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Zulieferprodukte: Zement, Beton und Holz

Brasiliens Zementindustrie treibt die Minderung der CO₂-Emissionen voran. Nur sehr langsam gewinnt der Baustoff Holz an Bedeutung.

Von Gloria Rose | São Paulo

Nach Boom nimmt der Verkauf von Zement wieder ab

Aufgrund des Kaufkraftverlusts der Bevölkerung schwächelt der Eigenbau. Gleichzeitig bremsen die hohen Zinsen den kommerziellen Wohnungsbau. Nach dem deutlichen Wachstum von 2019 bis 2021 ging der Zementabsatz 2022 um 2,8 Prozent auf insgesamt 63,1 Millionen Tonnen zurück. Damit lag das Marktvolumen 8,8 Millionen Tonnen unter dem Niveau des Rekordjahres 2014. Nur im Norden und Zentralwesten Brasiliens zog der Verkauf weiter an.

Der Herstellerverband Sindicato Nacional da Indústria do Cimento (SNIC) erwartete für 2023 zunächst ein leichtes Wachstum um bis zu 1 Prozent, dürfte seine Prognose jedoch nach unten korrigieren. Schließlich ging der Zementverbrauch im 1. Quartal um 1,2 Prozent zurück. Hinzu kommt, dass die Produktionskosten für den Sektor weiter ansteigen - anders als bei anderen Baumaterialien. Im 1. Quartal lag der Strompreis 25 Prozent höher als im 1. Quartal 2022; Zementsäcke waren 25 Prozent teurer, feuerfeste Werkstoffe 17 Prozent. Der Preis für Petrolkoks ging 2022 zwar leicht zurück, liegt aber immer noch dreimal so hoch wie vor der Coronakrise.

Konsolidierter Sektor

Von der Auslastung der installierten Produktionskapazität von 94 Millionen Tonnen pro Jahr ist der Sektor nach wie vor weit entfernt. Immerhin rückte die Produktion der 91 Zementwerke wieder in die Nähe des Vorkrisenniveaus von etwa 70 Millionen Tonnen.

Das Unternehmen Votorantim Cimentos hält die unbestrittene Marktführerschaft unter den landesweit 23 Herstellern. Der brasilianische Stahl- und Bergbaukonzern CSN macht InterCement (IC) den zweiten Rang streitig. Im Jahr 2022 schloss CSN die Übernahme der Aktiva des Schweizer Baustoffkonzerns Holcim ab. Derweil befindet sich IC in finanziellen Schwierigkeiten ebenso wie die Gruppe João Santos, Cimento Tupi und Cimento Liz.

Seit 2014 durchläuft der Sektor eine Konsolidierungsphase, die die Gruppen TITAN Cement (Griechenland), Vicat (Frankreich) und Buzzi (Italien) für den Markteinstieg nutzten. Gleichzeitig zogen sich 2021 und 2022 die irische CRH und Holcim aus Brasilien zurück. CRH verkaufte seine vier Zementwerke an CNC, eine Tochter des italienisch-brasilianischen Joint-Ventures von Buzzi und Brennand.

Marktführer treiben Innovation voran

Votorantim Cimentos setzt auf Innovationen und neue Technologien. Der siebtgrößte Zementhersteller der Welt mit einer Kapazität von 52,8 Millionen Tonnen entwickelt CO₂-arme Technologien und setzt auch bei Verpackungen auf Nachhaltigkeit. Votorantim Cimentos unterzeichnete 2020 ein globales Abkommen zur Emissionsminderung um 30 Prozent bis 2030. Im 1. Quartal 2023 kündigte der Konzern Investitionen von fast 200 Millionen US-Dollar (US$) an, hauptsächlich zur Dekarbonisierung. Auch bei der Digitalisierung gibt das Unternehmen die Richtung vor und optimiert die Prozesse über Industrie-4.0-Lösungen. Zudem treibt der Konzern Innovationen über das Start-up-Programm VC Connect und den Fonds iV Ventures voran.

Ähnliche Ansätze zur Entwicklung von Industrie-4.0-Lösungen verfolgt CSN mit seiner Tochter CSN Inova. Außerdem investiert der Konzern in die Dekarbonisierung. Bis 2030 will CSN mindestens 1 Milliarde US$ investieren. Ende 2022 kündigte der Bergbaukonzern Vale an, zukünftig über das Unternehmen Circlua "grünen Zement" herzustellen.

Sektorziel: Klimaschutz

Zusammen mit dem Herstellerverband für Portlandzement Associação Brasileira de Cimento Portland (ABCP) veröffentlichte SNIC im April 2019 eine Technologie-Roadmap. Bis 2050 will die Zementindustrie die Treibhausgasemissionen um 33 Prozent auf 375 Kilogramm CO₂-Äquivalente pro Tonne Zement mindern.

Da die Preise für Petrolkoks in US-Dollar notiert sind, trieb die drastische Abwertung des brasilianischen Real in den jüngsten Jahren die Energiekosten der Werke in die Höhe. Umso lohnender ist die Umstellung auf alternative Brennstoffe. Neben Holzschnitzeln aus schnell wachsenden Eukalyptusbäumen stehen regional unterschiedliche Agrarreststoffe zur Verfügung. Zusätzlich zu den Bioenergieträgern setzen erste Werke auch auf die Verbrennung von Hausmüll.

Zementverkauf in Brasilien (in 1.000 Tonnen, Veränderung und Anteil in Prozent)

Region

20221)

Veränderung 2022/21 1)

Anteil 2022 1)

Südosten

28.804

-3,6

46,0

Nordosten

12.499

-4,6

20,0

Süden

10.870

-2,0

17,4

Zentrum-West

7.597

1,6

12,1

Norden

2.879

1,6

4,6

Insgesamt 2)

62.649

-2,8

100,0

1 Angaben für 2022 vorläufig; 2 hinzu kommen Exporte in Höhe von 403.000 Tonnen (-13,7 Prozent im Vergleich zu 2021).Quelle: SNIC 2023

Holzrahmenbau mit neuem Rechtsrahmen

Trotz der hochproduktiven Forstwirtschaft findet Holz nur wenig Beachtung in der Bauwirtschaft Brasiliens. Das Aufkommen der Baulösung "WoodFrame" lässt die Nachfrage aber allmählich steigen. Für eine Marktdurchdringung dieser Baumethode fehlte lange ein staatlich anerkannter Standard. Nach einer fünfjährigen Ausarbeitungsphase veröffentlichte Brasiliens Normierungsbehörde im Mai 2021 endlich die Norm für den Holzrahmenbau: ABNT NBR 16.936.

Auf den Holzrahmenbau setzt der Bauträger Construtora Tenda mit seinem Start-up Alea. Im Jahr 2022 baute Alea 400 Wohneinheiten. Ab 2026 will das Unternehmen 10.000 Einheiten pro Jahr errichten. Dabei ermöglicht die Produktionsanlage in Jaguariúna (São Paulo) den Bau von Häusern in einem Umkreis von bis zu 1.000 Kilometer. Wachsenden Erfolg mit modularen Holzbausystemen verzeichnet auch Tecverde, das 2009 über den Transfer deutscher Bautechnologie entstanden ist. Das brasilianische Jungunternehmen nutzt deutsche Maschinentechnologie und will in den kommenden vier Jahren zwei neue Fabriken errichten. 

Der Baukonzern HTB (bis 2016 noch Hochtief do Brasil) der deutschen Zech-Gruppe entwickelte unter dem Namen "HTB eWOOD" ein modulares System für den Holz-Hybrid-Bau. Dabei wird pro Kubikmeter Holz 1 Tonne CO₂ gebunden. Das Start-up Urbem nahm im 2. Halbjahr 2022 seine eigene Fabrik in Almirante Tamandaré (Paraná) in Betrieb. Pro Jahr sollen hier 100.000 Kubikmeter Holz für den Bau von etwa 500.000 Kubikmeter Immobilien verarbeitet werden. Das Holz stammt aus aufgeforsteten Kiefernwäldern. Mit dem System von Urbem will Noah Tech in der Wirtschaftsmetropole São Paulo bis zu elfstöckige Holz-Hybrid-Hochhäuser errichten. Ende 2022 brachte das Start-up ein Luxusreihenhaus mit sechs Wohneinheiten auf den Markt. An dem Projekt beteiligt ist auch Brasiliens zweitgrößter Baumaterialkonzern Dexco (vormals Duratex).

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