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Markt für Möbel in China entwickelt sich schwach
Die Branche erholt sich nur langsam von der Coronapandemie. Insbesondere die gewerbliche Nachfrage bleibt niedrig. Auch die weiteren Aussichten sind durchwachsen.
01.03.2023
Von Roland Rohde | Bonn
Nach dem Ende der Null-Covid-Politik im Dezember 2022 und damit der Aufhebung faktisch aller Einschränkungen für den Einzelhandel sollte sich auch der chinesische Markt für Möbel und Einrichtungsgegenstände spürbar erholen. Die Covid-19-Infektionswelle, die China im Dezember 2022 und Januar 2023 erfasst hatte, ebbte rascher ab als erwartet. Zum Frühjahr 2023 dürfte sich das wirtschaftliche und soziale Leben weitgehend normalisieren. Doch bisher bleibt die Nachfrage nach Möbeln gering.
Für den Herbst 2023 befürchten Epidemiologen zudem eine abermalige Verschärfung des Infektionsgeschehens. Noch ist die Immunität in China nicht annähernd so stark ausgebildet wie im Rest der Welt. Andere Länder erlebten in den vergangenen drei Jahren mehrere Infektionswellen. Für den chinesischen Einzelhandel könnte sich die verzögerte Immunisierung der Bevölkerung negativ auswirken: Die Deutsche Bank etwa erwartet, dass der chinesische Einzelhandelsumsatz 2023 nur um 3 Prozent steigen wird. Erst 2024 soll mit einem Plus von 10 Prozent der eigentliche Umschwung kommen.
Möbel werden meist offline gekauft
Im Möbelbereich spielt der stationäre Handel eine bedeutende Rolle. Viele Kunden wollen ihr Sofa oder Bett vor dem Kauf noch einmal begutachten. Da sich 2021 und 2022 ganze Städte im Lockdown befanden, war das Geschäft eingebrochen. Laut Angaben des Nationalen Statistikamtes sank der Umsatz des Möbeleinzelhandels 2022 gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent. Keine andere Konsumgütersparte schnitt schlechter ab.
Indikator | Veränderung |
---|---|
Einzelhandel insgesamt, davon | -0,2 |
In größeren Geschäften getätigt, davon | 1,4 |
Arzneimittel | 12,4 |
Nahrungsmittel | 8,7 |
Autos | 0,7 |
Haushalts- und Unterhaltungselektronik | -3,9 |
Textilien und Bekleidung | -6,5 |
Möbel | -7,5 |
Für die unterdurchschnittliche Entwicklung der Möbelsparte dürfte unter anderem die Immobilienkrise verantwortlich sein. Seit 2021 weicht viel Luft aus einer Blase, die sich über Jahrzehnte gebildet hat. Zahlreiche Haushalte haben ihre Wohnungen auf Kredit gekauft, um diese nach ein paar Jahren gewinnbringend zu verkaufen. Das verdiente Geld investierten sie sogleich in neue Objekte. So entstand ein riesiges Schneeballsystem, das mit fallenden Preisen nun nicht mehr funktioniert.
Nachlassende Nachfrage durch Immobilien- und Hotelsektor
Zwar gibt es keinen starken Preisverfall, jedoch finden Verkäufer zu den gewünschten Preisen kaum noch Abnehmer für ihre Wohnungen. Zudem erfüllen weniger Kaufobjekte die Erwartungen hoher Renditen beim Weiterverkauf. Die Anzahl der Immobilientransaktionen sowie der Neubauvorhaben im Wohnungsbau hat sich zwischen 2020 und 2022 laut Angaben des Nationalen Statistikamtes etwa halbiert. Das wirkt sich auch auf die Nachfrage nach Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus. Investoren statten oft ganze Häuserblöcke komplett mit Einbauküchen oder -schränken aus.
Dabei könnte es sich um ein langfristiges Phänomen handeln. In Japan etwa läutete die Immobilienkrise Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts eine lange Phase ein, die Ökonomen als "verlorene Jahrzehnte" bezeichnen. Einige Experten befürchten, dass China eine ähnliche Entwicklung droht. Selbst wenn sich solch negative Prognosen nicht bewahrheiten, sind im Reich der Mitte die Jahre mit rasanten Wachstumsraten vorbei. Der Internationale Währungsfonds erwartet im Zeitraum 2024 bis 2028 nur noch ein Wirtschaftswachstum von rund 4 Prozent per annum.
Im gewerblichen Bereich haben sich die Neubauvorhaben im Wohnungs- und Hotelsektor halbiert.
Auch das Hotelgewerbe, neben dem Immobiliensektor ein bedeutender gewerblicher Nachfrager für Möbel und Inneneinrichtungen, erholt sich nur langsam. Der Tourismus ist 2022 stark zurückgegangen. Es wird einige Zeit brauchen, bis er wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Zwar planen internationale Hotelketten in China weiterhin zahlreiche neue Projekte, doch zur Umsetzung lassen sie sich deutlich mehr Zeit. Die Anzahl der Vorhaben, deren Baustart innerhalb der nächsten zwölf Monate stattfinden soll, hat sich gemäß des Informationsdienstleisters Lodging Econometrics zwischen dem 2. Quartal 2020 und dem 4. Quartal 2022 mehr als halbiert.
Alterung der Gesellschaft drückt auf Konsumlaune
Ebenso wird der Konsum durch Endverbraucher langfristig und dauerhaft sinken. Die Haushaltsverschuldung hat in den letzten Jahren rasch zugenommen, auch wenn sie im Vergleich zu anderen Ländern der Region immer noch auf einem mittleren Niveau liegt. Zugleich altert die Bevölkerung rasant. Da das staatliche Rentensystem in China nur rudimentär entwickelt ist, muss die Bevölkerung mehr Geld für den Ruhestand zurücklegen, wofür sie den eigenen Konsum einschränkt.
China ist weltweit der mit Abstand größte Hersteller von Möbeln. Die einheimische Nachfrage im unteren und mittleren Preissegment wird daher überwiegend von inländischen Produzenten bedient. Ausländische Anbieter sind hingegen im Luxussegment vertreten, das in der Volksrepublik aber recht klein ausfällt. Für exklusive Einrichtungsgegenstände geben auch Mittelstandshaushalte vergleichsweise wenig Geld aus. Ihr Konsum beschränkt sich auf klassische Luxusgüter wie Schmuck, Uhren oder Lederwaren.
Italienische Anbieter können sich behaupten
Chinas Einfuhren von Möbeln und Einrichtungsgegenständen sind nicht nur während der Coronajahre zurückgegangen – der rückläufige Trend zeigt sich seit geraumer Zeit. Davon sind fast alle großen Lieferländer betroffen. Von 2017 bis 2022 hat lediglich Italien seine Ausfuhren in die Volksrepublik um rund ein Viertel gesteigert. Die Ausfuhren der anderen Hauptanbieter von hochwertigen Möbeln wie Japan, USA oder Frankreich brachen im gleichen Zeitraum hingegen zweistellig ein.
Möbel aus Italien sind in der Volksrepublik aufgrund ihres Designs äußerst beliebt. Deshalb kopieren inländische Hersteller gerne die Vorbilder aus Südeuropa. Deutschland spielt bei exklusiven Einbauküchen eine große Rolle. Entsprechend wichtig ist das nun schwächelnde Baugeschäft. Grundsätzlich sind in China Marken oder Labels wie "Made in Germany" ein wichtiges Verkaufsargument. Daher unterhalten größere internationale Anbieter gerne exklusive Verkaufsstellen in edlen Shoppingmalls, um die Sichtbarkeit zu erhöhen und ihr Luxusimage zu pflegen.
Land | Importe 2022 | Veränderung 2022/2021 | Veränderung 2022/2017 |
---|---|---|---|
Italien | 697,0 | -5,5 | 25,2 |
Deutschland | 359,1 | -16,6 | -38,8 |
Japan | 187,6 | -9,0 | -23,5 |
USA | 168,6 | -7,3 | -38,0 |
Vereinigtes Königreich | 115,6 | -16,9 | -23,4 |
Vietnam | 115,5 | -17,0 | -51,2 |
Taiwan | 105,5 | -7,4 | -36,3 |
Polen | 93,2 | -27,0 | -54,0 |
Frankreich | 88,4 | -7,6 | -2,4 |
Thailand | 77,8 | -18,2 | -35,4 |