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Rechtbericht | Brasilien | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Arbeitsverträge bedürfen in Brasilien keiner besonderen Form und können sogar mündlich geschlossen werden.

Von Jan Sebisch | Bonn

Rechtsgrundlagen

Wichtigste Rechtsgrundlage für das brasilianische Arbeitsrecht ist neben der Verfassung CF (Constituição da República Federativa do Brasil) das Arbeitsgesetzbuch CLT (Consolidação das Leis do Trabalho). Im Arbeitsgesetzbuch finden sich Regelungen zum Individual- sowie Kollektivarbeitsrecht. Weitere Regelungen zum Arbeitsrecht finden sich in Tarifverträgen, in unternehmensinternen Richtlinien und im Individualarbeitsvertrag. Zudem können sich auch durch eine wiederholte Verhaltensweise seitens des Arbeitgebers Ansprüche des Arbeitnehmers auf erneute Gewährung der jeweiligen Leistungen ergeben (betriebliche Übung).

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick

Vergütung: Wird durch Individual-/Kollektivvertrag vereinbart

Mindestlohn: Der gesetzliche Mindestlohn, der durch Art. 7 IV der brasilianischen Verfassung garantiert ist, beträgt 2022 1.212 Real

Arbeitsstunden pro Woche: Höchstens 44 Stunden (Art. 7 XIII brasilianische Verfassung)

Regelarbeitstage pro Woche: Fünf bis sechs

Zulässige Überstunden: Höchstens zwei Stunden pro Tag

Bezahlte Feiertage: Zwischen 10 und 14 Tage, abhängig vom Bundesstaat

Bezahlte Urlaubstage: 30 Kalendertage (Wochenend- und Feiertage, die in die Urlaubszeit fallen, werden bei der Urlaubszeit mitgerechnet)

Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld- gratificação de Natal)

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Der Lohn wird höchstens während der ersten 15 Krankheitstage vom Arbeitgeber weitergezahlt. Ab dem 16. Tag trägt die Sozialversicherung die Entgeltfortzahlung.

Probezeit: Nur bis 90 Tage möglich

Quelle: Brasilianische Verfassung CF (Constituição da República Federativa do Brasil); Brasilianisches Arbeitsgesetzbuch CLT (Consolidação das Leis do Trabalho)

Vertragsabschluss 

Grundsätzlich bedürfen Arbeitsverträge in Brasilien keiner besonderen Form und können sogar mündlich geschlossen werden. In diesem Zusammenhang gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass trotz nicht gesetzlich vorgeschriebener Schriftform letztlich für den Arbeitgeber eine Pflicht zur Führung eines Arbeitsnachweises in Form eines Arbeitsbuches CTPS (Carteira de Trabalho e Previdência Social) besteht.

Zum Schutz der Arbeitnehmer existiert der Grundsatz der Kontinuität (princípio da continuidade), nach diesem werden Arbeitsverträge in der Regel unbefristet geschlossen und eine befristete Beschäftigung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Bei befristeten Verträgen (contrato por tempo determinado) muss die Befristung sachlich begründet werden, um wirksam zu sein. Eine sachliche Begründung liegt vor, wenn die nach dem Vertrag zu leistenden Dienste zeitlich begrenzter oder vorübergehender Natur sind, die betroffene Unternehmenstätigkeit zeitlich begrenzt ist oder ein Probearbeitsverhältnis vorliegt (Art. 443 CLT). Die Höchstdauer der Befristung beträgt grundsätzlich zwei Jahre.

Ferner kann eine Probezeit vereinbart werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Vereinbarung einer Probezeit als eigener befristeter Vertrag angesehen wird (contrato de experiência). Die Höchstdauer des Probezeitvertrages beträgt 90 Tage (Art. 445 CLT). Die Probezeit kann einmal verlängert werden, allerdings nur innerhalb der Gesamthöchstdauer von 90 Tagen. Vorteilhaft für den Arbeitgeber bei Vereinbarung einer befristeten Probezeit ist, dass er weniger belastet wird. Während der Probezeit besteht die Möglichkeit eine Kündigung ohne Angaben von Gründen auszusprechen.

Vertragsbeendigung 

Arbeitsverhältnisse können in Brasilien durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung beendet werden. Bestimmte Personengruppen (zum Beispiel werdende Mütter oder Arbeitnehmer, die eine Behinderung haben) werden mit einem Sonderkündigungsschutz besonders geschützt.

Aufhebungsvertrag

Um eine etwaige arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, ist in Bezug auf Aufhebungsverträge zu beachten, dass diese keine nachteiligen Regelungen für den Arbeitnehmer enthalten dürfen.

Ordentliche Kündigung

Sofern keine entsprechende tarifliche Regelung besteht, ist im Rahmen einer ordentlichen Kündigung kein spezifischer Kündigungsgrund erforderlich. Gemäß Art. 487 CLT ist die Kündigung von der kündigenden Partei mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auszusprechen. Eine entscheidende Rolle spielt die Betriebszugehörigkeit: Die Frist verlängert sich für Arbeitnehmer, die mehr als ein Jahr in einem Betrieb gearbeitet haben, für jedes weitere Jahr im Betrieb um drei Tage (Gesetz Nr. 12.506). In diesen Konstellationen sieht das Gesetz eine Verlängerung um maximal 60 Tage vor, sodass sich im Fall einer langjährigen Betriebszugehörigkeit die Kündigungsfrist auf bis zu 90 Tage erhöhen kann.

Im Rahmen einer ordentlichen Kündigung hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf das anteilige 13. Monatsgehalt für die im laufenden Kalenderjahr gearbeiteten Monate sowie das anteilige Urlaubsgeld. Ferner ist eine Abfindung in Höhe von 50 Prozent des Betrages der im Laufe des Arbeitsverhältnisses in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherungen (Fundo de Garantia por Tempo de Serviço) angesparten Summe zu zahlen. Hiervon gehen 40 Prozent an den Arbeitnehmer und 10 Prozent erhält der Fond selbst. Die Auszahlung der Beträge wird vom Arbeitsministerium (Ministério Público do Trabalho) überwacht.

Außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung seitens des Arbeitgebers ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Unter anderem muss ein rechtlich relevanter Kündigungsgrund (justa causa) vorliegen, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich macht. Ferner muss der Verstoß gegen die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen mehrfach abgemahnt werden. Eine Abmahnung ist allerdings nicht erforderlich, wenn ein besonderes schweres Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorliegt. Liegt im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung kein rechtlich relevanter Kündigungsgrund vor, bleibt die Kündigung bestehen und wird in eine ordentliche Kündigung mit den oben beschriebenen Folgen umgedeutet.

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