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Zulieferprodukte: Zement, Beton und Holz
Brasiliens Zement- und Betonhersteller investieren, digitalisieren Prozesse und mindern CO2-Emissionen. Der Baustoff Holz gewinnt nur sehr langsam an Bedeutung.
27.05.2025
Von Gloria Rose | São Paulo
Der Absatz von Zement in Brasilien steigt wieder. Nach einem Rückgang um 2,8 beziehungsweise 1,7 Prozent in den Jahren 2022 und 2023 brachte 2024 die Wende: Der Zementabsatz stieg um 3,9 Prozent, fast doppelt so stark wie zu Jahresbeginn erwartet. Für 2025 erwartet der Herstellerverband Sindicato Nacional da Indústria do Cimento (SNIC) aber nur ein leichtes Wachstum um voraussichtlich 1 Prozent. Zudem lag das Marktvolumen 2024 mit 64,7 Millionen Tonnen immer noch 7,3 Millionen Tonnen unter dem Niveau des Rekordjahres 2014.
Branche steht vor erneuter Konsolidierung
Die Konsolidierung auf Brasiliens Zementmarkt setzt sich fort. Im März 2025 sind zwölf Unternehmensgruppen und elf lokale Hersteller auf dem Markt tätig. Die fünf größten Konzerne kommen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Dazu gehören:
- Votorantim Cimentos (VC),
- CSN,
- InterCement (IC),
- Mizu (Tochter der Gruppe Polimix) und
- Cimento Nacional (Tochter der italienischen Buzi Unicem).
Der drittgrößte Zementhersteller IC der Baugruppe Mover (vormals: Camargo Corrêa) befindet sich in Zahlungsschwierigkeiten und steht vor dem Verkauf. Sollte der zweitplatzierte Hersteller, der Stahl- und Bergbaukonzern CSN, die landesweit 15 Fabriken von IC übernehmen, würde er fast zum bislang unbestrittenen Marktführer Votorantim aufschließen. Aber auch Votorantim selbst sowie Buzi Unicem, Mizu und der chinesische Konzern Huaxin sind an einer Übernahme von IC interessiert.
Die landesweit 93 Zementwerke sind weit davon entfernt, ihre Kapazität von 94 Millionen Tonnen pro Jahr auszulasten. Insgesamt 20 Werke wurden seit 2015 stillgelegt. Neben IC gerieten auch Cimento Tupi und Cimento Nassau in finanzielle Schwierigkeiten. Europäische Gruppen nutzten die Krise für Übernahmen: Buzzi erwarb Cimento Nacional, die französische Gruppe Vicat investierte in Ciplan, die portugiesische Secil erwarb Supremo und Griechenlands Titan kaufte Apodi.
Investitionen in Effizienz und für den Klimaschutz
Dennoch investiert der Sektor. Dabei geht es vor allem darum, Prozesse zu modernisieren und vorhandene Anlagen zu verbessern. Laut dem Herstellerverband für Portlandzement Associação Brasileira de Cimento Portland (ABCP) planen die Unternehmen bis 2030 Investitionen von bis zu 800 Millionen US-Dollar (US$) in die Minderung der Treibhausgasemissionen. Brasiliens Zementindustrie konnte Sektorziele zum Klimaschutz frühzeitig umsetzen und ersetzt bereits seit 2022 über 30 Prozent des Bedarfs an Petrolkoks durch alternative Brennstoffe. Bis 2050 soll der Anteil auf 55 Prozent steigen.
Da die Preise für Petrolkoks in US-Dollar notieren, trieb die Abwertung des brasilianischen Real während der Coronakrise die Energiekosten der Werke in die Höhe. Umso lohnender ist die Umstellung auf Alternativen. Neben Holzschnitzeln aus schnell wachsenden Eukalyptusbäumen stehen regional unterschiedliche Agrarreststoffe zur Verfügung. Zusätzlich zu den Bioenergieträgern setzen erste Werke auch auf die Verbrennung von Hausmüll.
Brasilianische Zementriesen setzen auf Innovation und Klimaschutz
Marktführer Votorantim ist der siebtgrößte Zementhersteller der Welt mit einer gesamten Produktionskapazität von 52,8 Millionen Tonnen. Der brasilianische Konzern setzt auf Innovationen, Nachhaltigkeit und effiziente, CO2-arme Technologien, aber auch auf die Erweiterung der Produktionskapazität. Laut dem neuen Investitionsplan will der Konzern die Kapazität bis 2028 um 10 Prozent steigern und erweitert die Anlagen in Edealina (Goiás) und Salto de Pirapora (São Paulo).
In einem globalen Abkommen verpflichtete sich Votorantim, bis 2050 klimaneutral zu werden. Bis 2030 sollen die Emissionen um 30 Prozent reduziert werden. Auch bei der Digitalisierung gibt das Unternehmen die Richtung vor, optimiert die Prozesse mit Hilfe von Industrie-4.0-Lösungen und setzt auf Open Innovation.
Konkurrent CSN geht ganz ähnliche Wege. Für beide Konzerne ist auch die Nutzung von grünem Wasserstoff von Interesse. Votorantim kündigte im Januar 2024 ein Joint Venture mit Atlas Renewable Energy an und investiert rund 240 Millionen US$ in einen Solarpark in Minas Gerais.
Region | 2024 *) | Anteil 2024 *) | Veränderung 2024/23 *) |
---|---|---|---|
Südosten | 29.718 | 45,9 | 2,8 |
Nordosten | 13.559 | 21,0 | 7,5 |
Süden | 10.748 | 16,6 | 3,5 |
Zentrum-West | 7.521 | 11,6 | 2,2 |
Norden | 3.106 | 4,8 | 10,2 |
Verkauf am Inlandsmarkt | 64.652 | 99,9 | 4,2 |
Export | 66 | 0,1 | -67,6 |
Insgesamt | 64.718 | 100,0 | 3,9 |
Betonfertigung auf stabilem Wachstumskurs
Pro Jahr liefert die Branche rund 45 Millionen Tonnen Beton und setzt etwa 6 Milliarden US$ um, berichtet der Branchenverband ABESC. Zu den großen Unternehmen gehören Cortesia Concreto, Valebeton, Concrebras (Cimento Itambé), Concreserv, Maxmohr, Ciplanentre und Polimix. Bei nahezu 40 Prozent der Produktion kamen 2023 digitale Technologien von Topcon zum Einsatz. Dies sparte Zement, CO2-Emissionen und Kosten. Seit 2020 bietet Topcon seine Software als Dienstleistung an und konnte seinen Umsatz seitdem mehr als verdreifachen.
Aktuelle Wachstumsdaten stellt ABESC nicht zu Verfügung. Doch der steigende Verkauf von Fahrmischern belegt die Expansion. Im Jahr 2024 kamen rund 1.400 Fahrzeuge hinzu, 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Das belegt eine Studie von Sobratema, dem Technologieverband für Bauwirtschaft und Bergbau in Brasilien. Für 2025 erwartet Sobratema einen Verkaufszuwachs um 7 Prozent auf 1.500 Fahrmischer.
Holzbau treibt die Marktdurchdringung stetig voran
Brasilien verfügt über eine hochproduktive Forstwirtschaft. Doch bei der Verwendung von Holz in der Bauwirtschaft des Landes besteht noch viel Luft nach oben. Um den Einsatz zu steigern, bedarf es Überzeugungsarbeit. Impulse für den vermehrten Einsatz kommen von der im Juli 2023 in Kraft getretenen Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936. Für den Einsatz von Holz setzt sich auch der Verband ABWF (Associação Brasileira de Wood Frame) ein.
Ein Vorreiter bei Holzbauweisen ist das Start-up Alea, eine Tochter des Baunternehmens Construtora Tenda. Die Produktionsanlage des Unternehmens für den Holzrahmenbau in Jaguariúna (São Paulo) ermöglicht den Bau von Häusern in einem Umkreis von bis zu 1.000 Kilometern und soll sich ab 2026 rentieren. Dabei setzt Alea auch auf die zunehmenden Bauaktivitäten im sozialen Wohnungsbau. Dadurch will das Unternehmen seine Produktionskapazität von 10.000 Einheiten pro Jahr auslasten.
Auch Tecverde will den Markt günstiger Immobilien mit modularen Holzbausystemen erobern. Das brasilianische Jungunternehmen, das zum chilenischen Forstkonzern Arauco gehört, setzt auf deutsche Maschinen und ist offen für neue Investitionspartner.
Der Baukonzern HTB (bis 2016 Hochtief do Brasil) der deutschen Zech-Gruppe entwickelte unter dem Namen "HTB eWOOD" ein modulares System für den Holzhybridbau. Dabei wird pro Kubikmeter Holz 1 Tonne CO2 gebunden. HTB erwartet jedoch, dass die verhaltene Konjunktur für Büroflächen das Marktwachstum bremst.
Weitere Unternehmen, die den Holzbau und Holzhybridbau vorantreiben, sind Immergrün am Standort Araucária (Paraná), das Start-up Urbem mit Fabrik in Almirante Tamandaré (Paraná) und das Architekturbüro Noah Tech. Bei der Entwicklung neuer Lösungen für den brasilianischen Markt ist das Forschungszentrum Novo Arranjo de Pesquisa e Inovação (NAPI) in Guarapuava (Paraná) besonders aktiv.