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Branchen | China | Automobilsektor

Flaute im Binnenmarkt - Boom bei den Autoexporten

Chinas Elektroautobauer drängen in die Welt. Unterdessen setzen deutsche Kfz-Hersteller beim Kampf um Anteile auf dem chinesischen Markt auf Kooperationen. Das birgt auch Risiken.

Von Corinne Abele | Shanghai

Je holpriger es zwischen China und der Welt läuft, desto aggressiver drängen chinesische Elektroauto- und Batteriehersteller ins Ausland. Doch während die Exporte boomen, dümpelt der inländische Kfz-Markt eher. Nur das NEV (New Energy Vehicle)-Segment, wie in China batteriebetriebene und Plug-In-Hybride-Fahrzeuge genannt werden, legt weiter zu.

Deutsche Autobauer unter Druck

Für deutsche Hersteller wird es daher immer enger. Um die bisherigen Versäumnisse aufzuholen, setzen sie stärker auf Kooperationen mit und Beteiligungen an chinesischen Tech-Firmen und NEV-Konkurrenten. Dabei geht es nicht um Erschließung weiterer Kundenkreise, sondern eher um Technologiezugang.

Pkw-Absatz in China (in 1.000 Einheiten; Veränderung in Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum)

Kategorie

2020

2021

2022

1. Quartal 2023


Veränderung 

Pkw, darunter:

20.178

21.482

23.563

5.138

-7,3

 NEV*), darunter:

1.246

3.334

6.547

1.512

25,3

  Pure Battery Drive (BEV)

1.000

2.734

5.365

1.152

14,4

  Plug-in-Hybrid (PHEV)

247

600

1.518

433

74,1

*) NEV = New Energy VehiclesQuelle: China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) 2023

Die NEV-Absatzzahlen deutscher Automobilbauer waren und bleiben in China schwach. Bislang ist als ausländischer Elektroautobauer in China nur der US-amerikanische Hersteller Tesla erfolgreich. Mit einigen Modellen zielt er wie auch führende chinesische Elektroautobauer auf das Premiumsegment. 

Topmarken in Chinas Kfz-Premiumklasse im 1. Halbjahr 2023 (Absatz in Fahrzeugen; Veränderung und NEV-Anteil in Prozent)
Marke

Absatz

Veränderung

NEV-Anteil *)

BMW

384.500

5,8

12,9

Mercedes-Benz

379.800

7,1

5,9

Audi

321.500

6,6

4,3

Tesla

297.016

49,8

100

Li Auto

141.200

132,2

100

Cadilliac

86.900

11,1

1,3

Volvo

74.100

5,6

9,0

Lexus

70.500

-18,5

6,9

NIO

56.500

14,2

100

JLR (Jaguar Land Rover)

52.300

30,6

2,1

Porsche

44.000

3,8

17,7

* NEV = New Energy Vehicles, Fahrzeuge mit alternativem Antrieb inkl. batteriebetriebene, Plug-In-Hybrid- und Brennstoffzellenfahrzeuge.Quelle: China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) 2023

 

Als Folge erreichte der Anteil chinesischer Marken am Neuwagenverkauf in China mittlerweile 53,8 Prozent in den ersten sieben Monaten 2023, wobei er nach Wegfall der Subventionen seit Ende 2022 nur noch gering gestiegen ist. Inzwischen erwirbt fast jeder dritte Käufer (genau: 29,7 Prozent in den ersten sieben Monaten 2023) in China ein NEV. 

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Insgesamt stieg der NEV-Absatz (Binnenmarkt plus Export) in den ersten sieben Monaten 2023 um 41,7 Prozent, wobei rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge 72 Prozent aller verkauften NEV stellten. Am stärksten legte jedoch mit 87,4 Prozent der Verkauf von Plug-in Hybrid-Elektrofahrzeugen (PHEV) zu, die inzwischen fast 28 Prozent der verkauften NEV stellen.

BYD dominiert NEV-Markt             

Der chinesische Branchenführer BYD bietet für jeden Kunden und jede Kaufkraft das passende NEV - vom Luxusauto für über 40.000 Euro bis zum Stadtflitzer Seagull für rund 10.000 Euro. Mit rund 1,2 Millionen verkaufter NEV im 1. Halbjahr 2023 hat der chinesische Top-Hersteller Volkswagen als Kfz-Marktführer in China abgelöst; im NEV-Segment hält BYD mittlerweile einen Anteil von 34 Prozent und stellte in den ersten sieben Monaten 2023 sechs der zehn meistverkauften NEV-Modelle.

Topmarken in Chinas NEV-Markt im 1. Halbjahr 2023 (Anteil und Veränderung zum Vorjahr in Prozent)
Marken *)

Marktanteil

Veränderung

BYD

35,3

82,3

Tesla (China)

10,0

48,5

GAC AION New Energy Automobile

6,8

138,8

SGMW (Shanghai General Wuling)

6,0

-18,2

Li Auto

4,8

132,1

Changan

4,1

94,2

Geely

3,4

72,7

GWM (Great Wall Motor)

2,3

13,2

NIO

1,9

14,2

BYD Daimler (DENZA)

1,8

5.639,0

* die zehn größten NEV-Hersteller kommen insgesamt auf einen Marktanteil von 76,4 Prozent.Quelle: China Passenger Car Association (CPCA) 2023

Doch auch die Dynamik in Chinas NEV-Markt lässt nach. Seit Tesla einen Preiskrieg begonnen hat, antizipiert die chinesische Kundschaft weitere Nachlässe und wartet daher ab. Auch bleiben die Käufer aufgrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung und wachsenden strukturellen Probleme vorsichtig. 

Die Mehrwertsteuer beim NEV-Kauf wird inzwischen bis Ende 2025 komplett erlassen und fällt bis 2027 nur hälftig an. Subventionen gibt es seit Anfang 2023 nicht mehr. Doch Kunden in China sind inzwischen offensichtlich bereit, für Sicherheit, Komfort und größere Reichweite mehr Geld auszugeben. Am deutlichsten legten NEV-Modelle mit einem Preisschild zwischen etwa 45.000 bis 52.000 Euro zu.

Auf Partnersuche

In dieser schwierigen Konjunkturphase kämpfen deutsche Orginal Equipment Manufacturer (OEM), allen voran Volkswagen, mit mangelnder Akzeptanz ihrer Modelle im chinesischen Markt, mit Softwareproblemen, mit zu hohen Kosten, zu langsamer Entwicklung und viel zu wenigen Modellen. Die Zeit drängt.

Deutsche Autobauer bauen daher einerseits ihre Entwicklungs- und Innovationskapazitäten vor Ort deutlich aus Mercedes-Benz, Volkswagen sowie BMW haben inzwischen ihre größten Innovationszentren für Elektromobilität außerhalb Deutschlands in China. Andererseits setzen sie verstärkt auf Kooperation mit oder Beteiligung an chinesischen Unternehmen und deren Technologieplattformen.

So gab Volkswagen im Juli 2023 bekannt, 5 Prozent am chinesischen NEV-Bauer XPeng erwerben zu wollen. Und das Joint Venture FAW-Volkswagen verhandelt mit Leap Motors über Technologielizenzen für seine Marke Jetta. Längst findet in den Bereichen E-Mobilität und autonomes Fahren Technologietransfer in beide Richtungen statt.

Geplante Kooperationen und Investitionen deutscher Autobauer in China

Unternehmen

Planung

BMW

Am 3. Juli 2023 haben nach mehreren übereinstimmenden Pressemeldungen BMW Brilliance und Baidu ein Memorandum über eine strategische Zusammenarbeit im Bereich KI-Plattform und Quantencomputertechnologie unterzeichnet. Baidu wird die KI-Plattform "BEACON" von BMW technisch unterstützen, insbesondere bei der Verarbeitung natürlicher Sprache und der Datenanalyse. 

Volkswagen

Am 27. Juli  2023 hat Volkswagen einen technischen Rahmenvertrag für eine langfristige Zusammenarbeit mit Xpeng unterzeichnet. Volkswagen beabsichtigt, rund 700 Millionen US-Dollar (US$) in Xpeng zu investieren und einen Anteil von etwa fünf Prozent zu erwerben, um die Entwicklungskapazitäten von VW für intelligente Internetfahrzeuge in China zu stärken. Die beiden Parteien werden auf Basis der Xpeng G9-Modellplattform, des intelligenten Cockpits und der High-Level-Software für das Fahrerassistenzsystem gemeinsam zwei Elektroautomodelle entwickeln. Sie sollen unter der Marke Volkswagen in China vertrieben werden und ab 2026 in die Massenproduktion gehen. 

Volkswagen

Ebenfalls hat Volkswagen am 18. April 2023 angekündigt, rund eine Milliarde Euro in die Gründung von 100%TechCo an seinem Standort in Hefei zu investieren. Dabei handelt es sich um ein Zentrum für Forschung und Entwicklung, Innovation inklusive Beschaffung für intelligente, vernetzte Elektroautos. 100%TechCo, das Anfang 2024 den Betrieb mit über 2.000 Beschäftigten aufnehmen soll, wird fortschrittliche chinesische Technologien bereits in frühe Phasen der Produktentwicklung integrieren. Diese soll sich dadurch um etwa 30 Prozent verkürzen. 

Audi

Am 27. Juli 2023 haben Audi und SAIC ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet. Die beiden Parteien werden gemeinsam High-End-NEV mit intelligenter Internetanbindung entwickeln.

Bosch

Am 12. Januar 2023 hat Bosch eine Investitionsvereinbarung mit dem Suzhou Industrial Park Management Committee unterzeichnet und angekündigt, eine Milliarde US$ zu investieren. Entstehen soll dort die neue Bosch New Energy Vehicle Core Components and Automated Driving R&D and Manufacturing Base.

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023; Pressemeldungen

Ob engere Kooperationen mit chinesischen Unternehmen auch nachhaltig Antworten für den unter geopolitischem Druck auseinanderdriftenden internationalen Markt bieten können, bleibt offen. Denn Compliance-Anforderungen - wie die des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, Beschränkungen seitens der USA bezüglich in China oder mit chinesischer Technologie gefertigter Produkte sowie Auflagen für den Datentransfer aus China heraus - bergen für Unternehmen wachsende Risiken. Auch ist die Chipversorgung für den Automobilbau in China angesichts wachsender Auflagen seitens der USA immer wieder unter Druck.

Immer mehr Autos made in China 

Auch Chinas Autobauer haben die Auslandsmärkte im Blick. Der NEV-Absatz im In- und Ausland stieg laut der China Association of Automotive Manufacturerers (CAAM) in den ersten sieben Monaten 2023 mit 41,7 Prozent deutlich schneller als Chinas Kfz-Absatz (+7,9 Prozent) insgesamt. Dabei hat der starke Kfz-Exportanstieg (vor allem dank NEV) um 67,9 Prozent auf rund 3,92 Millionen Fahrzeuge den schwachen Binnenmarkt teilweise ausgeglichen. In den ersten sieben Monaten 2023 wuchs dieser nur um 1 Prozent auf 13,09 Millionen Fahrzeuge.

Basierend auf chinesischen und japanischen Zolldaten hat China im 1. Halbjahr 2023 Japan als größten Autoexporteur gemessen an der Zahl exportierter Fahrzeuge weltweit überholt – nicht zuletzt auch dank Teslas Gigafabrik in Shanghai.

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Die neue Präsenz chinesischer OEM und vor allem Batteriehersteller in Südostasien, Europa oder Lateinamerika fordert die bisherige Dominanz der Automobilnation Deutschland heraus und lässt deutsche Kfz-Zulieferern in internationalen Märkten möglicherweise umdenken. So will Aion seine Regionalzentrale für Südostasien in Thailand etablieren und SAIC-GM-Wuling in Indonesien investieren. Von Thailands neu verkündeten NEV-Subventionen profitieren bereits chinesische Firmen wie SAIC, GWM, BYD und Hozon. Auf einer Pressekonferenz Mitte Juli 2023 verkündete SAIC darüber hinaus, in Europa auf der Suche nach einem Standort für ein neues Werk zu sein.

Große Investitionsprojekte von chinesischen Kfz-Herstellern im In- und Ausland
UnternehmenBeschreibung

Investition (in Mio. US$) 1)

Projektstand
BYDProduktionswerke in Bahía (Brasilien): 1. Fabrik Fahrgestelle für Elektrobusse und -Lkw; 2. Fabrik BEV- und PHEV-Pkw; Jahresproduktionskapazität 150.000 Einheiten; 3. Fabrik Verarbeitung von Batteriematerialien aus Lithium-Eisenphosphat

630

Fertigstellung: vor Ende 2024
BYDGlobales FuE-Zentrum und Industriepark für Energiespeicher in Shenzhen (VR China): 60.000 (FuE-)Arbeitsplätze und 10.000 (Industriepark-) Arbeitsplätze; 60 Gigawattstunden (Gwh) jährliche Produktionskapazität von Energiespeichersystemen 

3.080 2)

Baubeginn: 15.06.2023
ChanganAutowerk für Kfz mit Rechtslenkung im Eastern Economic Corridor (Thailand): Zielmärkte sind Australien, Neuseeland, Großbritannien und Südafrika

560

Ankündigung: 18.04.2023
CheryAutowerk in Argentinien: Jährliche Produktionskapazität 100.000 Einheiten bis 2030

400

Ankündigung: 15.02.2023
GeelyNEV-Nfz-Werk in Handan (VR-China, Hebei): Jährliche Produktionskapazität 10.000 mit Wasserstoff oder Methanol betriebene Nfz; geplanter Jahresumsatz 490 Mio. US$

1.400

Baubeginn: 16.02.2023
SunwodaNEV-Batteriewerk in Nyíregyháza (Ungarn): Sunwodas erste Fabrik in Europa

266 3)

Ankündigung: 09.08.2023
CATLLithium-Eisen-Phosphat-Batteriewerk mit Ford in Michigan (USA): Jährliche Produktionskapazität 35 Gigawattstunden

3.500 von Ford 4)

 

Ankündigung: Februar 2023; geplante Fertigstellung: 2026
GotionBatteriewerk für NEV in Marokko: Jahresproduktionskapazität 100 Gwh

6.300

In Vorbereitung
CALBKohlenstofffreies Batteriewerk für NEV in Sines (Portugal): Fünf Fabriken für die Produktion von Elektrodenwafern, Zellen und Batteriegehäusen, Assembling und Verpackung; jährliche Produktionskapazität 15 Gwh

k.A.

Einreichung von Vorschlägen und Genehmigungen seit Februar 2023; geplante Fertigstellung: bis Ende 2025
EVEZylindrisches Powerbatteriewerk in Debrecen (Ungarn): Große zylindrische Batterien für BMW

1.100

Landerwerb: am 9. Mai 2023
FarasisBatteriewerk mit TOGG in Gemlik (Türkei): Jährliche Produktionskapazität von 20 Gwh bis 2030

1.830

Baubeginn: April 2023; geplante Fertigstellung: 2026
REPTBatteriewerk in Chongqinq (VR China): Jährliche Produktionskapazität von 20 Gwh bis 2030

1.400

Baubeginn: 09. Mai 2023; Baudauer: 24 Monate
1 geschätztes Investitionsvolumen; Umrechnung zum Monatsendkurs Juli 2023 der Deutschen Bundesbank: 1 RMB = 0,14 US$ 2 FuE-Zentrum 2.800; Industriepark 280; 3 Erstinvestition; 4 Ford ist alleiniger Eigentümer; CATL operiert als Technologiepartner.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023; Presseinformationen

 

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