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Rechtsbericht | Brasilien | Gewährleistungsrecht
Im Zivilgesetzbuch sind die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte in den Art. 441 bis 446 geregelt.
21.04.2022
Von Dr. Julio Pereira, Jan Sebisch, Corinna Päffgen
Bei der kaufrechtlichen Gewährleistung ist zwischen dem brasilianischen Zivilgesetzbuch (Código Civil Brasileiro, Gesetz Nr. 10.406/2002) und dem daneben anwendbaren Verbraucherschutzgesetz (Código de Defesa do Consumidor, Gesetz Nr. 8.078/1990) zu unterscheiden, die jeweils ein eigenes Regime darstellen. Unterschiede gibt es beispielsweise beim Mangelbegriff und den Gewährleistungsfristen.
Die Gewährleistungsrechte im Werkvertragsrecht sind ebenfalls im Zivilgesetzbuch geregelt. Ein Werkvertrag unterfällt neben den Regelungen des Zivilgesetzbuches auch den Regelungen des Verbraucherschutzgesetzbuches sofern der Besteller Verbraucher ist.
Dem Mängelbegriff des Art. 441 unterfallen dabei nur verdeckte Mängel. Um einen solchen verdeckten Mangel handelt es sich nicht, wenn dieser bei Anwendung der gewöhnlichen Sorgfalt während einer einfachen Untersuchung erkennbar ist. Der Mangel muss zudem im Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer bereits vorliegen und darf nicht lediglich unerheblich sein.
Liegt ein solcher Mangel vor, so stehen dem Käufer folgende Rechte zu:
Zur Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche ist der Käufer bei einer beweglichen Sache innerhalb von 30 Tagen ab Übergabe, bei einer unbeweglichen Sache innerhalb eines Jahres befugt. Zeigen sich die Mängel erst später, läuft die Frist ab Kenntnis; maximal beträgt die Zeitspanne bei beweglichen Sachen jedoch 180 Tage, bei unbeweglichen ein Jahr (Art. 445 Zivilgesetzbuch).
Im Sinne des Verbraucherschutzgesetzes liegt ein Gewährleistungsfall gemäß Art. 18 dann vor, wenn ein Mangel das Produkt ungeeignet für seine spezifische Verwendung macht oder sein Wert durch ihn gemindert ist. Das Verbraucherschutzgesetz unterscheidet im Gegensatz zum Zivilgesetzbuch nicht danach, ob ein verdeckter Mangel vorliegt oder ob der Mangel im Zeitpunkt der Übergabe erkennbar war. Der Lieferant hat zunächst die Möglichkeit, innerhalb von 30 Tagen nachzubessern und den Mangel zu beseitigen (Art. 18 Verbraucherschutzgesetz). Erfolgt keine Nachbesserung kann der Verbraucher nach seiner Wahl Ersatzlieferung, Rückerstattung des Kaufpreises oder Minderung des Kaufpreises verlangen. Nach dem Verbraucherschutzgesetz haftet der Lieferant auch für ihn nicht bekannte Mängel (Art. 23 Verbraucherschutzgesetz). Die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Verbraucherschutzgesetz ist an eine Ausschlussfrist von 30 Tagen bei verderblichen Produkten und 90 Tagen bei haltbaren Produkten geknüpft. Auch hier beginnt die Frist mit Übergabe zu laufen, bei versteckten Mängeln ab deren Erkennbarkeit (Art. 26 Verbraucherschutzgesetz).
Grundsätzlich müssen Mängel vor Abnahme des fertiggestellten Werkes geltend gemacht werden. Erfolgt die ordnungsgemäße Abnahme des Werkes, so können im Nachhinein keine Mängel mehr geltend gemacht werden (Art. 614 Zivilgesetzbuch), es sei denn, es handelt sich um verdeckte Mängel. Verdeckte Mängel sind solche Mängel, die bei der Abnahme des Werkes nicht erkennbar sind.
Stellt der Besteller bei der Ablieferung beziehungsweise Abnahme des Werkes einen Mangel fest, so hat er ein Zurückweisungsrecht, wenn es sich bei dem Mangel um eine Abweichung von Instruktionen oder Vorgaben aus übergebenen Plänen handelt oder wenn die Regeln der Technik nicht eingehalten wurden (Art. 615 Zivilgesetzbuch). Alternativ hat der Besteller das Recht, den Werklohn zu mindern (Art. 616 Zivilgesetzbuch).
Wird nach Abnahme des Werkes ein verdeckter Mangel festgestellt, so haftet der Werkunternehmer nach den allgemeinen Regeln des Zivilgesetzbuches (Art. 441 bis 446 Zivilgesetzbuch).
Ein Mangel kann vom Besteller innerhalb eines Jahres nach Abnahme des Werkes geltend gemacht werden, wenn es sich um eine Immobilie handelt (Art. 445 Zivilgesetzbuch). Sofern der Mangel allerdings die Sicherheit oder Solidität des Werkes betrifft und es sich um einen Werklieferungsvertrag handelt, können Mängel innerhalb von fünf Jahren angezeigt werden (Art. 618 Zivilgesetzbuch). Tritt innerhalb der fünf Jahre ein Mangel auf, so muss dieser ab Kenntnis innerhalb von 180 Tagen geltend gemacht werden.
Wird der Werkvertrag als Verbrauchervertrag abgeschlossen, so kommt das Verbraucherschutzgesetzbuch zur Anwendung mit der Folge, dass dem Verbraucher mehr Gewährleistungsrechte zustehen. Ein Werk ist mangelhaft, wenn es sich nicht für die vorhergesehene Verwendung oder den vorgesehenen Konsum eignet oder es in seinem Wert gemindert ist. Eine Unterscheidung zwischen verdeckten und offenen Mängeln trifft das Verbraucherschutzgesetz nicht.
Der Verbraucher kann im Falle eines mangelhaften Werkes Nacherfüllung verlangen oder den Werklohn mindern. Des Weiteren kann er zurücktreten und Rückzahlung der bereits gezahlten Vergütung verlangen, daneben besteht zudem ein Schadensersatzanspruch (Art. 20 Verbraucherschutzgesetz). Macht der Verbraucher eine Nacherfüllung geltend und besteht die Nacherfüllung in einer Reparatur, so ist der Unternehmer nicht nur zur Reparaturleistung, sondern auch zur Lieferung und zum Einbau etwaiger (Original-) Ersatzteile verpflichtet (Art. 21 Verbraucherschutzgesetz). Es gelten die Verjährungs- und Ausschlussfristen wie beim Kaufrecht (Art. 26, 27 Verbraucherschutzgesetz).
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