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Wirtschaftsumfeld | Frankreich | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Der französische Arbeitsmarkt bleibt trotz wirtschaftlich herausfordernder Zeiten stabil. Unternehmen leiden unter dem verbreiteten Mangel an Arbeitskräften.

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Der französische Arbeitsmarkt entwickelt sich trotz eines nur verhalten wachsenden Wirtschaftsumfelds im Jahr 2023 lebendig. Knapp 320.000 neue Arbeitsplätze und ein Absinken der Arbeitslosigkeit auf 7,2 Prozent erwartet die Banque de France für das Gesamtjahr. Die volatile weltwirtschaftliche Lage sowie ein erwartetes schwaches Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent beginnt sich indes Ende 2023 auf den Arbeitsmarkt auszuwirken. Die Banque de France prognostiziert für 2024 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 7,5 Prozent, 2025 auf dann 7,8 Prozent. Damit aber bleibt die Beschäftigungslage immer noch besser als im Vorpandemiejahr 2019. 

 

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.)

68,0 

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

30,1

Erwerbstätige (in Mio.)

26,9 

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

7,3

Analphabetenquote (in %)

k.A.

Universitätsabschluss (in %) *)

42

Quelle: Quellen: Statistikamt Insee (Institut national de la statistique et des études économiques); OECD (Education at a Glance 2022) *Bachelor, Master und Promotion

Arbeitskräfte sind knapp

Mit den für französische Verhältnisse niedrigen Arbeitslosenzahlen geht ein branchenübergreifender Arbeitskräftemangel einher. Der ehemals arbeitgebergetriebene französische Arbeitsmarkt ist mehr und mehr zum Arbeitnehmermarkt geworden, so Hilda Sagemuller, Geschäftsführerin der Personalberatungsgesellschaft Dauphin Conseil in Lyon. 

Gerade in den wirtschaftlichen und industriellen Ballungsgebieten des Landes wie Paris und Ile de France oder Lyon wird es zunehmend schwerer, offene Positionen zu besetzen. Die Generation der geburtenstarken Jahrgänge geht in Rente. Freiwerdende und durch die Reindustrialisierung des Landes neu geschaffene Arbeitsplätze können nicht immer durch eine nachrückende Generation besetzt werden. 

Industrie auf der Suche nach Arbeitern und Fachkräften

Facharbeiter sind rar, die Ausbildung neuer Fachkräfte hinkt trotz der verstärkten Förderung und Ausweitung praxisbezogener Ausbildungsgänge wie der betrieblichen dualen Ausbildung hinterher. Gerade klassische industrielle Berufsbilder in der metallverarbeitenden Industrie und im Maschinenbau fehlen, so Hilda Sagemuller. Aufgrund der Deindustrialisierung des Landes der letzten Jahrzehnte und einer Verlagerung von Arbeitskräften in den Dienstleistungssektor wurde in technischen Berufsfeldern nicht mehr genug ausgebildet. Industrielles Fachwissen ist teilweise verloren gegangen. 

Um dem Nachwuchsmangel abzuhelfen, legen Großunternehmen wie Hermès, Schneider Electric oder Saint-Gobain eigene Ausbildungsgänge auf.

Gerade in der Industrie werden aber nicht nur Fachkräfte, sondern auch Arbeitskräfte mit Basisqualifikationen in den Fabriken knapp. Die Industrie leidet trotz attraktiver Löhne und verbesserter Arbeitsbedingungen an einem Imagedefizit. Potentielle Arbeitnehmer zieht es eher in die Logistik. 

Führungskräfte orientieren sich um

Auch bei Führungskräften ist der Markt zur Zeit ganz klar ein Kandidatenmarkt, so Jörg Stegemann, Managing Partner der auf die deutsch-französische Führungskräftesuche spezialisierten Personalberatungsgesellschaft Apollo Executive Search. Und der Markt ist laut Stegemann im Umbruch: "Seit unserer Firmengründung im Jahr 2013 haben wir noch nie soviel Bewegung im Markt gesehen wie heute. Führungskräfte suchen berufliche und finanzielle Wachstumsmöglichkeiten. Dafür ziehen sie auch einen Jobwechsel in Betracht."  

Unternehmen müssen sich anstrengen

Um neue Arbeitskräfte zu sichern, werden Unternehmen aktiv. Dabei ist ein Inserat auf den gängigen Internetjobbörsen, sozialen Medien wie LinkedIn, den Online-Ausgaben von Zeitungen oder auch der staatlichen Arbeitsagentur Pôle Emploi (ab 1.1.2024 "France Travail") nur ein erster Schritt. 

Stellenportale (Auswahl)
Portal

Anmerkung

Stellenmarkt der AHK Frankreich

Deutsch-französische Stellenangebote

Pôle Emploi

Staatliche Arbeitsagentur

Indeed

Branchenübergreifend 

HelloWork

Branchenübergreifend

Monster

Branchenübergreifend

Les Echos - Les meilleurs portails d'emploi

Ranking von Stellenbörsen

Quelle: Recherchen GTAI

Gerade für die Suche nach mehrsprachigem Personal (Deutsch-Französisch oder auch Deutsch-Französisch-Englisch) ist die Vermittlungsbörse der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer in Paris ein interessanter Ansprechpartner. Leitungspositionen hingegen sind oftmals nur mithilfe spezialisierter Beratungsunternehmen zu besetzen. 

Personalberatungen
 

Anmerkung

Apollo Executive Search / Kennedy France

Schwerpunkt Führungskräfte im deutsch-französischen Verhältnis, Paris

Charles Richardson

Führungskräfte und Personalberatung, Marseille, Paris

Grant Alexander 

Führungskräfte und Spezialisten, Paris, Marseille, Lyon u.a.

Euroconsulting

Mittleres und höheres Management, Führungskräfte, Paris, Reims, Bordeaux u.a.

Les Echos - Les meilleurs cabinets de recrutement

Ranking von Personalberatungsgesellschaften

Quelle: Recherchen GTAI

Um an gute Kandidaten zu kommen, suchen Unternehmen über klassische Arbeitsportale hinaus zunehmend die direkte Ansprache, so Sagemuller. Hierfür gehen Unternehmen bereits in der Schul- und Studienzeit auf potenzielle Mitarbeitende zu. Auch müssen sich Unternehmen den geänderten Ansprüchen an die Arbeitsbedingungen stellen. Die Mehrzahl der Arbeitnehmer erwartet nach der Pandemie die Möglichkeit, mobil arbeiten zu können. Nichtmonetäre Vorteile wie Unterstützung bei der Kinderversorgung, Sabbaticals oder eine flexible Zeiteinteilung bis hin zur einer Vier-Tage-Woche sind Maßnahmen, die gerade große Unternehmen ergreifen, um Personal zu gewinnen oder zu halten.  

Frankreichs Gewerkschaften können auf die Bevölkerung bauen

Traditionell ist die Rolle der Gewerkschaften in Frankreich sehr stark, wenn auch die Gewerkschaften einen kontinuierlichen Mitgliederschwund zu verzeichnen haben. Nach den letzten verfügbaren Zahlen waren 2019 lediglich 10,3 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert gegenüber 16,3 Prozent in Deutschland. Im Privatsektor lag der Organisationsgrad bei 7,8 Prozent, im öffentlichen Dienst hingegen bei 18,4 Prozent. Gewerkschaften haben dennoch einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Dies zeigt sich bei den regelmäßigen Streikwellen, zuletzt zu Beginn 2023 gegen eine umstrittene Rentenreform. Die Anzahl der aufgrund von Streiks verlorenen Arbeitstage schwankt von Jahr zu Jahr, lag aber in Frankreich in den Jahren 2010 bis 2019 bei jeweils knapp 130 Tagen je 1.000 Beschäftigte, gegenüber etwa 17 Tagen in Deutschland. Streiks betreffen zumeist öffentliche Einrichtungen, wie den Transport oder die Müllabfuhr. Im Privatsektor spielen Arbeitsniederlegungen keine große Rolle. 

Der Anteil an befristeten Arbeitsverträgen liegt in Frankreich mit 10,2 Prozent (2022) unter dem EU-Durchschnitt von 12,1 Prozent und ist in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist mit 17,3 Prozent (Frauen: 27 Prozent; Männer: 8 Prozent) in den letzten fünf Jahren ebenfalls leicht gesunken. Die durchschnittliche tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit liegt laut INSEE in 2022 branchenübergreifend bei knapp 39 Wochenstunden.  

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