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Branchen | Frankreich | Gesundheitswirtschaft

Gesundheitssektor soll innovativer werden

Frankreich will die Gesundheitsversorgung verbessern und setzt auf Innovation und Produktion im eigenen Land. Branchenunternehmen klagen über ein schwieriges Marktumfeld. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Frankreich plant groß für sein Gesundheitssystem. Bis 2030 will das Land in Europa eine Führungsposition im Bereich hochinnovativer Gesundheitstechnologien einnehmen. Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung soll landesübergreifend höchsten Ansprüchen genügen.

Frankreich will für Unternehmen aus den Bereichen Pharma und Medizintechnik attraktiver werden und hat angekündigt, den Marktzugang für medizinische Produkte und Arzneimittel zu erleichtern. Damit will die Regierung sicherstellen, dass innovative medizinische Anwendungen, Technologien und Medikamente schneller zum Patienten kommen. Zudem soll die nationale Unabhängigkeit der Gesundheitsversorgung gesichert werden.

Der im Rahmen des Innovationsprogramms France 2030 bereitgestellte Fördertopf "Plan Innovation Santé 2030" in Höhe von 7,5 Milliarden Euro gibt den Ambitionen finanzielle Rückendeckung. Auch schiebt die Regierung die Start-up-Förderung an, um die lokale Entwicklung innovativer Technologien zu beschleunigen. 

Ausgewählte Förderziele France 2030 Innovation Santé

Sektor

Förderhöhe (in Mio. Euro)

Kapazitätsausbau Biorecherche 

1.000

Biotherapien/Innovative Therapien, E-Health, Infektionskrankheiten, Medizintechnik 

800 (Entwicklung Biotherapien)

650 (E-Health)

750 (Pandemievorsorge)

400 (Medizintechnik)

Relokalisierung Gesundheitsindustrien

1.500 Fördermittel IPCEI-Projekte

2.000 Fördermittel Förderbank BPI

IPCEI: Important Projects of Common European Interest; BPI: Banque Publique d'InvestissementQuelle: Gouvernement Francais


Prävention und moderne Technologien sollen Kosten senken

Aktuell aber kämpft das französische Gesundheitssystem mit Schwierigkeiten. Zwar zählt Frankreich aus technologischer und medizinischer Sicht zu den weltweit führenden Nationen. Allerdings steigt die Zahl der Menschen, die an altersbedingten und Zivilisationserkrankungen leiden. Die Kapazitäten halten mit den wachsenden Bedürfnissen nicht Schritt. Gerade ländliche Regionen leiden unter einer Unterversorgung an Allgemein- und Fachärzten. Ärzte und Pflegepersonal in Krankenhäusern und Privatpraxen sind überlastet und klagen über zu wenig Zeit für den Patienten und zu viel Verwaltungsaufwand.  Bei der Versorgung mit Basismedikamenten wie Antibiotika kommt es immer wieder zu Versorgungsengpässen.

Schwierigkeiten bei der Gesundheitsversorgung - France Assos Santé 2023

37 Prozent: Anteil der Patienten, deren Medikament im Januar / Februar 2023 nicht oder nur eingeschränkt verfügbar war

55 Tage: durchschnittliche Wartezeit für einen Facharzttermin


 

Eine bessere finanzielle Ausstattung des Gesundheitsbereichs allein kann das Problem nicht lösen. Im Jahr 2021 flossen gut 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in das Gesundheitswesen. Angesichts einer Staatsverschuldung von knapp 3.000 Milliarden Euro Ende 2022 sind dem Staat bei der Aufstockung der Gesundheitsfinanzierung die Hände gebunden. Ziel der Regierung ist es daher, die vorhandenen Mittel effizienter zum Wohle von Patienten, medizinischem Personal und der heimischen Gesundheitsindustrie einzusetzen.

Die Regierung setzt auf eine bessere Prävention insbesondere bei Krebserkrankungen, Diabetes und Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems. Sind Behandlungen erforderlich, sollen moderne Technologien und Medikamente dazu beitragen, Eingriffe und Behandlungen so schonend und minimalinvasiv wie möglich zu gestalten. E-Health-Anwendungen, Telemedizin und Instrumente wie Teleüberwachung chronisch kranker Menschen soll die Betreuung von Patienten verbessern und die Behandlung für Ärzte und Pflegepersonal vereinfachen. 

Attraktiver Markt trotz schwierigen Umfelds

Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft begrüßen die Förderpolitik der Regierung. Allerdings, so Branchenvertreter, sind die Rahmenbedingungen in Frankreich schwierig. Nicht nur sind Zulassungsverfahren für neue Anwendungen, Medikamente und Technologien komplex und langwierig. So vergehen zwischen der zentralen EU-Zulassung und der Verfügbarkeit eines Medikaments auf dem französischen Markt laut dem W.A.I.T.-Indikator 2022 der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations 508 Tage. In Deutschland sind neue Medikamente im Durchschnitt 128 Tage nach Zulassung zugänglich. Auch kritisieren Branchenvertreter die Erstattungspolitik der französischen Gesundheitsbehörden.

Die Erstattungssätze sowohl für Medikamente als auch für Medizintechnik oder telemedizinische Anwendungen liegen laut dem Marktforschungsinstitut Fitch Solutions im europaweiten Vergleich niedrig und werden, so Branchenvertreter, trotz Inflation und steigender Produktionskosten nicht angepasst. 

Dennoch bleibt Frankreich aufgrund seiner Größe und der potentiell steigenden Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen ein attraktiver Markt. Zumindest für das Segment Medizintechnik prognostiziert das Marktforschungsinstitut Fitch zwischen 2021 und 2026 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 5,6 Prozent. Für den Bereich Pharmazeutika hingegen erwartet Fitch auch aufgrund der restriktiven Preispolitik der Regierung ein wesentlich schwächeres Wachstum von jährlich nominal 1,6 Prozent. Gerade aber bei innovativen Medikamenten und Biotherapien sehen Unternehmen dank der Förderpolitik der französischen Regierung in den kommenden Jahren verbesserte Geschäftschancen. 

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Unternehmen investieren in einen umkämpften Markt 

Frankreichs Unternehmenslandschaft für Medizintechnik und Pharmazeutika ist vielfältig. Französische und international aktive Unternehmen konkurrieren intensiv um Marktanteile. Das vom Umsatz her stärkste Unternehmen war 2021 der französische Pharmahersteller Sanofi. Aber auch internationale Großunternehmen wie Pfizer oder AstraZeneca sind im Land vertreten und weiten ihr Engagement aus. So hat Pfizer im Mai 2023 angekündigt, 500 Millionen Euro in den Ausbau seiner Forschungs- und Entwicklungssparte in Frankreich zu investieren. Die britische Glaxo Smith Kline-Gruppe will ihre Produktionskapazitäten in Frankreich ausweiten und zudem das Engagement im Bereich klinische Studien intensivieren, eine Investition in Höhe von 400 Millionen Euro.

Auch deutsche Branchenunternehmen wie B.Braun, Bayer Healthcare oder Boehringer Ingelheim sind in Frankreich hochaktiv und weiten ihr Engagement teilweise aus. So hat die Sartorius-Gruppe angekündigt, das auf Zell- und Gentherapien spezialisierte Unternehmen Polyplus für einen Kaufpreis von 2,4 Milliarden Euro zu übernehmen. Aber auch Mittelständler wie der Medizinproduktehersteller Hartmann investieren verstärkt in den französischen Markt. So wird Hartmann seine Produktion von Inkontinenzprodukten im Elsass erweitern, eine Investition in Höhe von 25 Millionen Euro. 

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