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Special China Seidenstraße

Seidenstraße 2022: Teure Geschäfte trotz weniger Geld aus China

Projekte der neuen Seidenstraße verbinden China enger mit autokratischen Staaten. Dabei finanziert Peking immer weniger selbst, sondern nutzt andere Geldgeber.

Von Marcus Hernig | Bonn

Die Aktivitäten auf Chinas neuer Seidenstraße nahmen im Laufe des Jahres 2022 weltweit weiter zu. Germany Trade & Invest (GTAI) zählte aus chinesischen Quellen weltweit 1.000 Einzelprojekte von der Absichtserklärung bis hin zum Bau- und Liefervertrag zur schlüsselfertigen Übergabe. Im Vorjahr waren es 917 Vorhaben.

Die neue Seidenstraße verlor in den letzten Jahren den Charakter einer staatlich finanzierten Initiative zur globalen Infrastrukturförderung. Aus chinesischer Sicht zählen Vorhaben schon zur Belt and Road Initiative (BRI), in denen chinesische Unternehmen nur als Auftragnehmer im Infrastrukturbau mitwirken. Auch scheint es unerheblich, ob das jeweilige Partnerland zu den 151 offiziellen Belt-and-Road-Staaten zählt oder nicht. So deckt sich die neue Seidenstraße inhaltlich immer mehr mit Chinas globalen Aktivitäten im Auslandsbau.

GTAI berichtet regelmäßig zu neuen Projekten der chinesischen Seidenstraße

- 3. Quartal 2022: In der Krise richtet sich Belt and Road Initiative neu aus

- 1. Halbjahr 2022: Außenminister begleitet kriselnde Seidenstraße

- 1. Quartal 2022: Biete Kraftwerke, kaufe Lithium und Gas

- Jahresrückblick 2021: Die neue Seidenstraße 2021: Viele Projekte, aber kaum grüner

Milliardengeschäfte festigen BRI-Partnerschaft mit Russland und Saudi-Arabien

Auch wenn 2022 nur wenige und recht kleine Infrastrukturmaßnahmen mit dem BRI-Partner Russland geplant wurden, verdeutlichen neue Lieferverträge im Wert von 15 Milliarden US-Dollar (US$) für Öl und Gas durch die Pipeline „Power of Siberia“ die Bedeutung dieser strategischen Partnerschaft entlang der neuen Seidenstraße. Im Laufe des Jahres 2022 strömte rund 64 Prozent mehr Gas als im Vorjahr von Russland nach China – insgesamt 13,8 Milliarden Kubikmeter. Das Treffen zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping am 15. September 2022 im Rahmen des Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) im usbekischen Samarkand bekräftigte die Partnerschaft.

Dem ersten China-Arabien-Gipfel in Riad Anfang Dezember 2022 folgten insgesamt 35 neue Absichtserklärungen und Verträge zwischen China und Saudi-Arabien. Der Gesamtwert lag bei über 30 Milliarden US$. Das Ziel ist, die neue Seidenstraße und Saudi-Arabiens „Vision 2030“ eng zu verknüpfen. Dazu investiert der saudische Energiekonzern ACWA Power in Belt-and-Road-Projekte in Zentralasien. Tencent und Alibaba beteiligen sich am Ausbau der Digitalisierung auf der arabischen Halbinsel.

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Chinesische Banken finanzieren kaum noch Vorhaben

Welche Rolle spielen Chinas Banken und Staatsbetriebe bei der Finanzierung? Die China Development Bank (CDB) und die Export-Import Bank of China (Exim) finanzierten zwischen 2013 und 2018 nach eigenen Angaben und Schätzungen der Weltbank noch fast 60 Prozent der BRI-Projekte. Mittlerweile haben sich die beiden Banken mit einem geschätzten Gesamtanteil von rund 1 Prozent an den Einzelvorhaben fast ganz zurückgezogen. Das Global Development Policy Center der Universität Boston bestätigt den von GTAI beobachteten klaren Trend. Andere chinesische Geldgeber stellen nach GTAI-Schätzungen insgesamt nur noch ein Viertel des benötigten Kapitals aller erfassten Projekte bereit.

Dieser Trend zeigt sich beispielsweise in Afrika: In Nigeria stoppte die China Exim-Bank die geplante Finanzierung zur weiteren Modernisierung der Staatsbahn. Nur 318 Millionen US$ an chinesischen Krediten wurden dafür bisher vergeben. Weitere 1,2 Milliarden US$ benötigt das Land nun für die Fortsetzung der Bauvorhaben.  

Internationale Entwicklungsbanken wie Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank (ADB) oder die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanzieren hingegen mittlerweile schon etwa 15 Prozent aller erfassten Projekte. Hinzu kommt ein Anteil von fast 60 Prozent, den andere Geldgeber, die nicht aus China stammen, beisteuern. Damit erhalten drei Viertel aller erfassten Vorhaben ihr Kapital nicht mehr aus China. So bekam beispielsweise der chinesische Staatsbetrieb Shanxi Hydraulic Ende 2022 den Auftrag für den Bau eines Staudamms in Armenien. Das Projekt wird mit Mitteln der KfW-Bank finanziert.

Der größte BRI-Aufsteiger 2022 ist Westasien

Das armenische Beispiel hat Symbolcharakter, denn die deutlichste Steigerung in der Projektanzahl verzeichnete Westasien mit insgesamt 127 Projekten im Jahr 2022 gegenüber 81 Vorhaben im Vorjahr. Asien bleibt der wichtigste Kontinent für die neue Seidenstraße mit insgesamt 491 Projekten, davon allein 236 in Südostasien.

Mit 300 neu gezählten Projekten folgt Afrika als zweitwichtigster Kontinent. Spektakulär war ein Vertrag zur schlüsselfertigen Übergabe, den der italienische Energiekonzern Eni mit dem chinesischen Unternehmen Wison Nantong am 22. Dezember 2022 für die Erschließung von Offshore-Gasfeldern vor der Republik Kongo abschloss. Die Kosten werden mit rund 1,8 Milliarden US$ veranschlagt.

Unter den 114 Vorhaben in Lateinamerika stechen die großen Energieprojekte in Argentinien hervor: Chinas Industrial and Commercial Bank (ICBC) investierte insgesamt 8 Milliarden US$ in das Atomkraftwerk Atucha III. Das neue Kraftwerk zählt zu den teuersten BRI-Großprojekten 2022.

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Energieprojekte geben weiter die Richtung vor

Mit 356 gelisteten Projekten im Sektor Energie bleiben Kraftwerksbau, -ausbau, und -wartung auch 2022 unverändert Spitzenreiter. Zudem liegen Immobilienprojekte stark im Trend: 178 Einzelvorhaben bedeuten einen Zuwachs von 62 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die digitale Seidenstraße macht sich mit 26 gezählten Einzelvorhaben deutlicher als 2021 bemerkbar. Sie spielt aber im Gesamtbild nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle. 

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Aktivitäten zur „grünen Partnerschaft“ setzen sich fort

Den Trend zu erneuerbaren Energien bestätigen BRI-Entwicklungen in Bangladesch: Auf Druck der dortigen Regierung stornierten chinesische Investoren drei Kohlekraftwerksprojekte. Sie waren ursprünglich Teil von Gesamtinvestitionen in Höhe von 4,1 Milliarden US$ in den Energiesektor. Das frei gewordene Kapital soll künftig für den Ausbau der Solarenergie zur Verfügung stehen.

Das Stauseeprojekt Potrero del Clavillo in den argentinischen Anden und die Kooperation des saudi-arabischen Energiekonzerns ACWA Power mit Energy China (CEEC) bei einem neuen Windenergieprojekt in Usbekistan gehörten 2022 mit einem Investitionsvolumen von je 1,5 Milliarden US$ zu den grünen Großprojekten.

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