung

Die Metropole São Paulo will das seit Jahrzehnten vernachlässigte Zentrum der Stadt wiederbeleben. Im Rahmen des Programms "Requalifica Centro" übernimmt die Stadt bis zu 25 Prozent der Kosten für die Aufhübschung (Retrofit). Anfang 2024 kündigte die bundesstaatliche Regierung Unterstützung an. Im Zentrum São Paulos soll ein neues Verwaltungszentrum des Bundesstaats entstehen. Das öffentlich-private Projekt im Wert von rund 800 Millionen US-Dollar (US$) soll 2026 versteigert werden.

Auch andere Stadtverwaltungen verstärken ihren Einsatz. Recife (Pernambuco), Salvador (Bahia), Campinas (São Paulo) und Vitória (Espírito Santo) riefen neue Förderprogramme ins Leben. Bereits seit 2021 fördert Rio de Janeiro Sanierungen mit dem Programm "Reviver", das Ende 2023 neu aufgelegt wurde.

Seit dem Boom in der Pandemie gingen Renovierungen stark zurück. Der spekulative Kauf älterer Wohnungen lohnt sich für die Baugesellschaften nicht. Aufgrund der Komplexität des Marktes sorgten auch innovative Immobilienagenturen, sogenannte iBuyers, bisher nicht für eine erkennbare Marktbelebung. Start-ups wie Loft, Keycash, SI Advisors und Casa Unique sowie das landesweit größte Immobilienportal ZAP und die iBuyer-Plattform des Baukonzerns Vitacon konzentrieren sich auf São Paulo.

Immerhin erlebte der Immobilienmarkt einen Digitalisierungsschub. Von der Ansicht der Grundrisse bis zur Vertragsunterzeichnung läuft alles digital. Auch virtuelle Besichtigungen sind möglich. Dennoch dauert ein Verkauf in São Paulo durchschnittlich 14 Monate.

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