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Zulieferprodukte: Bauchemikalien und -isolationsmaterialien
Positive Absatzaussichten animieren die Bauchemiehersteller zu Investitionen. Brasiliens Markt für Dämmstoffe wächst mit dem Aufkommen des Skelettbaus.
27.05.2025
Von Gloria Rose | São Paulo
Die Nachfrage nach Mörtel, Zusatzstoffen sowie Kleb- und Dichtstoffen entwickelte sich in den vergangenen Jahren ähnlich wie der Zementabsatz. Bautenanstrichmittel dagegen verzeichneten zuletzt ein deutliches Wachstum. Der Verkauf von Immobilienfarben, der etwa 75 Prozent des Segments ausmacht, wuchs 2023 um 3,6 Prozent und 2024 um 5,9 Prozent auf 1,5 Milliarden Liter. Der Großteil der Anstrichmittel dient der Renovierung. Neubauten machen nur ein Viertel des Marktvolumens aus. Für das Jahr 2025 erwartet der Verband der Farbhersteller Abrafati ein Wachstum zwischen 2,5 und 3,0 Prozent.
Brasiliens Bauchemiehersteller erweitern ihr Angebot an Produkten stetig und steigern die Wertschöpfung, insbesondere im Bereich Mörtel, Betonfertigteile und Gips. Aber auch die Segmente Klebstoffe, Dichtstoffe und andere chemische Lösungen für die Bauindustrie bieten gute Aussichten und ziehen weiterhin Investoren an. Aspekte der Nachhaltigkeit und Gesundheitsverträglichkeit rücken allerdings nur sehr verhalten in den Fokus der Verbraucher.
Marktkonsolidierung schreitet voran
BASF verkaufte im Februar 2025 sein weltweit einziges B2B-Geschäft Suvinil an den US-amerikanischen Konkurrenten Sherwin-Williams. Brasiliens Wettbewerbsaufsicht Cade muss den Verkauf noch genehmigen. Sherwin-Williams würde dadurch seinen Anteil am brasilianischen Markt von bislang 6 auf 42 Prozent ausbauen.
Ausländische Unternehmen nutzten in den vergangenen Jahren die drastische Abwertung der brasilianischen Währung, um sich in Brasilien zu verstärken – darunter der französische Konzern Saint-Gobain, der deutsche Hersteller MC Bauchemie, der niederländische Spezialchemiekonzern Nouryon (vormals Akzo Nobel Specialty Chemicals), das Schweizer Chemieunternehmen Sika, das Unternehmen Bostik der französischen Gruppe Arkema, der italienische Mörtelproduzent Fassa Bortolo und der irische Dämmplattenhersteller Kingspan.
Saint-Gobain bedient den Markt über die Marken Brasilit, Quartzolit, Brasprefer, Sekurit, Placo, Matchem, Isover und Ecophon, und investiert fortwährend – auch in die Handelsketten Telhanorte und Tumelero, die seit 2023 zum Verkauf stehen.
Brasilianische Hersteller entwickeln neue Produkte
Brasiliens Stahlkonzern Gerdau ist in den Markt für Bauzusätze eingestiegen. Die im April 2021 gegründete Tochter Gerdau Graphene entwickelt Zusätze für korrosionsfeste Farben und Lacke und errichtete eine Produktionsanlage in Ouro Branco im Staat Minas Gerais.
Brasiliens Marktführer für Isolieranstrich Vedacit treibt Innovationen über Start-ups voran und rief mit "Vedacit Labs" 2018 das landesweit erste Programm für Open Innovation im Bausektor ins Leben. Auch Vedacit-Konkurrent Dryko, der auch zu den führenden Herstellern von Kleb- und Dichtstoffen in Brasilien gehört, und Camargo Química setzen auf Innovation und erweitern ihr Portfolio zur Bauwerksabdichtung. Grupo Flexível entwickelt neue Klebstoffe, Dichtstoffe und Abdichtungen aus Polyurethan.
Wachstumsimpulse bei Bauisolationsmaterialien durch den Skelettbau
Das Aufkommen von Steel Frame- und Wood Frame-Bauweisen treibt den Absatz von Isolationsmaterialien voran. Laut dem Branchenverband Associação Brasileira da Construção Metálica (ABCEM) gewann die Stahlbauweise zwischen 2019 und 2022 stark an Bedeutung. Mit der Norm NBR 16.970 legte Brasiliens Normierungsbehörde ABNT im Mai 2022 erstmals einen Rechtsrahmen für den Stahlleichtbau fest. Daraufhin beobachtete der Verband allein für das Jahr 2023 ein Wachstum des Light Steel Frame um 27,7 Prozent. Für 2024 rechnet ABCEM mit einem Zuwachs von 7,2 Prozent. Bis 2027 soll das Segment von Jahr zu Jahr um 5 bis 7 Prozent zulegen. Die Gruppe Innova Steel erwartet 2025 ein Wachstum von 50 Prozent.
Im Juli 2023 trat die Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936 in Kraft. Damit steht ein staatlich anerkannter Standard fest. Doch die Marktdurchdringung der Baulösung "WoodFrame" stockt – möglicherweise aus kulturellen Gründen. Hierzu zählen insbesondere Vorbehalte bezüglich der Widerstandsfähigkeit der Häuser gegenüber holzzerstörenden Insekten.
Mit der Aktualisierung der Norm ABNT NBR 15.575 haben sich die Anforderungen an die Schallisolierung von Wohneinheiten bereits seit 2013 erhöht. Seit März 2019 gelten neue Brandschutzauflagen für Bauisolationsmaterialien. Daher dürften mineralische Faserdämmstoffe wie Glaswolle und Steinwolle sowie Isopor und Bauschaum im Neubau sowie bei Renovierungen zunehmend genutzt werden.
Wenige Hersteller teilen sich den Markt
Saint-Gobain baut seine Position als Marktführer für Dämmmaterialien aus. Der französische Konzern erwarb im Februar 2023 den argentinischen Mineralwolle-Fabrikanten Térmica San Luis. Mit der Marke ISOVER ist Saint-Gobain Brasiliens wichtigster Anbieter von Glaswolle. Kingspan Isoeste betreibt fünf Fabriken für Dämmsysteme in Brasilien und kündigte im April 2024 den Bau einer weiteren Fabrik an. Das Unternehmen sieht ein immenses Potenzial, da bislang lediglich 2 Prozent der Dächer wärmeisoliert sind.
Auch Soprema investiert. Der französische Komplettanbieter von Dämmsystemen übernahm zunächst Denver Impermeabilizantes, im Jahr 2022 Rockfibras und im April 2024 die Unternehmen Pulvitec (Kleb- und Dichtstoffe) und Polipox (Epoxidharze und Polyurethan). Weitere Anbieter von Lösungen zur Bauisolierung sind Acital, Trisoft, Ambi und Vibrasom.
Aufgrund der natürlichen Vorkommen von Gips konzentriert sich die Produktion von Gipskarton auf den Nordosten Brasiliens. Ab Mitte 2024 kündigten drei der vier lokalen Drywall-Hersteller den Ausbau der Produktion an. Die deutsche Gruppe Knauf investiert 74 Millionen US-Dollar in Camaçari (Bahia). Der brasilianische Hersteller Trevo baut seine Fabrik in Juazeiro do Norte (Ceará) aus. Placo der Saint-Gobain-Gruppe erweitert seine Produktion um 75 Prozent und investiert in Mogi das Cruzes (São Paulo) und in Feira de Santana (Bahia). Gypsum der belgischen Gruppe Etex machte keine Ankündigung.