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Schmuck- und Uhrenbranche in China hofft auf Trendwende
Nach dem Ende der Null-Covid-Politik und dem Abklingen der Infektionswelle dürften Konsumenten zum Frühjahr 2023 wieder mehr Luxusgüter kaufen. Doch es drohen auch Rückschläge.
25.01.2023
Von Roland Rohde | Bonn
Der Einzelhandelsumsatz mit Luxusgütern hat sich in China als extrem krisenanfällig gezeigt. Die Einzelhandelsumsätze mit Schmuck, Silber und Gold sind seit Anfang 2021 stetig gefallen, da die Regierung im Rahmen der rigiden Null-Covid-Politik immer mehr Lockdowns verhängte. Doch mit dem abrupten Beenden der Coronamaßnahmen im Dezember 2022 gibt es neue Hoffnung auf Besserung, die durchaus rasch eintreten könnte.
In kaufkräftigen Großstädten klingt Coronawelle bereits ab
Vorerst schwächelt das Geschäft allerdings weiterhin, denn im Winter 2022/2023 schwappt eine riesige Infektionswelle durch die Volksrepublik. Mitte Januar 2023 hat sich in vielen Metropolen laut Schätzungen wohl mehr als die Hälfte der Bevölkerung angesteckt. Belastbare offizielle Zahlen existieren nicht. Doch es gibt Hinweise darauf, dass das Infektionsgeschehen in den Metropolen den Scheitelpunkt überschritten hat.
Mit der äußerst regen Reisetätigkeit zum chinesischen Neujahrsfest dürfte sich das Coronavirus rasch in ländlichen Gebieten verteilen, sodass sich die Lage auf dem Land verschlechtern dürfte. Angesichts der enorm hohen Geschwindigkeit des Infektionsgeschehens gehen Experten davon aus, dass sich das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zum Frühjahr 2023 weitgehend normalisieren wird. Somit benötigen Anbieter von Luxusgütern noch ein wenig Geduld, bis auch die Nachfrage nach Schmuck und Uhren wieder anzieht.
Branche kann auf Nachholeffekte hoffen
In der Branche ist durchaus mit starken Nachholeffekten zu rechnen, wie die Entwicklung anderer Sektoren in den vergangenen Coronajahren zeigt. Allerdings weiß niemand, ob und wann das Geschäft wieder einbrechen könnte. Aktuell durchlebt China die erste große Coronawelle nach der Öffnung seiner Grenzen. Diese dürfte kaum ausreichen, um die Bevölkerung ausreichend zu immunisieren, zumal noch Impflücken bestehen und das Land ausschließlich auf weniger wirksame einheimische Vakzine setzt. Für den Herbst 2023 erwarten Epidemiologen daher eine weitere, durch neue Varianten ausgelöste Welle.
Zusätzliche langfristig wirkende Faktoren dürften sich negativ auf die Branchennachfrage auswirken. Die Zeiten des stürmischen Wachstums gehen im Reich der Mitte ihrem Ende entgegen. Die Haushaltsverschuldung ist in den vergangenen zehn Jahren rasant angestiegen, auch wenn sie sich im Vergleich zu anderen Ländern immer noch auf einem mittleren Niveau befindet. Die Situation der Konsumenten wird durch die Immobilienkrise verschärft. Hinzu kommt die rasche Alterung der Gesellschaft.
Marktvolumen für Schmuck bei etwa 100 Milliarden US-Dollar
Angesichts einer Bevölkerung von rund 1,4 Milliarden bleibt die Volksrepublik für die Schmuck- und Uhrenbranche ein riesiger Absatzmarkt. Sein Volumen belief sich 2020 nach Angaben des Hurun Research Institute auf knapp 100 Milliarden US-Dollar (US$). Dabei entfällt mehr als die Hälfte des Geschäfts auf Goldschmuck, während Produkte aus Jade und Diamanten auf einen Anteil von 20 Prozent beziehungsweise 13 Prozent kommen. In diesen Zahlen ist die Uhrensparte nicht enthalten.
Die Nachfrage im unteren und mittleren Preissegment wird vornehmlich von einheimischen Anbietern bedient. Luxusprodukte werden entweder aus westlichen Ländern importiert oder anlässlich einer Urlaubsreise gekauft und – zumeist unverzollt – nach Hause mitgebracht. Da die Bevölkerung während der Covid-19-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 nicht mehr verreisen und im Ausland einkaufen konnte, haben die Einfuhren von Schmuck und Uhren in dem Zeitraum gegenüber dem Vorpandemieniveau deutlich zugelegt.
Chinas Branchenimporte erreichten 2021 nach Angaben der nationalen Zollbehörde mit rund 12 Milliarden US$ einen Rekordwert. Im Gesamtjahr 2022 dürften die Schmuck- und Uhreneinfuhren laut Hochrechnungen auf Basis der Importwerte in den ersten elf Monaten zwar auf gut 9 Milliarden US$ deutlich zurückgegangen sein. Doch es handelt sich dabei dennoch um den zweitbesten jemals gemessenen Jahreswert. Da die chinesische Bevölkerung wieder ins Ausland reisen und dort einkaufen kann, dürften zumindest die Luxuseinfuhren 2023 schrumpfen.
Chinesen dürften 2023 wieder mehr Waren im Ausland kaufen
Die Regierung erteilt erneut Reisepässe, doch hat sich während der langen Coronapause ein riesiger Rückstau gebildet, der erst abgearbeitet werden muss. Zudem haben einige Länder Einreisebeschränkungen für chinesische Reisende eingeführt. Auch Fluggesellschaften können den Flugbetrieb, der während der Null-Covid-Zeit fast gänzlich zum Erliegen gekommen war, nur langsam hochfahren. Viele Touristen werden daher zum Shoppen zunächst vorzugsweise mit dem Zug in die Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macau fahren.
Generell bevorzugen chinesische Konsumenten Luxusschmuck aus Frankreich und Italien. Daneben erfreuen sich Schweizer Uhren einer großen Beliebtheit. Daher kommt die Schweiz bei den Uhrenimporten der Volksrepublik traditionell auf einen Lieferanteil von rund drei Vierteln. Deutsche Anbieter können da nicht mithalten, weil ihre Marken nicht annähernd das Image der etablierten Konkurrenz ausstrahlen. Ausnahmen bilden aber exklusive Zeitmessermanufakturen, etwa aus Glashütte.
Land | Gesamt, davon | Schmuck | Uhren |
---|---|---|---|
Schweiz | 5.322 | 1.054 | 4.267 |
Frankreich | 1.535 | 1.486 | 49 |
Italien | 1.442 | 1.433 | 9 |
Hongkong, SVR2 | 796 | 716 | 80 |
USA | 598 | 586 | 11 |
Japan | 485 | 52 | 433 |
Thailand | 390 | 217 | 173 |
Vereinigtes Königreich | 135 | 132 | 3 |
Deutschland | 108 | 59 | 49 |
In China selbst werden exklusive Uhren und hochwertiger Schmuck vor allem bei Fachhändlern gekauft. Die bekanntesten einheimischen Juwelierketten sind laut Angaben der englischsprachigen Tageszeitung China Daily unter anderem Chow Sang Sang, Liao Miao, Kinghood, Mokingran, Lao Feng Xiang oder Chow Tai Seng. Auch die Hongkonger Gesellschaften Luk Fook und Chow Tai Fook gehören zu beliebten Anbietern. Große internationale Luxusmarken unterhalten zumeist eigene Outlets in edlen Shoppingmalls.