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Special | China | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: China dominiert bei erneuerbaren Energien

Neue Kohlekraftwerke und gleichzeitig Ausbau der erneuerbaren Energien - für China kein Widerspruch. Das Primat lautet: Energiesicherheit.

Von Corinne Abele | Shanghai

Energieversorgung

China erhöht seit Jahren den Anteil nicht fossiler Energieträger (allerdings inklusive Atomkraft) an seinem Energiemix. Bis 2030 soll er auf 25 Prozent am Primärenergieverbrauch und bis 2060 auf 90 Prozent steigen. Ende 2023 dürfte er bereits 18,3 Prozent erreichen, wie die Nationale Energieagentur (NEA) im April 2023 verkündete. Das Primat lautet Energiesicherheit.

Energiesicherheit an erster Stelle

Energiesicherheit liegt dem Ausbau von Kohlekraft, Gaspipelines und unterirdischen Gasspeichern zugrunde. Allein 2022 genehmigte China neue Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 106 Gigawatt (neuer Höchststand seit 2015), so eine Studie des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) gemeinsam mit Global Energy Monitor (GEM). Stromengpässe aufgrund von Hitzewellen in den beiden Jahren 2021 und 2022 haben zu diesem Ausbau beigetragen. Gleichzeitig setzt China bei Stromgewinnung weiter auf erneuerbare Energien. Letztere stellten 2022 allein 76,2 Prozent aller neu installierten Stromkapazitäten in China. Grüner Strom ist in China kostengünstiger als Kohlestrom.

Wasserstoffstrategie veröffentlicht

Der künftigen Energiesicherheit dient auch die Umsetzung des mittel- bis langfristigen Entwicklungsplans für die Wasserstoffwirtschaft (2021 bis 2035) vom März 2022. Bis 2025 sollen jährlich 100.000 bis 200.000 Tonnen grüner Wasserstoff hergestellt und eine Flotte von 50.000 Brennstoffzellenfahrzeugen aufgebaut werden. Etwa ein Dutzend Regionen verfolgen mit staatlicher Unterstützung unterschiedliche Schwerpunkte − von der Gewinnung über den Transport von Wasserstoff bis hin zum Brennstoffzellenfahrzeug.

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Stromerzeugung

Führend bei Solar und Windkraft

Laut NEA legte die installierte Gesamtleistung von Fotovoltaikanlagen (PV) 2022 gegenüber dem Vorjahr um 28,1 Prozent auf 392,6 Gigawatt und die von Windkraftanlagen um 11,2 Prozent auf 365,4 Gigawatt zu. Damit liegt China weiterhin weltweit an der Spitze. Auch die Leistung der Wasserkraftwerke erhöhte sich um 5,8 Prozent. Bis 2030 strebt Präsident Xi eine installierte Gesamtleistung von PV- und Windkraftanlagen von 1.200 Gigawatt an. Dies dürfte er früher erreichen - wie auch das Ziel, 2025 ein Drittel des Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. 

Dabei hat sich 2022 der Trend zu dezentralisierten Wind- und vor allem PV-Anlagen verstärkt. Letztere stellten laut NEA bereits 58 Prozent aller 2022 neu installierten PV-Anlagen. Treiber dafür sind subventionierte Fotovoltaikinstallationen in der Industrie, auf privaten und kommerziellen Hausdächern. Aber auch Großprojekte für Wind und Solar werden umgesetzt - vor allem in der Wüste Gobi. Bis 2030 sind dort allein Anlagen mit einer Gesamtleistung von 450 Gigawatt geplant. Subventionen in Form von Tarifaufschlägen gibt es seit Anfang 2022 nicht mehr. Ausschreibungen gewinnt der günstigste Bieter.

Regionale Strommärkte

China visiert einen national integrierten Strommarkt an, doch der Weg dahin ist weit. Inzwischen sind regionale Strommärkte entstanden, über die 2021 mit 3.700 Terawattstunden laut dem China Electricity Council (CEC) allein 44,6 Prozent des gesamten Elektrizitätsverbrauchs gehandelt wurden. Insgesamt reflektieren die Strompreise zwar zunehmend Markteinflüsse, sind jedoch keine reinen Marktpreise. Als Pilotprojekt ist auch der Handel mit grünem Strom möglich. Das Angebot ist bislang jedoch unzureichend und fragmentiert. 

Atomkraftnation China

Auch der Ausbau der Atomkraft ist Teil von Chinas Energiesicherheitsstrategie. Das Land verfügt inzwischen über eigenständiges Know-how im Bereich der Reaktortechnologie. Mitte 2021 gab es im Land über 50 Kernreaktoren; weitere 150 sollen in den nächsten 15 Jahren durch ausschließlich staatliche Firmen gebaut werden. Ausländische Zulieferungen bleiben auf wenige Bereiche beschränkt. Dabei arbeitet China bereits an der nächsten Generation von Atomkraftwerken wie mit Helium gekühlten Small Modular Reactors (SMR). Auch ist ein experimenteller Thoriumreaktor am Rande der Wüste Gobi in Betrieb. Und in der Provinz Shandong gingen Ende 2021 zwei heliumgekühlte Hochtemperaturkugelhaufenreaktoren (HTR-PM) ans Netz. 

Wenig Chancen

Die Chancen für ausländische Firmen sind aufgrund des großen inländischen Wettbewerbs, der nicht zuletzt durch Local-Content-Bestimmungen und Subventionen stark wurde, sowohl im Solar- wie Windkraftbereich beschränkt. So verkaufen ausländische Windkraftanlagenbauer inzwischen zumeist nur noch Serviceverträge und Technologielizenzen. Nur bei wenigen Komponenten wie Steuerungselektronik, Leichtbaumaterialien, Technologien zum Transport von Wasserstoff oder Elektrolyseure zur Herstellung grünen Wasserstoffs sind ausländische Unternehmen wettbewerbsfähig und gefragt.

Gemäß der International Energy Agency (IEA) stellte China 2021 rund 75 Prozent der Weltproduktion von PV-Modulen. Sechs der zehn weltweit größten Lieferanten von Solar-Wechselrichternwaren 2021 laut Yi Cai Global chinesische Hersteller mit einem weltweiten Anteil von 66 Prozent. Ebenfalls verfügte China 2021 über 79 Prozent der globalen Produktionskapazität für Lithium-Ionen-Batterien, berichtet Statista. Auch seinen wachsenden Bedarf an Batteriespeichern im Zuge des Ausbaus erneuerbarer Energien deckt es daher nahezu selbst.

Darüber hinaus mischen chinesische Firmen bei Windkraft an der Spitze mit, etablieren sich mit Reaktortechnologie und steigen nun in die Wasserstoffwirtschaft ein. Wachsende geopolitische Spannungen veranlassen Europa, bestehende Abhängigkeiten zu verringern, zunehmend zu lokalisieren und Alternativen zu China in der Wertschöpfungskette zu erarbeiten. Dabei setzen Deutschland und China in einigen Bereichen des Klimaschutzes weiter auf Zusammenarbeit, wie die im Rahmen der bilateralen Regierungskonsultationen im Juni 2023 unterzeichnete Absichtserklärung über die Einrichtung eines Dialog- und Kooperationsmechanismus zum Klimawandel und zur grünen Transformation zeigt. 


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