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Wirtschaftsumfeld | Dänemark | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Die Mitarbeitersuche in Dänemark wird dank der wirtschaftlichen Verlangsamung etwas einfacher. Dennoch bleibt der Fachkräftemangel akut. Gute Netzwerke helfen bei der Suche.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Trotz mehr Personal wird der Fachkräftemangel akuter

Laut Eurostat zählt Dänemark zu den EU-Ländern mit der höchsten Erwerbstätigenquote, bleibt mit etwa 80 Prozent aber außerhalb der absoluten Spitzengruppe. Dank des Bevölkerungswachstums führt dies zu einer stetigen Steigerung des Arbeitskräftepotenzials: Zwischen Mitte 2013 und Anfang 2023 erhöhte sich die Anzahl der Erwerbstätigen um über 10 Prozent auf mehr als drei Millionen.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten (2022)

Bevölkerung (in Mio.) 1)

5,9

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 14 und jünger als 75 Jahre, in Mio.)

4,4

Erwerbstätige (in Mio.)

3,0

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

4,5

Universitätsabschluss (in %) 2)

36,3

Abgeschlossene Berufsausbildung oder -training (in %) 2)

27,9

1) Stand: 1. Januar 2023; 2) Anteil der Personen mit einer abgeschlossenen, mindestens zweijährigen (Fach-)Hochschulausbildung unter den 15- bis 69-JährigenQuelle: Dänisches Statistikamt DST 2023

Der Wirtschaftsboom nach der Coronapandemie bescherte den dänischen Arbeitskräften eine zuvor nicht da gewesene Fülle an Jobangeboten. Die Arbeitslosenquote bewegt sich seit 2022 auf dem niedrigsten Niveau seit der Zeit vor der Finanzkrise 2008. Zur Jahresmitte sank die Arbeitslosenzahl auf ein 14-Jahres-Tief. Zwar hat eine Abkühlung der Wirtschaft seitdem für etwa 20.000 mehr Arbeitsfähige ohne Anstellung gesorgt, den Fachkräftemangel hat dies allerdings nur leicht entspannt.

Unter den Teilnehmern der Geschäftsklimaumfrage des dänischen Statistikamtes DST bleiben Rekrutierungsschwierigkeiten weiterhin eines der Haupthemmnisse der Geschäftsentwicklung. Im Baugewerbe und dem Dienstleistungssektor gab vor dem Sommer 2023 etwa jeder dritte Befragte an, nicht alle Stellen besetzen zu können. Im verarbeitenden Gewerbe sah sich jedes sechste Unternehmen mit der gleichen Herausforderung konfrontiert.

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Rufe nach Reformen werden lauter

"Die Zahl der qualifizierten Arbeitskräfte wird bis 2030 um fast 80.000 sinken", prognostiziert Anders Borup Christensen, Chefvolkswirt der dänischen Arbeitnehmervereinigung DA, und ruft die Politik zum Handeln auf. Nicht nur er ist der Meinung, dass das reale Renteneintrittsalter weiter aufgeschoben und der Zuzug ausländischer Arbeitskräfte von außerhalb der EU erleichtert werden sollte. Aus Untersuchungen des Verbandes geht hervor, dass die zu zaghafte Öffnung gegenüber der Immigration für einige Branchen zur Wachstumsbremse geworden ist. Es gäbe einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Abhängigkeit von externen Fachkräften und den Rekrutierungserfolgen, heißt es in weiteren Analysen von DA: In Sektoren, die auf Zuwanderer angewiesen sind, bleibt die Personalsuche teils bis zu 40 Prozent erfolglos. Über die gesamte Wirtschaft gesehen liegt der Anteil bei knapp über 20 Prozent.

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Die Politik konzentriert sich derweil auf eine Stärkung des inländischen Potenzials. Dazu wurden seit 2014 mehrere Initiativen ergriffen, die deutschen Unternehmern aus dem "eigenen Hinterhof" bekannt vorkommen sollten: Mehr Praxiswissen im Grundschullehrplan, bessere Unterstützung junger Menschen bei der Berufswahl, Förderung der Berufsbildung, mehr Ausbildungsplätze oder Stärkung und Flexibilisierung der Erwachsenenbildung. "Natürlich sind Investitionen in die berufliche Aus- und Weiterbildung, damit mehr junge Menschen zu Fachkräften werden, ebenfalls Teil der Antwort, aber sie können nicht allein stehen - vor allem nicht kurzfristig", bemängelt Christensen.

Der gleichen Meinung sind auch Experten des dänischen Wirtschaftsrates der Arbeiterbewegung. Einer hiesigen Studie nach waren Mitte dieses Jahres 43.000 oder 6,4 Prozent aller 15- bis 24-Jährigen weder im Beruf tätig noch in einer Ausbildung. "Es gibt zu viele Jugendliche, die die 9. Klasse ohne grundlegende Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse verlassen, was einer erfolgreichen Ausbildung im Wege steht", erklären die Experten. Besonders die Berufsausbildung ist betroffen: "Die überwiegende Mehrheit junger Menschen ohne Ausbildung hat versucht das Bildungssystem zu durchlaufen, hat aber abgebrochen. Dies ist vor allem in der beruflichen Bildung der Fall, wo etwa vier von zehn Jugendlichen ihre Ausbildung nicht abschließen".

Dabei gehören Facharbeiter zu den gefragtesten Bewerbern. So prognostizierte beispielsweise das Jobcenter der Kommune Randers, dass 2023 knapp 70 Prozent des Rekrutierungsbedarfs auf Facharbeiter und Hochschulabsolventen entfallen werden. Demnach werden nahezu alle Wirtschaftsbereiche zusätzliche Mitarbeiter benötigen. Pflege-, Sozial- und Gesundheitskräfte, Lager- und Ladenarbeiter, Industrie- und Produktionsarbeiter, Bau-, Sanitär- und Tiefbauarbeiter sowie pädagogische Assistenten und Hilfskräfte stünden nicht nur in dieser Region ganz oben auf den Wunschlisten.

Den besten Rekrutierungserfolg versprechen Netzwerke

Die kommunalen Jobcenter sind eine von mehreren Möglichkeiten an Personal zu kommen. Die Erfolgsaussichten variieren allerdings stark. Wie DA errechnete, konnten sie im Landesdurchschnitt etwa jede dritte bei ihnen eingegangene Personalanfrage erfolgreich bearbeiten. Im untersuchten Zeitraum von Januar bis Oktober 2022 gab es aber sowohl Ämter mit einer Erfolgsquote von über 70 Prozent, als auch solche mit - teilweise deutlich - unter 10 Prozent. Ein Grund dafür ist auch, dass sie zumeist nur lokal suchen.

Vor allem bei hochspezialisierten Positionen oder bei Bedarf an Nischenfähigkeiten ist ein breiterer Blick unumgänglich. Diesen bieten unter anderem internationale Personalberater an, wie AdeccoHays, JKS, Moment oder Randstad. Daneben kann auch in Eigenregie über Portale, wie JobindexJobsearch oder Ofir gesucht werden.

Die größten Erfolge versprechen Netzwerke. Und zwar nicht zwangsläufig die "sozialen Netzwerke", auch wenn vor allem das weitverbreitete LinkedIn eine gute Anlaufstelle bietet. Am besten eignen sich Kontakte innerhalb der Branche oder der Berufsgruppe. Laut Schätzungen werden etwa die Hälfte aller offenen Stellen in Dänemark vergeben ohne jemals annonciert zu sein. Um Kündigungsfristen und Abfindungen zu vermeiden suchen Arbeitgeber oft selbst bei der "Koopetition" nach neuen Jobmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter. Und weil regelmäßige Jobwechsel in Dänemark - genau wie in ganz Skandinavien - üblich sind, steht man solchen Bewegungen eher gelassen gegenüber: lieber in Freundschaft trennen um gegebenenfalls drei bis fünf Jahre später wieder in Freundschaft zueinander finden zu können.

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